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Abb. 10: Die Antigen-Landschaft

Die Antigen-Landschaft. Nach herkömmlichem Verständnis müsste das Immunsystem alles angreifen, was von außen kommt, also außerhalb des linken Kreises liegt. Dazu gehören aber auch harmlose belebte und unbelebte Stoffe, die keinen Alarm auslösen – außer im Falle einer Allergie. Das Immunsystem reagiert nicht einmal auf alle Mikroben (rechter Kreis), sondern normalerweise nur auf Krankheitserreger. Außerdem bekämpft es Krebs, der durchaus zu unserem Körper gehört. Es erkennt also Gefahren (mittleres Oval), ganz gleich, ob diese nun im eigenen Körper entstehen oder von außen eindringen.

Sie dürfen diese Zeichnung gerne in Folien etc. übernehmen, sofern Sie die Quelle angeben: Dr. Andrea Kamphuis, https://autoimmunbuch.de

Warum haben Wirbeltiere eine adaptive Immunabwehr und Wirbellose nicht?

Margaret McFall-Ngai hat 2007 eine provokante Antwort auf diese Frage zur Diskussion gestellt. Von der Beobachtung ausgehend, dass in und auf Menschen über 2000 nützliche Bakterienarten leben, aber nicht einmal 100 bakterielle Krankheitserreger bekannt sind (bzw. 2007 bekannt waren), vermutete sie, dass die erworbene Immunabwehr mit ihrer Gedächtnisfunktion weniger der Bekämpfung der wenigen Pathogene dient als vielmehr der Erkennung all der Bakterien, die mit uns in Symbiose leben und wegen des ständigen engen Kontakts zu unserem Gewebe gelegentlich in Körperregionen eindringen, in denen sie nichts zu suchen haben.

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Immunologisches im neuen „Spektrum der Wissenschaft“

Auf S. 9 des Juni-Heftes von Spektrum der Wissenschaft werden die Ergebnisse zweier Fachartikel zum Thema Darmflora und Immunabwehr zusammengefasst. Beide unterstützen die sogenannte Hygiene-Hypothese, der zufolge die Zunahme von Allergien und Autoimmunerkrankungen in den Industriestaaten mit einem übermäßigen Schutz des frühkindlichen Darmtrakts vor Mikroben oder mit einem verfrühten Verschluss des anfangs durchlässigen Darmepithels zusammenhängt:

Torsten Olszak und sein Team haben in Tierversuchen nachgewiesen, dass es in der Kindheit (jedenfalls von Mäusen) ein Zeitfenster gibt, in dem eine natürliche Darmflora nötig ist, um die sogenannten natürlichen Killerzellen in Schach zu halten und überschießenden Immunreaktionen wie Asthma und Allergien (und vermutlich auch Autoimmunerkrankungen) vorzubeugen. Der im März 2012 in Science erschienene Fachartikel ist im Netz als PDF frei zugänglich.

Auch David Hill und seine Mitarbeiter haben junge Mäuse ihrer natürlichen Darmflora beraubt und festgestellt, dass die Tiere später zu viele der für Allergien typischen IgE-Antikörper im Blut hatten und ihr Immunsystem überempfindlich reagierte. Das PDF dieses Artikels aus Nature Medicine findet sich ebenfalls im Netz. Beide Forschergruppen vermuten, dass die Verhältnisse beim Menschen ähnlich sind.

Auf den Seiten 22 bis 29 berichten Edgardo D. Carosella und Nathalie Rouas-Freiss von den Ergebnissen ihrer langjährigen Erforschung der Immuntoleranz im Mutterleib, die dafür sorgt, dass das mütterliche Immunsystem das Gewebe des heranwachsenden Embryos (der ja zur Hälfte väterliche, also fremde Proteine exprimiert) im Normalfall nicht attackiert. Die embryonalen Zellen exprimieren ungewöhnliche Oberflächenmarker, die in den HLA-G-Genen codiert sind und die natürlichen Killerzellen an Angriffen hindern. Das Intro des Artikels findet sich auf den Seiten von Spektrum der Wissenschaft; Abonnenten können dort auch das PDF abrufen.