Notizen zum 14. Kapitel des Lehrbuchs Janeway’s Immunobiology von Kenneth Murphy, Paul Travers und Mark Walport, 7. Auflage, Garland Science, 2008 – Teil 3: S. 605-607 (Teil 2: hier)
Immunologisch privilegierte Orte: An einigen Stellen des Körpers lösen Transplantate keine Immunreaktionen aus, z. B.
- im Gehirn,
- in der vorderen Augenkammer,
- in den Hoden und
- in der Gebärmutter.
Antigene von dort können diese Orte zwar verlassen und dann mit T-Zellen interagieren, induzierten in diesen aber kein Verhalten, das zur Gewebezerstörung führt.
Was zeichnet diese privilegierten Orte aus?
- Die extrazelluläre Flüssigkeit steht nicht über normale Lymphgefäße mit dem Rest des Körpers in Verbindung. Proteine können die Orte jedoch verlassen.
- Die Orte sind von Gewebebarrieren umschlossen, die naive Lymphozyten nicht durchdringen können. Ein Beispiel ist die Blut-Hirn-Schranke.
- An diesen Orten werden Zytokine oder ähnliche lösliche Faktoren produziert, die sich gemeinsam mit den Antigenen ausbreiten. Der entzündungshemmende Wachstumgsfaktor TGF-β bewirkt z. B., dass Antigene in T-Zellen eher antiinflammatorische TH2-Reaktionen anstelle von proinflammatorischen TH1-Reaktionen auslösen.
- Durch die Expression von Fas-Liganden kommt es zur Apoptose von Fas-tragenden Lymphozyten, die in die Orte vordringen; Mechanismus noch unverstanden.
Gerade Antigene, die im Normalfall auf immunologisch privilegierte Orte beschränkt sind, werden oft zum Ziel von Autoimmunreaktionen, z. B. Myelinproteine bei Multipler Sklerose (MS). Die übliche Toleranz gegenüber diesen Antigenen kann also nicht durch klonale Deletion aller auf sie reagierenden T-Zellen zustande kommen. Vielmehr scheinen diese autoreaktiven T-Zellen immunologisch ignorant zu sein.
Bei der seltenen Autoimmunerkrankung sympathische Ophthalmie kommt es zu Autoimmunreaktionen auf Augenproteine, nachdem aus einem Auge durch eine Verletzung oder Operation Antikörper austreten konnten. Dann wird auch das gesunde Auge angegriffen. Um dessen Sehkraft zu retten, ist es manchmal nötig, das verletzte Auge, das die Quelle der Antigene ist, zu entfernen.
Immunologisch privilegierte Orte können durchaus infiziert werden. Bei einer Infektion lösen Antigene die Produktion von Zytokinen aus, die die Schranke zum Rest des Körpers durchlässiger machen und so dafür sorgen, dass Effektor-T-Zellen sich am Infektionsort versammeln können.
Während der normalen Immunantwort differenzieren CD4-T-Zellen sich zu TH1- oder TH2-Zellen aus, die dann unterschiedliche Zytokine ausschütten: TH1-Zellen Gamma-Interferon (IFN-γ) und Tumornekrosefaktor α (TNF-α), TH2-Zellen hingegen die Interleukine IL-4, IL-5, IL-10 und IL-13. Diese wirken sich unterschiedlich auf antigenpräsentierende Zellen, B-Zellen und die Pathogenbeseitigung aus.
Bei T-Zell-vermittelten Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes und Multipler Sklerose scheinen TH1-Zellen die Krankheit zu verursachen. Bei SLE sind an der Erzeugung der Autoantikörper dagegen sowohl TH1- als auch TH2-Zellen beteiligt. In Diabetesmodellmäusen können potenziell gefährliche T-Zellen, die TH2-Zytokine exprimieren, eine durch TH1-Zellen verursachte Erkrankung sogar unterdrücken. Beim Menschen ist es allerdings noch nicht gelungen, eine Autoimmunerkrankung durch eine Umschaltung von der TH1- zur TH2-Zytokin-Produktion (Immunmodulation) zu stoppen.
Womöglich ist eine dritte Untergruppe der CD4-T-Zellen für die Verhinderung von Autoimmunerkrankungen wichtiger: die regulatorischen T-Zellen (Tregs) – siehe Fortsetzung.