Schlagwort-Archive: Leukozyten

Abb. 96: Knochenmark unter dem Mikroskop


Unter dem Mikroskop fällt im Knochenmark zunächst das Fett (weiße Bereiche) auf. Die vielkernige Zelle links ist ein Megakaryozyt: eine Riesenzelle, von der sich zahlreiche Blutplättchen abschnüren. Die schraffierten kernhaltigen Zellen sind verschiedene weiße Blutkörperchen (Leukozyten) und deren Vorläuferzellen. Unter ihnen finden sich einige vesikelgefüllte Granulozyten, z. B. ganz oben rechts. Die kleinen Zellen mit den runden Kernen sind frühe Vorläufer roter Blutkörperchen (Erythrozyten). Wenn sie ihren Kern verlieren, werden sie zu Retikulozyten, also jungen Erythrozyten. Zwischen den Zellen sehen wir Bindegewebsfasern.

(Vorlage: Tafel 72 aus »Gray’s Anatomy«, 1918)

Sie dürfen diese Zeichnung gerne in Folien etc. übernehmen, sofern Sie die Quelle angeben: Dr. Andrea Kamphuis, https://autoimmunbuch.de

Abb. 95: Immunzellen im Knochenmark

Weiter geht es nach längerer Pause mit den Abbildungen aus Teil 2 von Band 1 (Nutzungsbedingungen).

Die Knochen eines Menschen enthalten etwa 400 Gramm rotes Knochenmark. Davon sind etwa 180 Gramm mit der Produktion roter Blutkörperchen (Erythrozyten) und ebenfalls 180 Gramm mit der Produktion weißer Blutkörperchen (Leukozyten), also Immunzellen, beschäftigt. Die restlichen 40 Gramm stellen Blutplättchen her, die für die Blutgerinnung benötigt werden.

eQTLs: Wie Autoimmun-Risikoallele die Immunreaktion verändern

Schon länger ist bekannt, dass die meisten genetischen Varianten, die das Risiko für Autoimmunerkrankungen erhöhen, gar nicht im abgelesenen Bereich irgendeines Gens liegen, sondern in nicht codierenden, rein regulatorischen DNA-Sequenzen, die das Ausmaß beeinflussen, in dem andere Sequenzen abgelesen werden. Durch sogenannte genome-wide association studies (GWAS) kennen wir Aberhunderte solcher Einzelnukleotid-Polymorphismen (single nucleotide polymorphisms oder SNPs), also Stellen in unserem Genom, an denen bei einem Teil der Menschen eine Nukleobase (A, T, C oder G) durch eine andere ersetzt ist.

Diese winzigen Varianten verändern die Feinstruktur der DNA-Doppelhelix und der Nukleosomen, also der kabelrollenartigen Proteinkomplexe, um die die Doppelhelix gewickelt ist. Dadurch können zum Beispiel andere Proteinkomplexe, die für die Ablesung von Genen, also die Produktion von Messenger-RNA-Strängen verantwortlich sind, besser oder schlechter an die DNA andocken und sich von dort aus an ihren Einsatzort weiterhangeln. Oder die DNA bildet Schleifen, durch die eine aktivierende Sequenz mit einer aktivierbaren Sequenz in Kontakt kommt, usw. Die meisten dieser Regulierungsmechanismen sind noch nicht richtig aufgeklärt.

Bis vor kurzem konnte man auch nicht sagen, welches Gen nun durch einen SNP stärker oder schwächer abgelesen wird als sonst. Es kann das nächste oder übernächste Gen in die eine oder in die andere DNA-Strang-Richtung sein (cis-Regulierung) oder irgendein Gen in großer Entfernung, sogar auf einem anderen Chromosom (trans-Regulierung). Das lässt sich neuerdings durch aufwändige Analysen der sogenannten expression quantitative trait loci – kurz: eQTLs – aufklären. Das sind DNA-Sequenzen, die die Ablesung eines Gens nicht einfach ein- oder ausgeschalten, sondern hoch- oder herunterregulieren – und genau das ist bei vielen Genen des Immunsystems der Fall. (Das quantitative Merkmal ist hier also nicht, wie bei klassischen QTLs, ein kontinuierlich variierendes äußerliches Merkmal wie etwa die Körpergröße, sondern die mRNA-Menge, die bei der Transkription des Zielgens entsteht.)

Die eQTL-Analysen unserer Immunsystem-Gene sind in den letzten Monaten immer genauer geworden: Anfangs hat man untersucht, wie sich SNPs, die statistisch mit Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht wurden, auf die Ablesestärke von Immunsystem-Genen in einem Gemisch aller möglicher weißer Blutkörperchen (Monozyten, T-Zellen, B-Zellen usw.) auswirken. Das ist ungefähr so, als würde man ein Elektroenzephalogramm von einer ganzen Gruppe von Leuten machen und dann aus dem Gewirr von Signalen darauf rückschließen wollen, welche Prozesse in ihren Gehirnen ablaufen (Yao et al. 2014):

eQTL_1_gemischte_Blutzellen_650Als Nächstes hat man einzelne Immunzelltypen aus den Blutproben von gesunden Probanden isoliert und dann beispielsweise die Ablesung bestimmter Immunsystem-Gene in den Monozyten von Europäern mit der Ablesung derselben Gene in den Monozyten von Asiaten verglichen (Raj et al. 2014):

eQTL_2_Monozyten_nicht_angeregt_650

Bei vielen Genen, die man im Verdacht hat, das Risiko für Autoimmunerkrankungen zu beeinflussen, konnte man so allerdings keine großen Unterschiede zwischen den Gruppen entdecken. Das ist kein Wunder, denn die Immunzellen wurden im nicht angeregten Grundzustand untersucht. Immunreaktionen werden aber durch Alarmsignale ausgelöst, zum Beispiel durch die Konfrontation mit Krankheitserregern oder mit Molekülen, die für diese Pathogene typisch sind – etwa Lipopolysaccharide aus Bakterien-Zellwänden.

Also hat man im nächsten Schritt im Rahmen des ImmVar-Projekts bestimmte Zelltypen aus dem Blut unterschiedlicher Probandengruppen isoliert und sie dann mit solchen Gefahrensignalen konfrontiert, um sie zu aktivieren und anschließend ihre Reaktionen zu erfassen (Fairfax et al. 2014, Lee et al. 2014Ye et al. 2014):

eQTL_3_Monozyten_angeregt_650

Und siehe da: Bestimmte Gene werden nach der Aktivierung des entsprechenden Immunzelltyps (hier Monozyten) besonders stark abgelesen, wenn die DNA der Probanden an anderer Stelle einen bestimmten Risiko-Genort enthält.

Dabei gab es bereits einige Überraschungen. Beispielsweise wird die Ablesung von Genen, die die Zellvermehrung von Gedächtnis-T-Zellen steuern, durch die bekannten Risiko-Genorte für wichtige Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes oder rheumatoide Arthritis kaum gesteigert (Hu et al. 2014). Dabei dachte man bisher, diesem Zelltyp käme bei Autoimmunerkrankungen durch seine übermäßige Vermehrung und Aktivierung eine Schlüsselrolle zu.

Knochenmark unter dem Mikroskop

Die Vorlage zu dieser Skizze kennt wohl jeder, der sich in der Wikipedia über das Knochenmark oder die Blutbildung schlau machen wollte: Sie stammt aus Gray’s Anatomy.

Knochenmark_Gray_Kerne_650Unter dem Mikroskop fällt im roten Knochenmark zunächst das Fett (weiße Bereiche) auf. Die vielkernige Zelle links ist ein Megakaryozyt: eine Riesenzelle, von der sich später zahlreiche Blutplättchen (Thrombozyten) abschnüren. Die übrigen schraffierten kernhaltigen Zellen sind verschiedene weiße Blutkörperchen (Leukozyten) und deren Vorläuferzellen. Unter ihnen finden sich einige vesikelgefüllte Granulozyten, z. B. ganz oben rechts. Die kleinen weißen kernhaltigen Zellen sind frühe Vorläufer roter Blutkörperchen (Erythrozyten). Wenn sie ihren Kern verlieren, werden sie zu Retikulozyten, also jungen Erythrozyten. Zwischen den Zellen sehen wir Bindegewebsfasern.

Rotes Knochenmark

Noch eine nachgeholte „langweilige“ Skizze für den Buchteil über den Aufbau des Immunsystems:

P1170225_Statistik_rotes_Knochenmark_650

Die Knochen eines Menschen enthalten zusammen etwa 400 Gramm rotes Knochenmark. Davon sind etwa 180 Gramm mit der Produktion roter Blutkörperchen (Erythrozyten) und ebenfalls 180 Gramm mit der Produktion weißer Blutkörperchen (Leukozyten), also Immunzellen, beschäftigt. Die restlichen 40 Gramm stellen Blutplättchen her, die für die Gerinnung benötigt werden.

Bei Kindern enthalten die Röhrenknochen noch rotes Knochenmark. Bei Erwachsenen ist es durch gelbes Knochenmark ersetzt, das vor allem aus Fettzellen besteht. Bei ihnen stellt daher nur noch das Mark der Schulterblätter und der Beckenknochen Blutzellen her.

Leukozyten-Volkszählung

Und noch eine Grundlagenskizze fürs Buch:

P1150844_Blutzusammensetzung_schwarz2_500Unter den etwa 7400 Leukozyten (weißen Blutkörperchen) in einem MilliMikroliter Blut eines gesunden Menschen sind ungefähr 2500 Lymphozyten.

Von diesen wiederum sind etwa 46% T-Helferzellen, 19% zytotoxische T-Zellen, 7% natürliche Killerzellen, 5% γδ-T-Zellen und 23% B-Zellen.

Einige Leukozytentypen wie die dendritischen Zellen kommen im Blut kaum vor, da sie nach ihrer Entstehung gleich ins Gewebe einwandern und dort bleiben.

Die roten Blutkörperchen oder Erythrozyten und die Blutplättchen oder Thrombozyten sind viel zahlreicher als die Leukozyten.

(All diese Werte haben auch bei Gesunden eine große Spannbreite; Abweichungen von den hier genannten Zahlen sind noch kein Grund zur Sorge.)

Veränderungen peripherer mononukleärer Blutzellen: Indizien für Autoimmunstörung bei idiopathischer peripherer Fazialislähmung

Stefan S. Kassner et al.: Changes in Peripheral Blood Mononuclear Cells – Novel Evidence for an Immunomodulatory Aspect in Bell’s Palsy? Journal of Neurology Research, Vol. 2, No. 3, Jun 2012; doi:10.4021/jnr108w

Abstract: Früheren Studien zufolge ist bei Patienten mit Bell’s palsy (BP) die Zahl der T- und B-Lymphozyten signifikant verringert. Als mögliche Ursachen der Erkrankung gelten Vireninfektionen und Autoimmunprozesse. In dieser Studie wurden die peripheren mononukleären Blutzellen (PBMCs) von 15 BP-Patienten anhand ihrer Oberflächenmarker (CD) genauer charakterisiert: Bei den Monozyten (= Makrophagenvorläuferzellen, CD14+), Makrophagen (CD68+), T-Lymphozyten (CD3+) und B-Lymphozyten (CD19+) wurde der Anteil der Zellen sowie die Expression entzündungsfördernder (CD40+, TNF-α und COX-2), apoptosefördernder (Caspase-3, PARP), adhäsionsfördernder (CD38+) und mit oxidativem Stress verbundener (MnSOD) Proteine gemessen. Die Ergebnisse deuten auf eine Beteiligung des Immunsystems an Bell’s palsy hin.

Einleitung: Der Mangel an antikörperproduzierenden CD19+-B-Zellen bei BP-Patienten wird in der Literatur als mögliche Unrsache für den Krankheitsausbruch oder -fortgang diskutiert, weil dadurch womöglich neurotrope Viren (ihre DNA und/oder ihre Hüllen) nicht mehr effizient aus den infizierten Nerven entfernt werden können. HSV-1-DNA (Herpes simplex) wurde in der Nervenflüssigkeit und im Speichel von BP-Patienten nachgewiesen. Im Tiermodell ließ sich BP durch HSV-1-Reaktivierung im Verbund mit Immunsuppression auslösen.   Weiterlesen

Größenordnungen

Übersichtsskizze fürs Buch: Wie viele Bakterien, menschliche Zellen, Nervenzellen und weiße Blutkörperchen enthält ein Mensch ungefähr?

Das sog. Bauchhirn besteht aus etwa 100 Millionen Nervenzellen; es ist nach dem Gehirn mit seinen 100 Milliarden bis 1 Billion Nervenzellen das größte Nervengeflecht im Körper.

Von unseren weißen Blutkörperchen halten sich etwa zwei Drittel im bzw. am Verdauungstrakt auf – so wichtig ist das Darm-Immunsytem. Und als wäre das Immunsystem nicht schon komplex genug, ist es hier auch noch mit den beiden anderen großen Signalsystemen des Körpers, dem Hormonsystem und dem Nervensystem, eng verknüpft.