Schlagwort-Archive: T-Helferzellen

Lymphozyten in Schilddrüsen von Hashimoto- und Basedow-Patienten

Zusammenfassung noch nicht allgemeinverständlich aufbereitet:

Bingbing Zha et al, Distribution of Lymphocyte Subpopulations in Thyroid Glands of Human Autoimmune Thyroid Disease, J. Clin. Lab. Anal. 00:1-6 (2014)

Das Aufkommen der verschiedenen Lymphozyten-Typen in der Schilddrüse von Menschen mit Schilddrüsen-Autoimmunerkrankungen ist bislang schlecht untersucht; meist werden nur Bluttests durchgeführt. Die Autoren haben Gewebe von 18 Morbus-Basedow- und 17 Hashimoto-Thyreoiditis-Patienten sowie 17 Patienten ohne diese beiden Erkankungen untersucht, das bei Schilddrüsen- bzw. Nebenschilddrüsenoperationen entnommen worden war.   Weiterlesen

Leukozyten-Volkszählung

Und noch eine Grundlagenskizze fürs Buch:

P1150844_Blutzusammensetzung_schwarz2_500Unter den etwa 7400 Leukozyten (weißen Blutkörperchen) in einem MilliMikroliter Blut eines gesunden Menschen sind ungefähr 2500 Lymphozyten.

Von diesen wiederum sind etwa 46% T-Helferzellen, 19% zytotoxische T-Zellen, 7% natürliche Killerzellen, 5% γδ-T-Zellen und 23% B-Zellen.

Einige Leukozytentypen wie die dendritischen Zellen kommen im Blut kaum vor, da sie nach ihrer Entstehung gleich ins Gewebe einwandern und dort bleiben.

Die roten Blutkörperchen oder Erythrozyten und die Blutplättchen oder Thrombozyten sind viel zahlreicher als die Leukozyten.

(All diese Werte haben auch bei Gesunden eine große Spannbreite; Abweichungen von den hier genannten Zahlen sind noch kein Grund zur Sorge.)

Reformierter Immunzellstammbaum, Teil 2

So, puh: der lymphoide Ast des hämatopoetischen Stammbaums, wie er sich nach Lektüre zahlreicher frischer Artikel darstellt. Erläuterungen folgen im Buch – obwohl das alles zum Zeitpunkt der Drucklegung wahrscheinlich schon wieder überholt ist.

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Was passiert bei Immunneuropathien?

Ich habe meine Fazialislähmung zum Anlass genommen, für das Buch zu skizzieren, wie eine Immunneuropathie abläuft. Zu den Immunneuropathien zählen Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose, das Guillain-Barré-Syndrom, chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) oder vaskulitische Neuropathie. Bei einigen ist das periphere, bei anderen das zentrale Nervensystem betroffen. Oft beschränkt sich die Störung (wie bei der Fazialislähmung) auf einen einzelnen Nerv.

Am Anfang steht vermutlich immer die Reaktivierung eines latenten Virus (z. B. Herpes) oder eine oftmals unbemerkte, da symptomfreie (sogenannte stumme oder maskierte) Infektion, hier durch ein maskiertes Bakterium dargestellt. Eine in der Blutbahn oder im Gewebe patrouillierende Immunzelle – hier eine dendritische Zelle (DC) – entdeckt den Eindringling:

Die dendritische Zelle nimmt Teile des Erregers auf und verarbeitet sie zu einem präsentablen Antigen weiter. Sie verwandelt sich in eine antigenpräsentierende Zelle (APC), die einer T-Helferzelle das Antigen auf ihrem MHC-Klasse-II-Rezeptor (hier: Tablett) präsentiert. Damit es nicht zu Fehlalarmen kommt, gibt es einen Sicherheitsmechanismus: T-Helferzellen reagieren nur dann auf ein Antigen, wenn ihnen gleichzeitig auf einem anderen Rezeptor ein sogenanntes kostimulierendes Signal präsentiert wird, das anzeigt, dass wirklich eine Infektion oder eine andere Gefahr vorliegt, die bekämpft werden muss (hier: Kerze). Auf der Oberfläche der T-Zelle gibt es für beide Signale spezifische Rezeptoren (hier: Augen/Blickkontakt):

Die T-Helferzellen reichen die Information über das Vorliegen eines Gefahr (Kerze) und über die genaue Art der Gefahrenquelle, also das Antigen (Augenbinde des Bakteriums), über Rezeptoren und Signalstoffe (Sprechblase) an B-Zellen weiter und regen diese so zur Produktion spezifischer Antikörper an:

Die B-Zellen schütten massenhaft Antikörper aus (Eimer), die spezifisch an „ihr“ Antigen binden und die Gefahrenquellen so zum Teil direkt schachmatt setzen, zum Teil zur anschließenden Zerstörung und Entsorgung markieren:

Diese normale Immunreaktion spielt sich in der Blutbahn, im Lymphgewebe und lokal im infizierten Gewebe ab. Aber manchmal läuft etwas schief: Aktivierte T-Zellen können die Blut-Nerven-Schranke durchdringen und von der Blutbahn (im nächsten Bild links) in einen Nerv (rechts) überwechseln. Das sollte eigentlich nicht passieren, da Nerven zu den sogenannten immunprivilegierten Orten im Körper gehören: Da Entzündungsreaktionen hier viel Schaden anrichten können, sind diese Orte für die meisten Immunzellen tabu. Weiterlesen

Dickdarmbakterien regulieren über kurzkettige Fettsäuren unser Immunsystem

J. K. Nicholson etl al: Host-Gut Microbiota Metabolic Interactions. Science 336, 08.06.2012, 1262-1267: Firmicutes wie Eubacterium, Roseburia, Faecalibacterium und Coprococcus zerlegen für den menschlichen Organismus unverdauliche Ballaststoffe wie Hemizellulosen im Dickdarm in kurzkettige Fettsäuren wie Buttersäure, Essigsäure oder Proprionsäure. Diese senken den pH-Wert im Dickdarm, hemmen durch die Ansäuerung das Wachstum von Pathogenen wie Salmonellen, stimulieren die Wasser- und Natriumabsorption, beteiligen sich an der Cholesterinsynthese, versorgen die Darmepithelzellen und einige Darmbakterien mit Energie und stimulieren die Leptinproduktion in Adipozyten (zumindest in Zellkulturen und Mäusen).   Weiterlesen

Schließen Autoimmunerkrankungen und Allergien einander aus? Teil 1

Diese Frage wird schon lange diskutiert und erforscht. Dahinter steckt das bis vor wenigen Jahren kaum hinterfragte Standardmodell der zweiarmigen erworbenen Immunabwehr: Im gesunden Organismus sind die Th1-dominierte zelluläre und die Th2-dominierte humorale Immunabwehr im Gleichgewicht; die Botenstoffe im Th1-Arm hemmen den Th2-Arm und umgekehrt; beide Abwehrtypen werden so im Zaum gehalten.

Wird das Gleichgewicht – beispielsweise aufgrund genetischer Anlagen – zugunsten des Th1-Arms gestört, so kommt es typischerweise zu Autoimmunerkrankungen: Die zelluläre Abwehr richtet sich gegen körpereigenes Gewebe und wird zum Selbstläufer, weil die Entzündungsreaktion nicht mehr von Th2-Botenstoffen eingedämmt wird. Gewinnt dagegen der Th2-Arm die Oberhand, so entwickelt der Betroffene Allergien oder Asthma: Es werden massenhaft Antikörper gegen an sich harmlose Pollen oder andere Umweltstoffe freigesetzt; der Mangel an hemmenden Th1-Cytokinen führt wiederum zur Chronifizierung.

Doch dann zeigte sich, dass es neben T-Helferzellen von Typ 1 und 2 noch weitere Subpopulationen gibt, die nicht zu diesem einfachen Wippen-Modell passen. Neben den Th17-Zellen wären vor allem die regulatorischen T-Zellen oder Tregs zu nennen, die im Normalfall beide Arme der erworbenen Immunabwehr bremsen, bevor es zu chronischen Reaktionen kommt, und die dies bei Autoimmunerkrankungen oder Allergien nicht schaffen, weil es zu wenige von ihnen gibt oder weil sie inaktiv sind.

Dennoch sind viele Autoimmunerkrankungen tatsächlich Th1-dominiert, während Allergien Th2-geprägt sind. Müsste dann nicht eine vorliegende Erkrankung aus einer der beiden Kategorien eine weitere Erkrankung aus der anderen Kategorie ausschließen oder zumindest unwahrscheinlicher machen bzw. schwächer ausfallen lassen? Dieser Fragestellung sind bereits viele Forschergruppen nachgegangen – mit widersprüchlichen Ergebnissen. Hier und in den folgenden beiden Artikeln stelle ich zwei Studien und einen Review-Artikel vor.   Weiterlesen

L-Thyroxin hemmt die zerstörerische Entzündung der Schilddrüse bei Hashimoto-Thyreoiditis

Interleukin-2, Bändermodell

Eine bereits ältere und sicher nicht weltbewegende Studie, die dennoch eine Zusammenfassung verdient, weil sie zeigt, dass die Standardtherapie bei Hashimoto-Thyreoiditis (Gaben des Schilddrüsenhormons L-Thyroxin) nicht nur die Symptome des Schilddrüsenhormonmangels bekämpft, sondern den Zerfall der Schilddrüse durch Angriffe von Immunzellen verlangsamt:

Feyzullah Guclu et al (2009): Down-regulation of the auto-aggressive processes in patients with hypothyroid Hashimoto’s thyroiditis following substitutive treatment with L-thyroxine. Eur. Cytokine Netw., Vol. 20 n° 1, March 2009, 27-32. doi: 10.1684/ecn.2009.0147

Abstract: Etwa zwei Prozent der Bevölkerung entwickeln eine Hashimoto-Thyreoiditis. Ziel der Studie: die Rolle von Zytokinen (Interleukine IL-2, IL-4, IL-12 und Interferon IFN-γ) in der Pathogenese und die Veränderung der Zytokinkonzentrationen durch die Behandlung mit L-Thyroxin ermitteln. Methode: Analyse des Blutes von 65 Frauen (18-73 Jahre alt), die mit Hashimoto-Thyreoiditis in eine Klinik eingewiesen wurden, vor Behandlungsbeginn sowie nach 10-12 Wochen L-Thyroxin-Gabe, nach der die Patientinnen wieder euthyroid waren (d. h. TSH zwischen 1 und 2 µIU/mL). [Das kommt mir sehr kurz vor; bei mir hat die Einstellung über ein Jahr gedauert. In einer Klinik kann man sicherlich etwas energischer vorgehen als bei einer Betreuung durch den Hausarzt/die Hausärztin, aber dass zwischen den beiden Blutanalysen maximal 12 Wochen lagen, könnte m. E. ein Grund für die Nichtsignifikanz einer Zytokinspiegeländerung sein; s. u.] Ergebnisse: Nach der Behandlung waren der TSH-Spiegel im Serum signifikant verringert und der FT4-Spiegel (freies Thyroxin) signifikant erhöht; die Konzentration der Anti-Tg- und der Anti-TPO-Antikörper sowie des Zytokins IL-12 waren signifikant gesunken. Die Verringerung des IFN-γ-Spiegels war dagegen nicht signifikant. Bei IL-2 und IL-4 wurden keine Veränderungen festgestellt. Schluss: Die Veränderungen könnten darauf hindeuten, dass die Behandlung mit L-Thyroxin einen von T-Helferzellen des Typs 1 (Th1) dominierten Entzündungsvorgang verlangsamt oder stoppt.   Weiterlesen

Klaus Resch, Michael U. Martin, Volkhard Kaever, „Immunpharmakologie“

Dieses 2010 im Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, erschienene Lehrbuch ist die beste mir bekannte deutschsprachige Einführung nicht nur in die Immunpharmakologie, sondern auch in die Immunologie. Das didaktische Geschick der Autoren und die klaren Illustrationen von Sabine Seifert erleichtern die Orientierung in diesem schwierigen Fachgebiet enorm.

Wohlgemerkt: Leichte Lektüre ist auch dieses Werk nicht; allein die ausufernde und m. E. oft inkonsistente, ja hilflose Begrifflichkeit der Immunologie erfordert höchste Konzentration. So werden Immunzellen teils nach ihrem Herkunftsorgan, teils nach ihrer Funktion, nach ihrem Aussehen oder einfach nach den auf ihrer Oberfläche nachweisbaren Markern benannt. Und jene T-Helferzellen, die nach den Th1- und den Th2-Zellen entdeckt wurden, hat man nicht etwa Th3 getauft, sondern Th17 — weil sie Interleukin 17 herstellen. Wer nun meint, Th1-Zellen würden Interleukin 1 produzieren, hat sich geschnitten: Es ist Interleukin 2. Frag nicht nach Logik … Aber das kann man nicht den Autoren dieses Buches anlasten.   Weiterlesen