Archiv für den Monat: Januar 2014

Dominante, rezessive, intermediäre und komplexe Vererbung

Die monogenen Erbgänge, wie wir sie in der Schule gelernt haben (Mendels Erbsen!): Im ersten Bild ist „schwarz“ ein rezessives Merkmal, das nur in sogenannten homozygoten Nachkommen zur Ausprägung kommt, die von beiden Eltern ein entsprechendes Allele geerbt haben.

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Im zweiten Bild ist „schwarz“ ein dominantes Merkmal, das auch in heterozygoten Nachkommen zum Ausdruck kommt:

P1170843-Mendelscher_Erbgang_Schwarz_dominant_650

Im dritten Bild tragen beide Allele zu einer intermediären Ausprägung bei; Schwarz und Weiß mischen sich zu Grau:

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Nur ganz wenige Autoimmunerkrankungen sind monogen. Meistens tragen Allele mehrerer Gene zur Erkrankung bei (Polygenie), und umgekehrt kann ein bestimmtes Allel das Risiko für mehrere Erkrankungen erhöhen. Hier zwei typische Stammbäume von Familien, in denen sich Autoimmunerkrankungen häufen:

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AITD = autoimmune thyroid disease, also Autoimmunerkrankung der Schilddrüse (Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow)
MS = Multiple Sklerose
SS = Sjögren-Syndrom
SLE = systemischer Lupus erythematodus
APS = Antiphospholipid-Syndrom
VIT = Vitiligo

Quelle der Familienstammbäume: Cárdenas-Roldán et al. BMC Medicine 2013; 11:73

Die Witebsky-Rose-Kriterien

Mustergültige, klassische Autoimmunerkrankungen erfüllen die Witebsky-Rose-Kriterien:

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  1. Das Autoantigen (das körpereigene Molekül, das vom Immunsystem angegriffen wird) ist bekannt.
  2. Die Autoantikörper (oder autoreaktiven T-Zellen), die spezifisch an das Autoantigen binden, sind bekannt.
  3. Die Krankheit kann durch aktive Immunisierung mit dem Autoantigen, das in einem Adjuvans (einem Immunreaktionsverstärker) gelöst ist, hervorgerufen werden.
  4. Die Krankheit ist durch passive Immunisierung übertragbar, also den Transfer von Autoantikörpern (oder autoreaktiven T-Zellen).

Bei etlichen Störungen, die ziemlich sicher Autoimmunerkrankungen sind, scheitern wir allerdings schon am ersten Kriterium.

Opsonierte Pathogene schmecken besser

Die nächste Zeichnung für Teil 2 des Buchs:

P1170832_Opsonierung_Sahnehäubchen_650Antikörper, Komplementfaktoren, Surfactant-Proteine und andere Moleküle des Immunsystems überziehen Krankheitserreger oder Fremdstoffe und machen sie so für Fresszellen wie die Makrophagen attraktiver. Diesen Vorgang nennt man Opsonierung (vom griechischen ópson = Speise).

Rubens: Gicht oder rheumatoide Arthritis?

Zu den ältesten Quellen für das Aufkommen der rheumatoiden Arthritis in Europa zählen Gemälde des Barockmalers Peter Paul Rubens (1577-1640), der vermutlich selbst unter schwerer rheumatoider Arthritis litt – auch wenn er die Krankheit als Gicht bezeichnete.

Rubens_Selbstporträt_1638_sw_450In seinem Atelier übernahmen zahlreiche Helfer die Ausführung großer Teile der Gemälde, Aber für die Gesichter und Hände blieb er selbst zuständig, und Kunsthistoriker nehmen an, dass er in seinen Vorstudien oftmals die eigenen Hände porträtierte.

Das Selbstporträt, auf dem diese Zeichnung basiert, entstand vermutlich um 1638. Zur amerikanischen Herkunft des unbekannten Erregers, der die Autoimmunerkrankung rheumatoide Arthritis mutmaßlich auslöst, habe ich hier früher schon etwas geschrieben.

Das Honeymoon-Tal

P1170830_AIE-Verlauf_Schübe_Honeymoon-Tal_650Viele Autoimmunerkrankungen verlaufen schubförmig. Am bekanntesten ist das bei der schubförmig remittierenden Multiplen Sklerose (RR-MS). Aber auch bei Typ-1-Diabetes kann auf den ersten Ausbruch von Symptomen, der zur Diagnose führt, eine Zeit der scheinbaren Genesung folgen – die sogenannte Honeymoon-Phase. Und bei den meisten Autoimmunerkrankungen geht der symptomatischen Phase (oberhalb der gestrichelten Linie) unbemerkt eine langjährige Entgleisung des Immunsystems voran, bei der nach und nach mehr Autoantikörper oder autoreaktive T-Zellen entstehen und es den regulatorischen T-Zellen immer schwerer fällt, diese selbstzerstörerischen Elemente in den Griff zu bekommen.

Missverhältnis

P1170284_Statistik_Hochhäuser_Geldstapel_500

Im Jahr 2011 hatten in den Vereinigten Staaten etwa 11 Millionen Menschen Krebs und nach Schätzung der National Institutes of Health (NIH) etwa 23,5 Millionen Menschen Autoimmunerkrankungen. Die American Autoimmune Related Disease Association (AARDA) geht sogar von etwa 50 Millionen betroffenen Amerikanern aus.

Im Jahr 2003 standen in den USA zur Erforschung von Krebs gut 6 Milliarden US-Dollar zur Verfügung. Die Autoimmunerkrankungen wurden mit knapp 600 Millionen Dollar erforscht. Neuere Zahlen kenne ich nicht.

MHC-Moleküle, Antigenbindung und Superantigenbindung

Weitere Grundlagen-Zeichnungen; Erläuterungen folgen im Buch.

P1170277_Aufbau_MHC_I_MHC_II_650

MHC-Klasse-II-Komplex mit Antigen wird von passendem T-Zell-Rezeptor erkannt:

P1170282_immunologische_Synapse_MHC_Antigen_TCR_ohne_CD4_s_500

CD4 dockt außen an MHC-II-β-Kette an und stabilisiert die Verbindung:

P1170282_immunologische_Synapse_MHC_Antigen_TCR_CD4_s_500

Superantigene binden sowohl an MHC-Klasse-II-Moleküle als auch an T-Zell-Rezeptoren außerhalb der Antigenbindungsstelle. So lösen sie starke Immunreaktionen in allen möglichen T-Zellen aus:

P1170282_immunologische_Synapse_MHC_Peptid_TCR_CD4_Superantigen_weniger_Beschriftung_500

 (Quelle für Anordnung Superantigen-Bindung: http://course1.winona.edu/kbates/Immunology/images/figure_11_08.jpg)