Bell’s palsy: vermischte schnelle Notizen zur Literatur, Teil 1

Barut et al. (2009): Bell’s palsy and choreiform movements during peginterferon α and ribavirin therapy
Größtenteils irrelevant für mich (Fallbeschreibung einer an Chorea Huntington leidenden Frau mit Hepatitits C und Fazialislähmung); interessant nur, was sie zur Hypothyreose der Frau schreiben: „Hypothyroidism may be another cause for the primary right-sided palsy“ (leider ohne Literaturverweis) – und: Einige Nebenwirkungen von IFN-α (das die Frau als Hepatitis-C-Therapie bekam) kommen vermutlich durch Immundysregulation zustande, Autoimmun-Thyreoiditis zum Beispiel. Frühere Studien an BP-Patienten haben gezeigt, dass die Lähmung durch Lymphozyten-Attacken auf den Fazialisnerv bedingt sein dürfte, wobei die Membran der Schwann-Zellen oder der Nerv selbst das Autoantigen liefert. Da Peginterferon und Ribavirin die zelluläre Immunabwehr unterstützen, können sie auch die Nervenschädigung verstärken. 

Bremell und Hagberg (2011): Clinical characteristics and cerebrospinal fluid parameters in patients with peripheral facial palsy caused by Lyme neuroborreliosis compared with facial palsy of unknown origin (Bell’s palsy)
Präzise Diagnose der Lyme-Neuroborreliose misst Antikörper im Blut und/oder in der Zerebrospinalflüssigkeit und dauert viel zu lang, um für die rasche Diagnose und Therapieentscheidung bei Fazialislähmung zu taugen. Daher versuchen die Autoren anhand der nachträglichen Klassifikation von Patienten aus einem Borreliose-Endemiegebiet (34 Lyme – 51 Bell – 17 unsicher) Kriterien für eine schnelle Diagnose zu entwickeln. (1) Lyme-Patienten wurden in der 2. Jahreshälfte krank (Peak im August), BP-Patienten mehr oder weniger gleichmäßig das ganze Jahr über. (2) Lyme-Patienten hatten mehr neurologische Symptome außerhalb der gelähmten Gesichtsregion (Schmerzen usw.). (3) Ihre Zerebrospinalflüssigkeit enthielt viel mehr mononukleäre Zellen und Albumin als die der BP-Patienten. Für Patienten in Endemiegebieten, auf die diese drei Kriterien zutreffen, empfehlen die Autoren eine orale Doxycyclin-Therapie statt der sofortigen Gabe von Corticosteroid.
Jährliche Inzidenz von peripheren Fazialislähmungen: 20-53 pro 100.000; davon sollen in Endemiegebieten von Borrelia burgdorferi 2-25% auf Lyme-Neuroborreliose zurückgehen. Die Inkubationszeit nach dem Zeckenbiss liegt offenbar bei höchstens ein paar Wochen. Die meisten Lyme-Patienten waren sich nicht bewusst, von einer Zecke gebissen geworden zu sein; umgekehrt berichteten auch einige BP-Patienten, bei denen keine Borrelien-Antikörper nachgeweisen wurden, durchaus von Zeckenbissen – die Frage nach Biss und Wanderröte ist also kein taugliches Kriterium, um Lyme-Neuroborreliose sicher auszuschließen.

Dawidowsky et al. (2011): Anatomical Study of the Facial Nerve Canal in Comparison to the Site if the Lesion in Bell’s palsy
Die Autoren haben den Fazialiskanal, also den Gang im Schläfenbein, durch den der Fazialisnerv oder VII. Hinrnerv aus dem Gehirn austritt, in 12 Schädelbeinen genau vermessen. Ihre Annahme war, dass das Ödem bei Bell’s Palsy vor allem deshalb eher am inneren Ende des Gangs auftritt, weil dort noch mehr Nervenfasern nebeneinander liegen; nach außen hin zweigen drei Nerven (großer Felsenbeinnerv, Steigbügelnerv, Paukensaite) vom Hauptstrang ab. Bei einer exakt zylindrischen Röhre wäre die Raumnot demnach innen am stärksten. Der Vermessung ergab jedoch, dass der Gang innen (am „Eingang“) außerden bei 10 der 12 Knochen schmaler war als außen (am „Ausgang“ des Nervs = Foramen stylomastoideum).

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