Entdeckung und Erforschung regulatorischer T-Zellen im Verdauungstrakt

F. Powrie (Wellcome Library, London, CC by-nc 2.0 UK)

Fiona Powrie: Gut reactions: immune pathways in the intestine in health and disease. EMBO Molecular Medicine 4/2, 2012,71–74; doi: 10.1002/emmm.201100197 (Open Access)

Die Autorin war maßgeblich an der Entdeckung und Erforschung regulatorischer T-Zellen in der Schleimhaut des Verdauungstrakts beteiligt und zeichnet in diesem kleinen Artikel ihren Weg und die wichtigsten Erkenntnisse nach.  

Dass es Immunzellen geben muss, die das System bremsen, damit es nicht mehr Schaden als Nutzen anrichtet, ist schon früh vermutet worden. Heute nennt man diese Suppressorzellen regulatorische T-Zellen oder Tregs. In den 1980er-Jahren wurde klar, dass CD4+-Zellen zu Th1- oder Th2-Zellen mit unterschiedlichen Zytokinexpressionsprofilen heranreifen. In Tierversuchen förderten Th1-Zellen und ihre Zytokine Gamma-Interferon (IFN-γ) und Tumornekrosefaktor alpha (TNF-α) die Entstehung von experimenteller Colitis. Zunächst schien es, als könne eine Th2-Antwort die Treg-Aktivität erklären, doch dann zeigte sich, dass Tregs unabhängig von IL-4 funktionieren, aber TGF-β benötigen: Tregs sind also keine Th2-Zellen.

Ende der 1990er wurden CD25 als Treg-Marker und FoxP3 als entscheidender Transkriptionsfaktor für die Treg-Selektion im Thymus entdeckt. Patienten mit Funktionsverlustmutationen im FOXP3-Gen entwickeln die tödliche Autoimmunerkrankung IPEX. Allmählich zeichnete sich ab, wie eine genetische Prädisposition dafür sorgen kann, dass Betroffene auf die an sich gutartige Darmflora mit chronischen Entzündungen reagieren.

FoxP3+-Tregs kommen im Darm in großer Zahl vor und produzieren große Mengen des entzündungshemmenden Zytokins IL-10. Im Darm entstehen unter dem Einfluss von spezialisierten dendritischen Zellen, dem Vitamin-A-Metaboliten Retinsäure und TGF-β Tregs, die auf Darm-Antigene reagieren. Das ist die zelluläre Basis für das Phänomen der oralen Toleranz und ein wichtiges Element des Mutualismus mit unseren Darmbakterien, auf die der gesunde Organismus nicht mit einer Entzündung reagiert.

Fehler in diesen Regelkreisen können zu chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) führen. IL-23, ein Zytokin aus der IL-12-Familie, scheint Colitis zu befördern. IL-23 fördert die Vermehrung und Aktivierung einer vor wenigen Jahren neu entdeckten Population von Immunzellen: den ILC (innate lymphoid cells), die typische Th-17-Zytokine produzieren. ILC sind wie Th17-Zellen vom Transkriptionsfaktor RORγt (retinoic acid receptor related orphan receptor gamma) abhängig, was auf starke Parallelen zwischen den Darm-Lymphozyten der angeborenen und der erworbenen Immunabwehr hindeutet.

Bei CED steigern genetisch bedingte Fehlfunktionen in der Darmschleimhaut-Barriere, den angeborenen Entzündungsreaktionen und der erworbenen Immunabwehr die Gefahr, dass die Beziehung zwischen den Darmbakterien und dem Immunsystem des Darms entgleist. Nicht nur die genetischen Prädispositionen sind individuell unterschiedlich, sondern auch die Zusammensetzung der Darmflora. Diese Individualität besser zu verstehen wäre wichtig, um Therapien zu entwickeln, die besser auf die jeweiligen Untergruppen der CED-Patienten zugeschnitten sind.

 

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