Archiv für den Monat: Januar 2013

„Freiheit aushalten!“ – ein Beitrag zum #aufschrei

Ich habe einige Tage mit mir gerungen: Soll ich mich auf drei Tweets zum Sexismus-Mem #aufschrei beschränken oder noch etwas Längeres dazu schreiben? Wenn ja: wo? Dabei liegt die Antwort auf der Hand: in meinem Blog natürlich. Das ist zwar eigentlich einem ganz anderen Thema gewidmet, aber hey, es ist mein Blog. Das Thema hängt vielen sicher zum Halse heraus, aber hey, genau das ist der Punkt: uns auch! Ich kann nichts beitragen, was nicht Hunderte von Frauen und Dutzende von Männern schon vor mir geschildert haben, aber hey: genau darum heißt das Alltagssexismus.

In den Medien wird #aufschrei als Aktion junger Frauen bezeichnet, und tatsächlich liegen die Erlebnisse, die mir dazu einfallen, überwiegend zwei bis zweieinhalb Jahrzehnte zurück. Sind sie mittlerweile untypisch? Dann wäre ich ebenso „aus der Zeit gefallen“ wie jener Politiker, dessen Verhalten Auslöser, keineswegs aber Thema dieser Debatte, Erregungswelle, Bewegung, whatever war. Die vielen Wortmeldungen bei Twitter und auf der Seite alltagssexismus.de sprechen leider dagegen.

Und auch wenn unangenehme Anmache und sexuelle Übergriffe umso seltener wurden, je älter ich wurde, waren es doch die Jahre zwischen dem 15. und dem 22. Lebensjahr, die meine Verhältnis zu („den“) Männern und meine Einstellung zu Sexualität, Sexismus, sexualisierter Gewalt usw. grundlegend geprägt haben.   Weiterlesen

Befremdliche Veröffentlichungssitten

Neben informativen und anregenden Arbeiten habe ich in den letzten beiden Jahren auch unverständliche, kuriose oder dubiose Artikel über Autoimmunerkrankungen gelesen. Manchmal erkennt oder ahnt man zumindest, woher der seltsame Eindruck rührt. Einige Autoren kämpfen mit der englischen Sprache, andere haben über die Jahre so viel Widerstand vonseiten des wissenschaftlichen Mainstreams erfahren, dass sie sich einen missionarischen Außenseiter-Duktus angewöhnt haben, mit dem sie sich selbst und ihren Ideen keinen Gefallen tun. Auffällig oft finden sich in Ein-Autor-Artikeln gewisse Schrullen.

In den letzten Tagen habe ich einen Übersichtsartikel (Review) aus einer Elsevier-Zeitschrift gelesen, der sprachlich weitgehend in Ordnung ist und fünf Autoren hat und mich dennoch kopfkratzend bzw. -schüttelnd zurücklässt. Nach meinem Verständnis sollte ein Review einen Überblick über den aktuellen Wissensstand zu einem Thema vermitteln, am besten aus der Warte anerkannter Experten, die viel Erfahrung mitbringen und nicht mitten im Rattenrennen (publish or perish) stecken.

In diesem Review aber schreiben die Autoren über sich selbst in der dritten Person und attestieren einem von ihnen entwickelten Verfahren „great promise in both preventing and curing autoimmune disorders“: befremdliches Eigenlob. Neben einem Tierversuch, bei dem mit diesem Verfahren eine bestimmte Autoimmunstörung offenbar beendet werden konnte, verweisen die Autoren darauf, die Methode habe auch bei Krebs ein vergleichbares Potenzial gezeigt – Quelle: „unpublished result“.

Bei Heilungsversprechen in Sachen Autoimmunerkrankungen und/oder Krebs gehen bei mir die Alarmlampen an. Der Text stammt aus dem Jahr 2011, und eine kleine Literaturrecherche zeigt, dass besagtes Verfahren bis heute fast ausschließlich von den Autoren selbst in Fachartikeln erwähnt wird. Ich frage mich wirklich, welche Kumpanei bzw. welche Interessen dazu geführt haben, dass der durchaus renommierte Herausgeber der Zeitschrift so etwas durchgehen ließ.