Abb. 89: Warum haben Kiefermäuler eine erworbene Abwehr?

Zu den Metazoa oder vielzelligen Tieren (a) gehören die Chordatiere (b), die eine starre Körperachse haben – darunter auch die Wirbeltiere (c) mit ihrer knöchernen Wirbelsäule. Ein Teil von ihnen hat einen Kiefer, der gegenüber dem Schädel beweglich ist: die Kiefermäuler (d). Sie können feste Nahrung zerbeißen und brauchen einen langen Verdauungstrakt, in dem die Kost aufgeschlossen wird. In diesem Schutzraum haben sich viele Mikroorganismen angesiedelt. Die Grenzfläche zwischen dem Darminneren und dem Gewebe dient der Aufnahme von Nährstoffen und ist daher groß und durchlässig. Sie muss gut gegen Eindringlinge verteidigt werden (e). Deshalb haben Kiefermäuler eine erworbene Immunabwehr entwickelt.

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Abb. 88: r- und K-Strategen

 

In der Formel für logistisches Wachstum (zum Beispiel von Bakterien, mit denen man eine Petrischale animpft) kommen die Buchstaben r und K vor. Die Wachstumsrate r gibt die Steilheit der Kurve an, solange noch kein Gedränge herrscht. Die Kapazitätsgrenze K bestimmt, wie viele Organismen (N) der Lebensraum höchstens unterstützen kann, und macht sich im hinteren Teil der Kurve bemerkbar.

Bakterien, Fische oder Mäuse sind r-Strategen: Sie bekommen viele Junge, von denen die meisten jung sterben: Ihre Überlebenskurve fällt anfangs steil ab. K-Strategen wie Elefanten oder Menschen setzen wenig Nachwuchs in die Welt, und ihre Überlebenskurve fällt erst im hohen Alter steil ab. Um das Fortpflanzungsalter zu erreichen und sich lang genug um ihren wertvollen Nachwuchs zu kümmern, brauchen sie ein starkes Immunsystem.

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Abb. 87: Mutationen im Körper und in der Keimbahn

 

Mutationen im Körper (Soma) und in der Keimbahn: Alle Zellen des Körpers entstehen durch wiederholte Zweiteilung aus der Zygote, dem Verschmelzungsprodukt einer Samen- und einer Eizelle. Einige Zellen (am rechten Rand der Zellteilungspyramide) sind Vorläufer von Keimzellen, also Samen- oder Eizellen. Alle anderen bilden im Laufe der Embryonalentwicklung den Körper.

Oben: Mutationen in den Vorläufern der Körperzellen können Eigenschaften von Organen oder Körperteilen prägen, zum Beispiel für dunkle Flecken in einem hellen Fell sorgen. Eine mutierte Zelle gibt die Veränderung nämlich an ihre Tochterzellen weiter. Viele Mutationen lassen die Zelle aber absterben oder führen zu einer weniger effizienten Zellteilung. Auf die Eigenschaften der nächsten Generation haben somatische Mutationen keinen Einfluss.

Unten: Nur Mutationen in den Vorläufern der Keimzellen werden vererbt. Im Beispiel mutiert ein Spermienvorläufer so, dass die Hälfe aller Spermien die veränderte Genvariante enthält. Verschmilzt ein solches Spermium mit einer Eizelle, erbt jede Zelle im Embryo das mutierte Gen, sodass das ganze Tier die darin codierte Eigenschaft ausprägt. Hier hat die Maus dunkles Fell.

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Abb. 85: Familiäre Häufung von Autoimmunerkrankungen

Familienstammbäume offenbaren komplexe Erbgänge und Häufungen von Autoimmunerkrankungen. In der linken Familie hat die Mutter eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse (AITD), der Sohn multiple Sklerose (MS) und eine Tochter das Sjögren-Syndrom (SS). Rechts sind beide Eltern gesund, aber von den fünf Kindern haben zwei Töchter jeweils drei Autoimmunerkrankungen: die eine systemischen Lupus erythematodes (SLE), Antiphospholipid-Syndrom (APS) und Sjögren-Syndrom, die andere Vitiligo (VIT), ebenfalls Sjögren-Syndrom und eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse.

Vier der fünf Erkrankten sind weiblich. Tatsächlich erkranken an vielen Autoimmunerkrankungen Frauen häufiger (s. Abb. 51). In beiden Familien gibt es weniger Söhne als Töchter. Auch das ist typisch für Autoimmunerkrankungen mit deutlichem Frauenüberhang – ein Indiz für eine Beteiligung der Geschlechtschromosomen
an den Erkrankungen. Ich komme in Band 2 darauf zurück.

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Abb. 84: Crossing-over

 

Crossing-over: Keimzellen-Vorläufer enthalten zwei Chromosomsätze, wie alle anderen Zellen des Organismus. Hier sind die Allele auf dem von der Mutter geerbten Chromosom weiß, die Allele auf dem vom Vater geerbten Chromosom schwarz (links). Die Chromosomen bestehen in diesem Moment aus zwei gleichen Hälften, haben sich also schon verdoppelt. Während der sogenannten Reifeteilung oder Meiose werden die Hälften beider Chromosomen zufällig auf die vier entstehenden Keimzellen verteilt, die dann jeweils einen einfachen Chromosomensatz haben. Vorher können sie aber noch Material austauschen – hier zwei »Beinchen« (Mitte). Nach dem Crossing-over gibt es vier Merkmalskombinationen: weiß + weiß, weiß + schwarz, schwarz + weiß sowie schwarz + schwarz (rechts). Ein Chromosom in einer meiner Keimzellen kann also von meinem Vater und von meiner Mutter geerbte Allele enthalten.

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Abb. 83: Mendel’sche Erbgänge

 

Mendel’sche Erbgänge:

Wenn das Weiß-Allel dominant ist, werden Mäuse mit einem Weiß- und einem Schwarz-Allel (Heterozygote) weiß.

Ist Weiß dagegen eine rezessive Eigenschaft, werden nur Mäuse mit zwei Weiß-Allelen (Homozygote) weiß.

Bei einem intermediären Erbgang werden dagegen alle heterozygoten Mäuse grau.

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Abb. 82: Molekulare Mimikry

Oben Mimikry im Tierreich: Eine essbare Schmetterlingsart (Mitte) ahmt mit ihrem Flügelmuster einen giftigen Schmettering (links) nach, um seltener gefressen zu werden als eine essbare Art, die keinem giftigen Schmetterling ähnelt (rechts).

Darunter molekulare Mimikry bei Pathogenen: Ein gefährliches Bakterium (Mitte) tarnt sich chemisch als körpereigene Zelle (Maske), um von der Immunzelle ebenso toleriert zu werden wie die körpereigenen Zellen (links). Pathogene, die auf eine solche Tarnung verzichten, werden
von den Immunzellen eher als fremd erkannt und angegriffen (rechts). Die Nachahmung muss nicht perfekt sein; nur das Element, das der zu täuschende Vogel oder die in Sicherheit zu wiegende Immunzelle wahrnimmt, muss übereinstimmen. Schließlich passt ein nachgemachter
Schlüssel auch dann ins Schloss, wenn sein Griff ganz anders aussieht, solange nur der Bart dieselbe Form hat wie beim Original.

In der Fachliteratur wird auch eine zufällige Ähnlichkeit zwischen einem Antigen und einem Autoantigen, die sich gar nicht wegen eines Selektionsvorteils entwickelt hat, als molekulare Mimikry bezeichnet.

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Abb. 81: Lebensräume von Pathogenen

Pathogene können in unterschiedlichen Räumen oder Kompartimenten leben, zum Beispiel auf der Haut inmitten unserer Hautflora (oben links), im Darmlumen (oben rechts), im extrazellulären Raum (Mitte links), im Zytosol (Mitte rechts), nach der Endozytose in Vesikeln, wo sie ihrer Verdauung trotzen (unten links) oder im Zellkern, unter unser Erbgut gemischt (unten rechts). Je nach Aufenthaltsort sind sie für unterschiedliche Teile des Immunsystems sichtbar und erreichbar.

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Abb. 80: Kompartimente

Biomembranen wie die Zellmembran, Vesikelhüllen, die Kernhülle und die Hüllen um die Organellen unterteilen eine Zelle in Kompartimente. Transportproteine schaffen manche Substanzen (hier: A) über die Grenzen. Das vermeintliche Regulierungsnetzwerk aus Abb. 79 zerfällt also in der lebenden Zelle in zwei Teile, die erst durch einen aktiven Transport von Substanz A verbunden werden.

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