Im gesunden Darm ist das Epithel für Pathogene und ihre Giftstoffe nahezu undurchdringlich, da die Epithelzellen in der Nähe ihrer apikalen (also dem Darmlumen zugewandten) Seite durch Bänder von sogenannten Tight Junctions eng miteinander verbunden sind. Diese sehen unter dem Elektronenmikroskop in der Aufsicht ein wenig wie Steppdecken aus (Bildmitte). Die „Steppnähte“ bestehen aus speziellen Proteinen, die zusammen wie ein Klettverschluss funktionieren (rechts). Die Proteine tragen zum Teil sprechende Namen wie Claudin (von lat. claudere = schließen, versperren) oder Occludin (von lat. occludere = zuschließen). Claudin ist ein Transmembranprotein, dessen beide Enden im Zytoplasma der Epithelzelle lokalisiert sind und das mehrfach die Membran durchstößt, um im Raum zwischen zwei Epithelzellen zwei Schlaufen zu bilden, die sich mit den Schlaufen der Nachbarzelle „verhakeln“, aber auf bestimmte Signale hin den Durchgang freigeben (rechts, Querschnitt durch die Membranen zweier Epithelzellen).
Solche Sesam-öffne-dich-Signale geben zum Beispiel die dendritischen Zellen (DCs, links), wenn sie sich über die Vorgänge außerhalb der Epithelschicht informieren wollen. Sie können sich wie Amöben stark verformen und schlanke Ausläufer (Dendriten) zwischen zwei Epithelzellen hindurchdrängen, um im Schleim Bakterien oder Bakterienbruchstücke aufzunehmen, die sie dann den lokalen Lymphozyten präsentieren, um ggf. eine adaptive Immunantwort auszulösen. Dabei bleibt das Epithel im Normalfall absolut dicht, da die Membranen der dendritischen Zellen ebenfalls Klettverschluss-Proteine enthalten, die sich während des Dendritenvorstoßes eng mit ihren Gegenstücken auf den Epithelzellen verbinden.
Tight Junctions gibt es auch im Kopf, wo sie die Blut-Hirn-Schranke abdichten. Die Tight Junctions im Darmepithel schließen sich erst etliche Wochen nach der Geburt. Vorher gibt es einen regen Stoffaustausch zwischen dem Darmlumen und dem Gewebe unterhalb des Epithels, durch den das Immunsystem lernt, die gutartige Darmflora und harmlose Nahrungsbestandteile nicht zu bekämpfen, sondern ein Leben lang zu tolerieren. Ein vorzeitiger Verschluss der Tight Junctions, der zum Beispiel durch Gendefekte, durch Hormonstörungen, aber evtl. auch durch Xenohormone aus Kunststoffen usw. ausgelöst werden kann, beeinträchtigt diese Lernphase des Immunsystems und kann zu Autoimmunerkrankungen und chronischen Entzündungen beitragen. (Zu BPA, Tight Junctions und Immunstörungen habe ich hier schon einmal etwas geschrieben.)