Schlagwort-Archive: Treponema

Die Darmflora der Hadza: die kleinen Helfer der Jäger und Sammler

Notizen noch nicht allgemein verständlich aufbereitet; für Teil 4 (Individualentwicklung Immunsystem) und Teil 5 (Evolution) des Buches:

Schnorr S. L. et al. (2014): Gut microbiome of the Hadza hunter-gatherers. Nature Communications 5: 3654, doi:10.1038/ncomms4654 (Open Access)

Abstract: Erstmals Darmflora ursprünglich lebender Jäger und Sammler analysiert und mit dem Mikrobiom von Italienern sowie Ackerbauern aus Burkina Faso und Malawi verglichen. Mikrobenreichtum und Biodiversität größer als in italienischer Stadtbevölkerung. Einzigartig: keinerlei Bifidobacterium; Unterschiede in der Darmflora von Männern und Frauen; Anreicherung von Prevotella, Treponema und unklassifizierten Bacteroidetes, die vermutlich beim Aufschluss ansonsten unverdaulicher Kohlenhydrate aus der überwiegend pflanzlichen Kost helfen; ungewöhnliche Proportionen bei den Clostridiales.

Intro: In Darmflora in ländlichen Gemeinschaften (wenig Antibiotika und „schlechtere“ Hygiene, unraffinierte, saisonal geprägte Kost) Bacteroidetes und Actinobacteria angereichert; in „westlicher Welt“ Diversität und Stabilität des Darm-Mikrobioms verringert. Wissenslücke: Darmflora von Jägern und Sammlern, obwohl das über 95% unserer Evolution unsere Lebensweise war. Hier: Stuhlproben von 27 Hadza aus zwei Lagern analysiert, die zu den etwa 200-300 letzten traditionell lebenden Hadza gehören – einer der letzten Jäger- und Sammler-Kulturen der Welt. Zwar sind sie moderne Menschen, aber sie leben am Eyasisee im Ostafrikanischen Graben in einer Umwelt, die derjenigen unserer Urahnen sehr ähnelt. Vergleich: Darmflora von 16 erwachsenen Italienern aus Bologna und Daten aus Burkina Faso und Malawi. Hadza und Italiener: selbes mittleres Alter (32 J.).   Weiterlesen

Zahnstein-Archiv: Mundflora änderte sich mit industrieller Revolution stärker als mit neolithischer Revolution

Zusammenfassung noch nicht allgemein verständlich aufbereitet:

Adler CA et al. (2913): Sequencing ancient calcified dental plaque shows changes in oral microbiota with dietary shifts of the Neolithic and Industrial revolutions. Nature Genetics 45/4, 450-455, doi:10.1038/ng.2536

Abstract: Zwei der größten Ernährungsumstellungen in der Menschheitsgeschichte: Anpassung an kohlenhydratreiche Kost mit der neolithischen Revolution (Ackerbau) vor etwa 10.000 Jahren und Verbreitung industriell verarbeiteten Mehls und Zuckers um 1850 n. Chr. Die Autoren haben Zahnstein (mineralisierte Plaque) von 34 alten europäischen Skeletten und von 10 Australiern der Gegenwart per 16S-rRNA-Sequenzierung untersucht. Zusammensetzung der Mundflora von Steinzeit bis einschließlich Mittelalter überraschend konstant; erst danach wurden die heute allgegenwärtigen Kariesbakterien dominant. Mundflora-Ökosystem heute deutlich weniger divers als früher, was zu den für postindustrielle Gesellschaften typischen chronischen Erkrankungen (im Mund und im restlichen Körper) beitragen könnte.

Zahnstein entsteht, wenn Plaque, ein sehr dichter bakterieller Biofilm, mit Kalziumphosphat mineralisiert wird. Die Bakterien werden sowohl ober- als auch unterhalb des Zahnfleischsaums schichtweise in kristalliner, knochenähnlicher Matrix eingeschlossen und halten sich in Skeletten sehr gut.   Weiterlesen

Archäogenetik des humanen Mikrobioms

Schnelle Notizen zu vier Artikeln über die DNA-Sequenzierung von altem menschlichem Kot (Koprolithen) und die daraus rekonstruierte Zusammensetzung des Mikrobioms – technisch erst seit zwei, drei Jahren möglich:

Tito R. Y. et al. (2012): Insights from characterizing extinct human gut microbiomes. PLOS ONE (Open Access)

Etwa 8000 Jahre alte Koprolith-Proben aus der Hind Cave („versteinerte“ Kothaufen aus offener Höhle in den südlichen USA): überwiegend unbekannte rDNA-Quellen. Etwa 1600 Jahre alte Proben aus Caserones (Verdauungstrakt natürlicher Mumien, nördliches Chile): ähneln am ehesten Kompost. Etwa 1400 Jahre alte Proben aus Rio Zape (mit Ton bedeckter Abfallhaufen in tiefer, trockener Höhler im nördlichen Mexiko): Großer Anteil ähnelt dem Darm-Mikrobiom aus heutigen bäuerlichen Gemeinschaften; eine der Proben dürfte von einem Kind stammen (kindertypische Darmflora). Außerdem Daten aus den Stuhl-Analysen von Ötzi und einem 1918 verstorbenen und im Gletschereis eingefrorenen österreichischen Soldaten herangezogen. -> Humanmikrobiome aus altem Stuhl – auch vom 1918 verstorbenen Europäer – ähneln viel stärker der Darmflora der Landbevölkerung in Burkina Faso (und zum Teil von nichtmenschlichen Primaten) als jener US-amerikanischer Großstädter -> deutlicher Hinweis, dass der moderne westliche Lebensstil sich in den letzten <100 Jahren stark auf unsere Darmflora ausgewirkt hat.   Weiterlesen