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Heilung bakterieller Hautinfektionen vermutlich von der Hautflora beeinflusst

Nicht nur im Darm, auch auf der Haut beeinflussen unsere bereits etablierten Mitbewohner, ob sich ein Neuankömmling – etwa ein Krankheitserreger – ansiedeln kann oder nicht. Die Zusammensetzung des Mikrobioms wiederum wird vom Wirt und seinem Immunsystem beeinflusst – und wirkt auf dieses Immunsystem zurück.

Anders als bei der Darmflora lassen sich im Bakterienartenmix auf trockener, gesunder Haut keine „Leuchtturm-Arten“ ausmachen, die die Gemeinschaft dominieren. Auf dem Oberarm leben stattdessen sehr viele Arten in relativ ausgeglichener Verteilung. Zugleich schwankt die Zusammensetzung mit der Zeit.

In der hier vorgestellten Studie haben sich acht tapfere Freiwillige an mehreren Stellen an ihren Oberarmen mit dem Bakterium Haemophilus ducreyi haben infizieren lassen. H. ducreyi ist der Erreger der Geschlechtskrankheit Weicher Schanker (Ulcus molle), kann aber auch auf der normalen Haut zu Pusteln führen, die bei Kindern in Afrika oft zu chronischen Abszessen werden. Mit Antibiotika behandelt, heilen diese lokalen Infektionen vollständig ab, ohne die Gesundheit weiter zu beeinträchtigen.

Bei etwa 30 Prozent aller Betroffenen heilen die Hautinfektionen auch ohne Intervention ab. In der kleinen Studie verschwanden die Vorformen der Pusteln bei vier Teilnehmern, also der Hälfte, ohne Behandlung rasch wieder. Die Autoren haben untersucht, ob sich die Hautflora dieser Selbstheiler vom Mikrobiom der Teilnehmer unterscheidet, deren Immunsystem ohne Unterstützung nicht mit H. ducreyi fertig wird. Ihre aus der Ökologie abgeleitete Hypothese, dass die lokale Hautflora der Selbstheiler eine größere Vielfalt und damit eine höhere Resilienz aufweist, bestätigte sich nicht – was aber auch an der sehr kleinen Teilnehmerzahl liegen kann.

Dennoch gab es markante Unterschiede: Die Mikrobiome der vier Selbstheiler ähnelten sich zu Beginn des Versuchs untereinander viel stärker als den vier Mikrobiomen der Pustel-Entwickler, die auch untereinander recht verschieden waren. Auf der gesunden Oberarmhaut der künftigen Selbstheiler leben deutlich mehr Actinobacteria, Firmicutes und Bacteroidetes und dafür deutlich weniger Proteobacteria als in der Hautflora der künftigen Pustel-Entwickler. Entweder wirkt sich die Zusammensetzung des Selbstheiler-Mikrobioms günstig auf die Bekämpfung des Pathogens aus, oder Eigenschaften des Wirts – etwa das Aktivitätsniveau bestimmter Immunzellen – prägen sowohl das Mikrobiom als auch die Selbstheilungschancen.

Nach einigen Tagen hatte sich das Bild umgekehrt: Nun waren sich die Mikrobiome der Pustel-Entwickler ziemlich ähnlich. In den Pusteln hatten sich neben H. ducreyi auch Proteobacteria, Bacteroidetes, Micrococcus, Corynebacterium, Paracoccus und Staphylococcus vermehrt – vermutlich aufgrund der vergeblichen Versuche des Immunsystems, H. ducreyi zu bekämpfen (sog. Hyperinflammation). Bei dieser versagenden Abwehr gelingt es den Zellen des angeborenen Immunsystems nicht, die Pathogene rasch durch Verschlingen (Phagozytose) unschädlich zu machen. Entsprechend werden in den Pusteln über längere Zeit viele entzündungsfördernde Zytokine, Sauerstoff- und Stickstoff-Radikale, antimikrobielle Peptide usw. ausgeschüttet, und die Temperatur und die Feuchtigkeit steigen. Davon profitieren einige Bakterien, während andere in dieser veränderten Umwelt nicht mehr gedeihen.

Eine Abheilung von Pusteln ging dagegen mit einer Vermehrung von Actinobacteria und Propionibacterium einher. Vielleicht hindern diese Bakterien H. ducreyi aktiv an der Vermehrung, oder sie konkurrieren mit dem Pathogen erfolgreich um Ressourcen, oder sie versetzen das Immunsystem ihres Wirts in die Lage, die Keime zu bekämpfen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass ihre Präsenz einfach einen Zustand des angeborenen Immunsystems anzeigt, der für die Bekämpfung von H. ducreyi besonders geeignet ist.

Literatur:

J. J. van Rensburg et al. (2015): The Human Skin Microbiome Associates with the Outcome of and Is Influenced by Bacterial InfectionmBio vol. 6 no. 5 e01315-15, doi: 10.1128/mBio.01315-15 (Open Access)

Dazu auch A. Azvolinsky (2015): Skin Microbes Help Clear Infection