Schlagwort-Archive: Proteine

Abb. 188: Toleranz oder Entzündung – eine Frage der Position

Oben: Nehmen Rezeptoren vom Typ TLR-9 an der apikalen Seite ein Bakterium, ein Bakterien-Bruchstück oder bakterielle DNA wahr (1), wird im Zytoplasma ein Transkriptionsfaktor enzymatisch von seinem Inhibitor abgetrennt (2). Der so aktivierte Transkriptionsfaktor wandert in den Zellkern und dockt an die DNA an (3). Daraufhin werden bestimmte Gene transkribiert; es entstehen also bestimmte mRNA-Moleküle (4). Diese mRNA wird aus dem Kern ins Zytoplasma geschleust und dort von der Translationsmaschinerie in Polypeptide übersetzt (5). Die Polypeptidketten falten sich zu Proteinen zusammen und werden an ihren Wirkungsort transportiert. Im Falle einer apikalen Stimulation der Rezeptoren durch die harmlose Darmflora sorgen sie dafür, dass die Rezeptoren auf weitere Reize nicht mehr reagieren (Toleranz, 6) und dass die Bakterien mehr Abstand zum Epithel halten (7).

Unten: Bei einer basalen Reizung reagieren die Enterozyten ganz anders: Nehmen die Rezeptoren an der dem Gewebe zugewandten Seite Bakterienbestandteile wahr (1), weist das auf eine Infektion hin. Daher wird ein anderer Transkriptionsfaktor aktiviert (2) und bewirkt im Zellkern (3) die Ablesung anderer Gene. Die mRNA gelangt ins Zytoplasma (4) und wird dort zu anderen Proteinen transkribiert (5), z. B. zu entzündungsfördernden Zytokinen. Diese werden ins Gewebe abgeschieden (6) und alarmieren die Immunzellen (7), sodass eine Abwehrreaktion in Gang kommt.

Sie dürfen diese Zeichnung gerne in Folien etc. übernehmen, sofern Sie die Quelle angeben: Dr. Andrea Kamphuis, https://autoimmunbuch.de

Die Darmflora der Hadza: die kleinen Helfer der Jäger und Sammler

Notizen noch nicht allgemein verständlich aufbereitet; für Teil 4 (Individualentwicklung Immunsystem) und Teil 5 (Evolution) des Buches:

Schnorr S. L. et al. (2014): Gut microbiome of the Hadza hunter-gatherers. Nature Communications 5: 3654, doi:10.1038/ncomms4654 (Open Access)

Abstract: Erstmals Darmflora ursprünglich lebender Jäger und Sammler analysiert und mit dem Mikrobiom von Italienern sowie Ackerbauern aus Burkina Faso und Malawi verglichen. Mikrobenreichtum und Biodiversität größer als in italienischer Stadtbevölkerung. Einzigartig: keinerlei Bifidobacterium; Unterschiede in der Darmflora von Männern und Frauen; Anreicherung von Prevotella, Treponema und unklassifizierten Bacteroidetes, die vermutlich beim Aufschluss ansonsten unverdaulicher Kohlenhydrate aus der überwiegend pflanzlichen Kost helfen; ungewöhnliche Proportionen bei den Clostridiales.

Intro: In Darmflora in ländlichen Gemeinschaften (wenig Antibiotika und „schlechtere“ Hygiene, unraffinierte, saisonal geprägte Kost) Bacteroidetes und Actinobacteria angereichert; in „westlicher Welt“ Diversität und Stabilität des Darm-Mikrobioms verringert. Wissenslücke: Darmflora von Jägern und Sammlern, obwohl das über 95% unserer Evolution unsere Lebensweise war. Hier: Stuhlproben von 27 Hadza aus zwei Lagern analysiert, die zu den etwa 200-300 letzten traditionell lebenden Hadza gehören – einer der letzten Jäger- und Sammler-Kulturen der Welt. Zwar sind sie moderne Menschen, aber sie leben am Eyasisee im Ostafrikanischen Graben in einer Umwelt, die derjenigen unserer Urahnen sehr ähnelt. Vergleich: Darmflora von 16 erwachsenen Italienern aus Bologna und Daten aus Burkina Faso und Malawi. Hadza und Italiener: selbes mittleres Alter (32 J.).   Weiterlesen

Über- und Unterrepräsentation bakterieller Proteine bei Morbus Crohn

Juste C et al. Bacterial protein signals are associated with Crohn’s disease. Gut Online first, doi:10.1136/gutjnl-2012-303786 (2104)

(Zusammenfassung nur bzgl. der Funktionen der bei M. Crohn über-/unterrepräsentierten Bakterienproteine; deren Verwendbarkeit als qualitative oder gar quantitative diagnostische Marker interessiert mich nicht.)

Abstract: Analyse der bakteriellen Proteine aus dem Darm von Morbus-Crohn-Patienten zeigt: Viele Proteine aus Bacteroides überrepräsentiert (auch im Vergleich zur Zahl der Bacteroides, also echte Überexpression); Funktion: ermöglichen opportunistischen Bakterien Besiedlung der Schleimschichten, Überwindung der Barriere und Schleimhaut-Invasion. Mit der Überexpression der z. T. stark immunogenen Proteine geht eine stärkere IgA-Bedeckung der Bakterienzellen bei Morbus Crohn einher. Unterrepräsentiert (schwach exprimiert) sind v. a. Proteine von Firmicutes und einigen Prevotella-Arten sowie aus unserem eigenen Proteom das Pankreas-Zymogen-Granulamembran-Glykoprotein 2 (oder wie auch immer das auf Deutsch heißen mag), kurz GP2, das normalerweise an Bakterien bindet und so wohl deren Adhäsion am Schleim und damit eine Entzündungsreaktion verhindert.*  Weiterlesen

Schleim: zäh, fesselnd und antibakteriell

Die Schleimstoffe oder Mucine, die von den Becherzellen im Darmepithel abgesondert werden, polymerisieren (= vernetzen sich) im Darmlumen zu einer Matrix.

In die innere Schleimschicht sind antibakterielle Substanzen aus den Epithelzellen eingebettet, die schädliche Bakterien bekämpfen, welche dem Epithel trotz der Zähigkeit des Schleims zu nahe gekommen sind – z. B. das „klebrige“ Lektin RegIIIy und das Peptid α-Defensin, das wegen seiner vielen positiv geladenen und hydrophoben Aminosäuren besonders gern an negativ geladene, cholesterinarme Bakterienmembranen andockt.