Das Darmepithel, der Schleim mit seinen antibakteriellen Substanzen und die darmnahen Lymphozyten sollen unser Gewebe nicht nur vor Pathogenen (oben rechts) schützen, sondern auch vor Angehörigen der normalen Darmflora, die aus dem Darmlumen (links) ausgebüxt sind und im Gewebe Unheil anrichten (Mitte). Solche Symbionten werden aus dem Verkehr gezogen, ohne einen Großalarm auszulösen: Entzündungshemmende Zytokine und regulatorische T-Zellen (Tregs) begrenzen den Schaden, den eine Entzündung stets für den eigenen Organismus mit sich bringt. Gefährliche Keime lösen dagegen eine Entzündungsreaktion aus, die bei extrazellulären Pathogenen Th2- und Th17-dominiert und bei intrazellulären Pathogenen Th1-dominiert ist.
Es gibt aber auch Bakterien in unserem Mikrobiom, die nicht eindeutig als gefährliche Pathogene oder als nützliche, harmlose Symbionten eingeordnet werden können. Yun Kyung Lee und Sarkis K. Mazmanian nennen sie „Pathobionten“ (aus „Pathogen“ und „Symbiont“). Zu ihnen zählen die segmentierten filamentösen Bakterien (SFB), die sich oft eng an die Schleimhaut anschmiegen und dann im darunter liegenden Gewebe die Entwicklung von T-Helfer-Zellen auslösen.
SFBs induzieren vor allem die Differenzierung von Th17-Zellen und wirken weit über den Verdauungstrakt hinaus: In Tierversuchen verschärfen sie rheumatoide Arthritis und EAE, das Tiermodell für Multipe Sklerose. Offenbar aktivieren sie eine systemische Immunantwort, die übers Ziel hinausschießen kann. Andererseits bleiben sie in den meisten Fällen völlig harmlos. Yun Kyung Lee und Sarkis K. Matmanian erklären sich diesen Zwischenstatus evolutionsbiologisch: Diese Bakterien befinden sich mitten in der üblichen koevolutionären Verwandlung von Pathogenen in Symbionten (rechts: der Krieger, der sich in eine Kuh verwandelt).
Lit.: Yun Kyung Lee und Sarkis K. Mazmanian, „Has the microbiota played a critical role in the evolution of the adaptive immune system?“ Science 330(6012), 2010, 1768-1773, doi:10.1126/science.1195568.