Archiv der Kategorie: Allgemein

Der kanonische NF-κB-Signalweg

So dröges Zeug muss halt auch mal sein: einer der wichtigsten entzündungsfördernden Signalwege in vielen Immunzellen; nähere Erläuterungen folgen im Buch.

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1  Ein TRAF (TNF-Rezeptor-assoziierter Faktor) wurde an der Innenseite eines Rezeptors in der Zellmembran aktiviert und löst den weiteren Signalweg aus.

2  Er ubiquitiniert IKKγ im IKK-Komplex, der daraufhin seine Gestalt ändert. (Bei der Ubiquitinierung wird einem Protein das Protein Ubiquitin angeheftet, wodurch es zum Abbau freigegeben wird.)

3  Die Kinase IKKβ löst sich von IKKα und IKKγ.

4  IKKβ kann nun durch eine andere Kinase phosphoryliert und damit aktiviert werden.

5  Der Transkriptionsfaktor NF-κB (ein Heterodimer) ist noch an den Inhibitor IκBα gebunden. Aber jetzt phosphoryliert die aktivierte Kinase IKKβ den Inhibitor doppelt, …

6  … woraufhin er auch noch ubiquitiniert und damit zum Abbau freigegeben wird.

7  Der Komplex zerfällt: Der Inhibitor wandert in ein Proteasom und wird zerlegt.

8  Der Transkriptionsfaktor NF-κB ist befreit und kann durch eine Kernpore in den Zellkern einwandern.

9  Im Zellkern lagern sich ein Koaktivator und das Enzym RNA-Polymerase mit dem Transkriptionsfaktor zusammen.

10  Der Komplex dockt am Promotor des abzulesenden Gens an und startet dessen Transkription, also die Erzeugung einer Messenger- oder mRNA, die die Informationen für die Synthese eines Proteins (z. B. eines entzündungsfördernden Zytokins) enthält.

Die mRNA wandert anschließend ins Zytoplasma, wo sie als Vorlage für die Proteinsynthese (Translation) dient.

Vorlagen: Wikipedia und Abbas, 7. Auflage, Abb. 7.26

Sotschi-Special: Signalketten

Extrazelluläre Signale wie Zytokine, die auf eine Infektion hinweisen, werden von Rezeptoren in den Membranen der Immunzellen wahrgenommen und in den Zellen zum Beispiel durch Enzymkaskaden weitergegeben:

P1170880_Signalkette_Kinasen_Phosphatase_01okmP1170880_Signalkette_Kinasen_Phosphatase_02okmEine Kinase wird durch Übernahme einer Phosphatgruppe (Flamme/Fackel) aktiviert, sie aktiviert ihrerseits die nächste Kinase usw. (Weitergabe der Fackel):

P1170880_Signalkette_Kinasen_Phosphatase_03okmP1170880_Signalkette_Kinasen_Phosphatase_04okmAuch Phosphatasen können sich an solchen Signalketten beteiligen, indem sie beispielsweise einem Inhibitor (Verkehrspolizist) eine Phosphatgruppe abnehmen und ihn dadurch ausschalten:

P1170880_Signalkette_Kinasen_Phosphatase_05okmAm Ende erreicht das Signal zum Beispiel ein Chromosom im Zellkern, woraufhin bestimmte Gene abgelesen werden, deren Produkte dann etwa an einer Abwehrreaktion beteiligt sind:

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Kurze Durchsage zu meinen Kommentarfreischaltungskriterien

Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass ich nicht jeden Kommentar freischalte, der in diesem Blog eingeht.

Als Naturwissenschaftlerin und Anhängerin der evidenzbasierten Medizin verzichte ich insbesondere auf die Freischaltung von Beiträgen, die zu Webpräsenzen führen, auf denen nicht evidenzbasierte Produkte beworben oder extreme Außenseiter-Hypothesen vertreten werden.

Vielen Dank für Ihr Verständnis. Ach, eigentlich ist mir das Verständnis der Betroffenen egal.

Neue Literatur bis einschließlich Dezember 2013, Teil 2

Weiter geht’s mit der Ausbeute der aufgelaufenen Wissenschafts-Newsletter. T1-T5 sind die Buchteile, für die der Artikel jeweils relevant sein könnte (T1 Einführung, T2 Grundlagen Immunsystem, T3 Ablauf [Auto]Immunrekation, T4 Entwicklung Immunsystem von der Zeugung bis ins Alter, T5 Evolution Immunsystem).

How HIV Destroys Immune Cells T3

Dogs, Dust Microbes, and Allergies T4, T5 (Koevolution Immunsystem – Mikrobiom)

Nishikawa H et al. (2013): Sex differences in the protection of host immune systems by a polyembryonic parasitoid (Abstract) T3, T5

Kallio ER et al. (2013): Maternal antibodies contribute to sex-based difference in hantavirus transmission dynamics (Abstact) T4

Bolte S et al. (2913): Specific immune priming in the invasive ctenophore Mnemiopsis leidyi (Abstract) T5

Rosengaus RB et al. (2013): Immune-priming in ant larvae: social immunity does not undermine individual immunity (Abstract) T3, T5

McFall-Ngai M et al. (2913): Animals in a bacterial world, a new imperative for the life sciences (Open Access) T4, T5 (Mikrobiom)

Zuk M, Borrello ME (2103): Parasites and altruism: converging roads (Open Access) T5

Potlukova, Eliska, et al. (2013): Association between Low Levels of Mannan-Binding Lectin and Markers of Autoimmune Thyroid Disease in Pregnancy (Open Access) T3, T4

Choi YM et al. (2013): Low Levels of Serum Vitamin D3 are Associated with Autoimmune Thyroid Disease in Pre-Menopausal Women (Abstract) T3, T4

Miskinyte M et al. (2013): The Genetic Basis of Escherichia coli Pathoadaptation to Macrophages (Open Access) T3, T5
Dazu auch How Bacteria Evade the Immune System

David LA et al. (2013): Diet rapidly and reproducibly alters the human gut microbiome (Abstract) T4, T5
Dazu auch Gut Bacteria Vary with Diet

Probst AJ et al. (2013): Archaea on Human Skin (Open Access) T4, T5
Dazu auch Neue Mitbewohner auf der menschlichen Haut entdeckt

Ristori G et al. (2103): Effects of Bacille Calmette-Guérin after the first demyelinating event in the CNS (Abstract)  T3
Dazu auch TB Vaccine Protects Against MS

Hsiao EY et al. (2013): Microbiota Modulate Behavioral and Physiological Abnormalities Associated with Neurodevelopmental Disorders (Open Access) T4
Dazu auch Gut Microbes and Autism

Joseph CG et al. (2013): Association of the Autoimmune Disease Scleroderma with an Immunologic Response to Cancer (Abstract) T3
Dazu auch A Cancer Culprit in Autoimmunity

„Kleine graue Wolke“ beim Virenschleuder-Preis

Ich muss zugeben: Online-Votings, bei denen letzten Endes diejenigen das Rennen machen, die ohnehin schon den größten Fankreis haben und diesen irgendwie (und sei es durch Nerverei) zum Klicken bewegen, üben auf mich keinen Reiz aus. So geht es mir mittlerweile auch mit dem Virenschleuder-Preis, bei dem zwar eine Jury die Sieger in den drei Kategorien kürt, die Shortlists aber zuvor durch ein Voting ermittelt werden.

Außerdem verstehe ich nicht, wozu dieses 1-bis-10-Sterne-System gut sein soll: Wenn ich ein Projekt mit „nur“ einem Stern bewerte, schade ich ihm dann? Oder ist ein Stern allemal besser als gar keine Stimme? Na, egal: Ich habe meine Wahl getroffen. Und da es eben nicht nur um „Beliebtheit“ gehen sollte, habe ich für Projekte gestimmt, die ich gesellschaftlich wichtig bzw. sinnvoll finde. Dazu zählt auf jeden Fall der Dokumentarfilm „Kleine graue Wolke“, den Sabine Volgmann dreht: Es geht um Multiple Sklerose und darum, was diese Diagnose mit ihr gemacht hat.

Mich persönlich spricht der Film – offen gestanden – nicht besonders an. Ich gehöre irgendwie nicht zur Zielgruppe: Ich packe das Thema Autoimmunerkrankungen lieber nüchtern-naturwissenschaftlich an; das tut mir gut; dabei lerne ich was. Aber das tut der Unterstützungswürdigkeit des Projekts natürlich keinen Abbruch! Mir ist schon klar, dass ich mit meinem Ansatz zu einer schrulligen Minderheit gehöre. 😉

Wenn ich das richtig verstanden habe, kann man noch bis morgen (25.09.) abstimmen. Vielleicht auch noch länger, denn die Deadline 25.09. gilt eigentlich für die Einreichungen.* Also: Hier geht es zur „Kleinen grauen Wolke„.

* Update: Initiator Leander Wattig bestätigt auf Facebook, dass das Voting noch länger läuft. Trotzdem: besser gleich abstimmen, bevor man es vergisst.

 

„Der Japaner“

Zeit für ein Geständnis: Ich lese zwar passiv in einigen Foren von PatientInnen mit Hashimoto-Thyreoiditis mit und bin auch froh, dass es solche Foren gibt. Aber mit dem dort vorherrschenden Diskussionsstil, den ich als unsachlich und unstrukturiert empfinde, und mit dem teils unreflektierten, teils auch geschäftsmäßigen Anpreisen fragwürdiger alternativer Therapien bin ich nie warm geworden.

Was mich dabei mindestens ebenso abstößt wie Verniedlichungsformen („Hallöchen, liebe Hashis!“), ist die Bezeichnung unserer Erkrankung als „der Japaner“: „Der Japaner in meinem Hals macht mich gerade wieder fertig“ und so weiter. Der Pathologe Hakaru Hashimoto hat die Erkrankung 1912 in einem wissenschaftlichen Aufsatz erstmals korrekt beschrieben. Seien wir ihm doch bitte dankbar dafür.

Stop Watching Us: Ich habe viel zu verbergen

Es wird mal wieder Zeit für einen Beitrag, der auf den ersten Blick nicht ins Autoimmunbuch-Blog passen mag. Obwohl ich gerade mit Schreiben ganz gut vorankomme und gerne „im Fluss“ geblieben wäre, habe ich mich am Samstag trotz der Hitze an der Kölner #StopWatchingUs-Demonstration beteiligt. Mein kleines Plakat hat es dank @boydroid sogar in den Artikel des Kölner Stadt-Anzeigers geschafft: StopWatchingUsMit etwa 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war die Protestveranstaltung recht überschaubar – was wohl nicht nur an der Hitze lag, sondern auch an einer gewissen Resignation eines Teils der Bevölkerung und Gleichgültigkeit oder gar Zustimmung zur verdachtsunabhängigen Massenüberwachung bei einem anderen Teil. Immer wieder begegnen einem Schulterzucken, vermeintliche Abgeklärtheit („Hab ich schon lange gewusst!“), unangemessene Vergleiche zwischen freiwilliger Datenpreisgabe in den Social Media auf der einen und geheimdienstlicher Datenschnüffelei auf der anderen Seite, vage Verweise auf durch Geheimdienstaktivitäten verhinderte Attentate und allerlei Spielarten des Spruchs „Wir haben doch nichts zu verbergen“. So wird der Protest gegen die flächendeckende Kommunikationsüberwachung mit dem Hinweis ins Lächerliche gezogen, für den langweiligen Kram, den die Überwachungsgegner in ihren E-Mails und SMS schrieben, interessiere sich sowieso kein Dienst.  Weiterlesen

Chemische Formeln sind Kassengift

Das habe ich mir jedenfalls gerade anhören müssen. 🙂 Dennoch eine neue Skizze fürs Buch: die Code-Sonne, die zeigt, welches Basentriplett bei der Translation in welche Aminosäure übersetzt wird. Für zwei der 20 natürlichen Aminosäuren sind auch die Strukturformeln zu sehen. Rechts in den Strukturformeln der bei allen Aminosäuren identische Teil. Durch Verbindung der Aminogruppe (NH2) einer Aminosäure mit der Hydroxygruppe (OH) des Säurerests der nächsten Aminosäure entstehen unter Wasserabscheidung Peptide; der rechte Teil wird also zum Grundgerüst der Polypeptidkette. Links der variable Rest: die Seitenkette der Aminosäure, die mal kleiner, mal (wie hier) größer ausfällt und entweder hydrophil oder hydrophob sein kann.

P1120583_Codesonne_neu_650Die Dastellung ist unorthodox: Ich habe alles nach der zweiten (mittleren) Base der Tripletts sortiert und nicht nach der ersten (in der Sonne ganz  innen). So erkennt man, dass immer dann, wenn die mittlere Base ein U ist, eine Aminosäure mit hydrophober/apolarer Seitenkette in das Polypeptid eingebaut wird. Wenn in der Mitte des Tripletts dagegen die komplementäre Base, das A, steht, werden überwiegend Aminosäuren mit hydrophiler/polarer Seitenkette eingebaut. Die dritte Base des Tripletts ist in vielen Fällen unbedeutend; egal, ob dort A, U, C oder G steht – in das Polypeptid wird dieselbe Aminoäsure eingebaut.

Einer (Außenseiter-)Hypothese zufolge ist die Polaritätssortierung anhand der mittleren Base kein Zufall: Wenn beide DNA-Stränge in Gegenrichtung, aber im selben Raster abgelesen werden, sodass immer dann, wenn auf einem Strang ein A in der Mitte eines Tripletts steht, auf dem Gegenstrang ein T in der Mitte steht (das dem U auf der mRNA entspricht), entstehen zwei Polypeptide, die komplementäre Verteilungen hydrophiler und hydrophober Aminosäuren aufweisen. Diese beiden Polypeptide sollen sich dann auch komplementär zusammenfalten: Hydrophile Aminosäuren landen im wässrigen innerzellulären Milieu an der Oberfläche der Proteine und bilden dort Ausstülpungen (maximale Berührungsfläche mit dem Wasser), während hydrophobe Aminosäuren sich eher vom wässrigen Zytoplasma zurückziehen und Einstülpungen bilden (minimale Wechselwirkung mit dem Wasser). Diese beiden Proteine würden dann wie Puzzlestücke aneinanderpassen. Solche Proteinpaare könnten z. B. in den Regulierungsnetzwerken des Immunsystems eine Rolle spielen und evtl. auch an Autoimmunerkrankungen beteiligt sein.