Mikrobiom und Autoimmunerkrankungen, III

Noch nicht allgemeinverständlich aufbereitete Notizen

Li et al.: Inflammatory Bowel Diseases Phenotype, C. difficile and NOD2 Genotype Are Associated with Shifts in Human Ileum Associated Microbial Composition. PLoS ONE 7(6): e26284. doi: 10.1371/journal.pone.0026284

Test der Hypothese, dass Polymorphismen in Genen der angeborenen Immunabwehr, die mit Morbus Crohn in Verbindung stehen, mit Verschiebungen in der Zusammensetzung der Darmflora im Ileum (Krumm- oder Hüftdarm) assoziiert sind, also mit Dysbiose. Sequenzierung von 16S-rRNA aus Stuhlproben, die bei Biopsien aus makroskopisch nicht von der Krankheit betroffenen Regionen des Ileums von 52 Morbus-Crohn-, 58 Colitis-ulcerosa-Patienten und 60 Kontrollpersonen ohne CED gewonnen wurde. Drei verschiedene Sequenzierungsmethoden führten zum selben Resultat: CED-Phänotyp, Clostridium difficile und NOD2-Genotyp waren assoziiert; die Gesamtzusammensetzung des Mikrobioms war verändert. CED-Phänotyp und NOD2-Genotyp waren auch mit einer veränderten relativen Häufigkeit der Gruppe C. coccoides/E. rectales assoziiert. CED-Phänotyp, Rauchen und CED-Medikation gingen mit einer veränderten relativen Häufigkeit von F.-prausnitzii-Unterarten einher. -> Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Auswirkungen von genetischen Faktoren und Umweltfaktoren auf CED zumindest teilweise durch die Darmflora vermittelt werden.   

Die wichtigsten bekannten CED-Risikoallele (drei NOD2-Allele und der ATG16L1-T300A-Genotyp) hängen mit einer veränderten angeborenen Immunabwehr zusammen, vor allem mit der Funktion der Paneth-Zellen (Buchstabe J in meiner Zeichnung im Beitrag „Die Architektur des Immunsystems“). Vermutlich unterscheiden sich die genetischen Hintergründe bei einem Morbus Crohn, der sich aufs Ileum beschränkt, von jenen Morbus-Crohn-Fällen, in denen nur der Dickdarm betroffen ist. Hier geht es um Ileum-Crohn.

Abb. 1: Bei Patienten mit Ileum-Crohn deutlich mehr Actinobacteria und Bacilli (gehören zu den Firmicutes) sowie deutlich weniger Bacteroidetes als in der Kontrollgruppe; bei den Colitis-Patienten dieselben Verschiebungen, aber nicht ganz so deutlich. (Man vergleiche dies mit meiner Abb. „Dorfkinder in Burkina Faso …“: Auch bei gesunden Kindern mit urbaner westlicher Lebensweise sind die Bacteroidetes viel schwächer vertreten als bei gesunden Kindern mit überwiegend pflanzlicher Kost in Burkina Faso. Allerdings wurde in dieser Studie „normaler“ Stuhl analysiert, der den gesamten Dickdarm passiert hatte; das ist nicht direkt mit Proben aus dem Ileum zu vergleichen, da dort andere ökologische Bedingungen herrschen.) Innerhalb der Firmicutes-Gruppe war das Gleichgewicht bei den Crohn-Patienten zugunsten der Gattung Bacillus verschoben, auf Kosten der Clostridium-Guppe IV.

Diskussion: Die für Ileum-Crohn typischen Veränderungen der Ileum-Flora könnten entweder bereits vor der Manifestation der Erkrankungen oder aber als Folge der chronischen Entzündung auftreten und sich dann in nicht erkrankte Regionen ausbreiten.

Patienten mit CED haben ein höheres Risiko, sich mit C. difficile zu infizieren – vermutlich aufgrund ihrer Dybiose. Die Infektionen verschlimmern die Entzündungen und könnten auch die Dysbiose weiter verschlimmern. Es kann aber auch sein, dass die weitere ungünstige Verschiebung der Mikrobiom-Zusammensetzung eine Folge der Antibiotika-Behandlung bei C.-difficile-Infektionen ist.

F. prausnitzii ist in der Ileum-Flora ein Hauptbestandteil der Clostridium-Gruppe IV innerhalb der Firmicutes. Dass Rauchen beim Rückgang von F. prausnitzii im Mikrobiom von Ileum-Crohn-Patienten eine wichtige Kovariate ist, ist insofern interessant, als Rauchen wiederholt mit dem Ausbruch von Ileum-Crohn und dem raschen Wiederausbruch nach Darmoperationen in Verbindung gebracht wurde. Auch eine niedrige Konzentration von F. prausnitzii in der Ileum-Schleimhaut ist mit einem raschen Wiederausbruch nach Ileum-Operationen von Crohn-Patienten assoziiert. Dass sich das Zahnfleisch-Mikrobiom ändert, wenn man mit dem Rauchen aufhört, wurde bereits nachgewiesen, aber ob das auch für die Ileum-Flora gilt, ist bislang nicht untersucht worden.

Es ist wahrscheinlich, dass auch bei anderen Erkrankungen Verbindungen zwischen genetisch bedingten Defekten der angeborenen Immunabwehr und Veränderungen des Mikrobioms bestehen.

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