Tregs: Der verspätete Nobelpreis

Ende November stellte mir Rebekka bei Mastodon eine Frage: „Wasn’t this [regulatory T-cells] discovered years ago, and according to my knowledge the Nobel Price is one that is awarded for current achievements?“ Ich habe sie vertrösten müssen, weil ich da aufgrund des Makula-Ödems nach der Netzhaut-Operation noch schlechter am Bildschirm arbeiten konnte als heute. Das Ödem ist m. E. nicht schwächer geworden, aber das Gehirn kann die Verzerrungen mittlerweile wohl etwas besser verarbeiten oder ausblenden. Daher schreib ich noch schnell auf, was ich dazu sagen wollte.

Zufällig sehe ich gerade, dass heute das Video mit den Lectures der drei Preisträger*innen des diesjährigen Nobelpreises für Medizin und Physiologie veröffentlicht wurde. Ich habe es noch nicht angesehen, bette es hier aber ein. Alle drei – Shimon Sakaguchi, Mary E. Brunkow und Fred Ramsdell – kommen nacheinander zur Sprache, und die Abfolge ihrer Vorträge verdeutlicht m. E. gut, was hier geschehen ist:

Rebekka hat recht, dass der Preis nach dem Willen von Alfred Nobel „denen zugeteilt werden [sollte], die im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen geleistet haben“. Das mag um 1900 herum noch funktioniert haben, aber der moderne Wissenschaftsbetrieb funktioniert schon lange nicht mehr so, dass man einen Durchbruch einer einzelnen Person und einem bestimmten Jahr zuordnen könnte. Vielmehr entsteht oft aus Pionierleistungen und zahlreichen Mini-Durchbrüchen vieler Forschungsgruppen über Jahre und Jahrzehnte hinweg ein Gebilde, das irgendwann insgeamt als preiswürdig erscheint.

Bei den Tregs hat es allerdings wirklich verdammt lange gedauert: Bekannt sind sie seit den 1970er-Jahren, ihre wichtigsten Marker wurden in den 1990ern identifiziert. Ich habe im März 2011 zum ersten Mal über regulatorische T-Zellen geschrieben – unfassbar, wie lang das her ist. Mein Eindruck ist: Ihre Bedeutung wurde von vielen Immunolog*innen und Mediziner*innen anfangs angezweifelt, teils sogar abgestritten, dann heruntergespielt und schließlich immer stärker anerkannt. Dass es keinen Nobelpreis für einen Durchbruch rund um Tregs gab, wurde irgendwann peinlich.

Heute stehen Tregs an der Schwelle zur klinischen Anwendung bei wichtigen Erkrankungen, die sich durch überschießende Immunreaktionen auszeichnen. Der proof of concept ist erbracht, einige wenige klinische Studien laufen bereits. Da hat man sich wohl gedacht: eine gute zweite Chance, den Preis jetzt zu vergeben – und zwar an drei Personen, die für alle Phasen von der konzeptuellen Pionierarbeit bis zur Anbahnung der Anwendung stehen.

Wie die Treg-Forschung von ihren Anfängen bis heute verlaufen ist, wir in dem Aufsatz „Scientific background 2025. Immune tolerance: The identification of regulatory T cells and FOXP3“ (PDF) zusammengefasst, der auf der Website der Nobelversammlung des Karolinska-Instituts veröffentlicht wurde. Empfehlen kann ich auch den Artikel „Nobelpreis für die Entdeckung der wichtigsten Wächter des Immunsystems„, den Ulrike Gebhardt drüben bei den Riffreportern veröffentlicht hat.

Strukturformel des künstlichen Steroidhormons Dexamethason

Steroid-Responder

Dieser Beitrag wird persönlich und am Ende auch emotional. Die medizinischen Sachverhalte erkläre ich nur oberflächlich und nur dort, wo es mir für das Verständnis notwendig erscheint. In nächster Zeit wird es vermutlich auch wieder sachlich-wissenschaftliche Artikel geben, in denen ich zumindest auf einen Aspekt genauer eingehe. Denn durch einen dieser irren Zufälle, die das Leben für uns bereithält, habe ich mich in den Wochen unmittelbar vor den hier geschilderten Vorgängen intensiv mit dem Wirkmechanismus von Glucocorticoiden beschäftigt.

Am 12. November, einem normalen Arbeitstag im Institut, hatte ich nachmittags eine Netzhautablösung. Ich kam aus einer Besprechung, und von jetzt auf gleich erschien im rechten Gesichtsfeld ein dunkelgrauer Viertel-, später dann Drittelkreis, das heißt: Der Bereich, in dem ich nichts mehr sah, wurde rasch größer. Ich erkannte sofort, was los war, da sich meine Netzhautablösung am anderen, linken Auge vor knapp 14 Jahren durch einen ähnlichen Ausfall bemerkbar gemacht hatte. Wie damals sah ich auch diesmal keine Lichtblitze, von denen ja immer die Rede ist als Alarmsignal. Ich bin noch fünf Minuten an die frische Luft gegangen, um auszuschließen, dass einfach mein Kreislauf schlapp gemacht hatte. Als sich die Sicht nicht besserte, brach ich rasch auf, denn eine Netzhautablösung ist ein Notfall, der eine sofortige Reaktion erfordert.

Durch eine veraltete Angabe auf der Website meiner Augenpraxis habe ich mich erst dorthin begeben, um meine Vermutung überprüfen zu lassen. Ich stand vor verschlossener Tür. Gerade habe ich noch einmal nachgesehen: Die falschen Öffnungszeiten stehen immer noch auf der Website, obwohl ich die Praxis sowohl per SMS als auch per Mail auf den Fehler aufmerksam gemacht habe. Also weiter nach Hause, mit der beschissenen Praxis-KI telefoniert und diese angebrüllt, weil sie die Option „Notfall“ nicht vorsieht und mich nicht zu einem Menschen durchstellen konnte, obwohl der Praxisverbund angeblich noch einige Stunden erreichbar sein sollte. Aufgelegt, den Dienst-Laptop ausgepackt, das L-Thyroxin, die Zahnbürste, das Ladekabel und noch ein paar Kleinigkeiten in den Rucksack geworfen, ein Taxi bestellt und mich zur Notaufnahme der Uni-Augenklinik fahren lassen. (Als ich gerade mit dem Taxiunternehmen sprach, versuchte wohl tatsächlich jemand vom Praxisverbund, mich zurückzurufen – zu spät. Als ich im Taxi saß, schickte man mir eine SMS mit der dringenden Empfehlung, mich zur Uni-Klinik zu begeben. Ach.)

Dort das übliche, langwierige, mehrschrittige Aufnahmeverfahren: zentrale Anmeldung, dann (eine Neuerung gegenüber Anfang 2012!) eine Etage tiefer in eine unabhängige Augenarztpraxis, die die Triage vornimmt. Weittropfen, warten, der Arzt kam, ich war als Erste dran, er hatte zwei Botschaften für mich. Erstens ein Lob: Gut, dass Sie so schnell reagiert haben! Zweitens: Ja, das ist eine Netzhautablösung. Überweisung in die eigentliche Uni-Augenklinik. Dort weitere Tropfen, Augendruckmessung, eine weitere Untersuchung, die die Netzhautablösung bestätigte, Ausfüllen eines Selbstauskunftbogens, stationäre Aufnahme. Gespräch mit einer Ärztin, am nächsten Tag sollte ich operiert werden.

Sowohl im Sebstauskunftbogen als auch mündlich wies ich auf meine Glucocorticoid-Unverträglichkeit hin, die sich 2021 nach meiner zweiten Katarakt-Operation gezeigt hatte: Die steroidhormon- bzw. glucocorticoidhaltigen Tropfen, die man mir verschrieben hatte, um eine Entzündung des operierten Auges zu verhindern, ließ nach einigen Wochen meinen Augeninnendruck in sehr ungesunde Höhen steigen. Die Tropfen wurden abgesetzt, der Druck wurde medikamentös gesenkt und in den folgenden Monaten und Jahren immer wieder überwacht – erst engmaschig, nach seiner Normalisierung noch alle sechs Monate. Denn ein zu hoher Augeninnendruck schädigt über kurz oder lang den Sehnerv, was zur Erblindung führen kann. Eine solche Reaktion auf Glucocorticoid-haltige Augentropfen wird als Steroid-Glaukom bezeichnet; sie tritt bei etwa jeder 20. Person auf. Diese Menschen nennt man Steroid-Responder. Warum das so ist und warum 95 Prozent der Bevölkerung bei identischer Behandlung von diesem Effekt verschont bleiben, ist unbekannt.

Den Ärzt*innen und Pfleger*innen war diesmal, 2025, also im Prinzip bekannt, was Glucocorticoid-Tropfen in diesem Auge angerichtet hatten. Oder: Es hätte ihnen bekannt sein müssen, wenn sie meine mehrfachen Hinweise ernst genommen hätten. Die Operation verlief normal, abgesehen davon, dass man (wie übrigens auch bei der Star-Operation 2021) ein kleines Blutgefäß getroffen hatte, sodass meine Sklera hinterher blutrot war. Am Tag nach der Operation erhielt ich erstmals Tropfen, und zwar (wie ich jetzt weiß) solche mit dem stärksten Glucocorticoid überhaupt: Dexamethason. Je stärker das Glucocorticoid, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass ein Steroid-Glaukom auftritt. Erneut wies ich auf den Vorfall 2021 hin, aber es hieß: Egal, das wirkt am besten, wir versuchen es damit.

Bei den Messungen in der Klinik und auch bei den beiden ersten Kontrollterminen bei einer niedergelassenen Ärztin in der Woche nach meiner Entlassung war der Augeninnendruck tatsächlich normal. Wie ich inzwischen weiß: kein Wunder, denn nach Beginn der Glucocorticoid-Behandlung dauert es oft Wochen, manchmal Monate, bis der Druck entgleist. Da darf man sich nicht zu früh in Sicherheit wiegen. Genau das ist aber geschehen: Zwischen dem zweiten und dritten Verlaufskontrolltermin in der Praxis lagen 13 Tage, fast zwei Wochen. Und in dieser Zeit – in der ich weiterhin viermal täglich die Glucocorticoid-Tropfen applizierte, außerdem abends eine Salbe mit demselben Wirkstoff – ist es passiert: Der Druck ist völlig entgleist.

Ich merkte davon lange nichts; anders als viele andere Betroffene hatte ich keine Schmerzen. Erst kurz vor dem dritten Kontrolltermin kam es vor, dass mir beim Aufstehen aus dem Sitzen schwarz vorm rechten Auge wurde – komplett, im gesamten Gesichtsfeld, für ein oder zwei Sekunden. Zwei Tage vor der Kontrolle geschah es zum ersten Mal, am nächsten Tag zwei- oder dreimal, beim Kontrolltermin selbst im Wartezimmer noch einmal. Der Sehnerv fuhr durch die abrupte Druckänderung beim Aufstehen kurz komplett herunter; danach war wieder alles „gut“. Die Messungen mit zwei verschiedenen Methoden ergaben dann am Donnerstagmorgen einen Augeninnendruck von 50 mm Hg: ein exorbitant hoher, äußerst gefährlicher Wert, der umgehend durch die Gabe sowohl von Tropfen (BRIMO-Vision sine) als auch einer Tablette (Glaupax) gesenkt werden musste. Einige Stunden später wurde ich erneut vorstellig; der Wert lag da bei 30 mm Hg: Die Medikation wirkte also, reichte aber noch nicht. Abends sollte ich einmalig erneut eine halbe Glaupax nehmen. Die Glucocorticoid-Tropfen wurden selbstverständlich sofort abgesetzt.

Am folgenden Tag, vorgestern, wurde der Druck erneut zweimal gemessen. Morgens war er noch zu hoch, am frühen Nachmittag lag er bei 20, also im Normalbereich, der bis etwa 21 mm Hg reicht. Gestern wurde der Druck in einer anderen Filiale der Augenpraxiskette, die auch am Samstag Patienten empfängt, zu 21 im betroffenen rechten und 20 im linken Auge bestimmt. Das sieht doch ganz gut aus. Dennoch werde ich BRIMO-Vision sine wohl noch eine Weile weiter zweimal täglich tropfen müssen – zusätzlich zu einem anderen Tropfen, mit dem ich mittags das Makula-Ödem bekämpfe, eine weitere postoperative Komplikation, die zu stark verzerrtem, verkleinerten und unscharfen Sehen führt und schon für sich genommen ziemlich lästig und beängstigend sein kann. Und dann ist die Frage, wie sich der Augeninnendruck entwickelt, sobald ich BRIMO-Vision sine absetzen darf. Und wie es um die Netzhaut steht, denn die kann erst per Ophthalmoskopie untersucht werden, wenn die Glaukom-Gefahr gebannt ist.

Das alles klingt vermutlich arg genervt, aber doch noch sachlich. Ich rationalisiere im Allgemeinen ganz ordentlich, lade mir medizinische Fachlieratur zu den Erkrankungen und Fachinfos zu den Medikamenten herunter, höre Hörbücher und Podcasts, schlage mit Spaziergängen im Zoo und im Veedel die Zeit tot, soweit das dunkle, regnerische Wetter es zulässt. Bis gestern war ich zwar energielos, sauer und traurig, aber alles hielt sich im Rahmen. Letzte Nacht jedoch hatte ich einen Albtraum, aus dem ich hochschreckte, und dann überrollte mich die Angst vorm Erblinden. Dem linken Auge geht es nämlich auch nicht gut; es zeigt Anzeichen von Überlastung oder aber … hm … Netzhaut-Problemen. Bitte nicht auch das noch, nicht schon wieder.

Lesen und schreiben kann ich seit dem 12. November nur wenig, radfahren überhaupt nicht. Für meine Psyche ist der Mangel an Gedankenfutter, an intellektueller Betätigung – sei es auf der Arbeit oder privat, etwa in Sachen Autoimmunbuch – fatal, gerade in Kombination mit der Dunkelheit da draußen und dem Mangel an körperlicher Betätigung. Denn selbst wenn das Makula-Ödem nicht wäre und ich wieder ordentlich räumlich sehen könnte, müsste ich alles vermeiden, was den Augeninnendruck hochtreiben kann: bücken, heben, aber auch radfahren oder Yoga oder Gymnastik machen. Trotz Vitamin D spüre ich, wie mir die saisonale Depression, die mich im vorigen Winter vollständig verschont hat, auf die Schulter klopft.

Und ich bin wirklich sauer, eher auf das Gesundheitssystem als auf einzelne Personen. Sowohl in der Klinik als auch in der Praxis arbeiten freundliche, engagierte Menschen, die sich um ihre Patientinnen und Patienten bemühen. Aber im Stress, in der Rödelei gehen offenbar selbst so deutliche Warnhinweise, wie ich sie gegeben habe, komplett unter. Wie kann das sein? Warum hat meine jetzige Ärztin keinen automatischen Zugriff auf meine Patientenakte in der anderen Filiale desselben Praxisverbunds, in die 2021 klipp und klar eingetragen wurde: „V. a. Steroid-Responder“? Warum lagen zwischen zwei Kontrollterminen 13 Tage, mitten in dem Zeitfenster, in dem eine Augeninnendruck-Entgleisung bei einem „High responder“ wie mir typischerweise auftritt? Muss ich jetzt wirklich meine ePA aktivieren, der ich mich bisher aus den bekannten Datenschutz-Gründen verweigert habe? Hätte das überhaupt etwas geändert? Muss ich mir „Steroid-Responder!“ auf die Stirn tätowieren lassen, um mein Augenlicht beim nächsten Mal nicht komplett einzubüßen?

Vor allem: Hat der Sehnerv, hat die Makula, haben die Netzhäute diesen Clusterfuck im Großen und Ganzen gut überstanden? Wird alles wieder gut? Ich werde berichten. Am Dienstag ist der nächste Kontrolltermin.

Aufruf zur Gründung einer Willkommensinitiative Neustadt-Nord

"Refugees welcome"-Logo mit drei nach links laufenden Silhouetten vor gelbem HintergrundDas Schöne am eigenen Blog: Man kann einfach schreiben, was man will. Heute ist es wieder Zeit für etwas, das mit Autoimmunerkrankungen oder der Evolution des Immunsystems nichts zu tun hat. Das hier geht an meine Nachbar*innen im Kölner Agnesviertel, im Gerichtsviertel und im Villenviertel in der Neustadt-Nord:

Im Lauf des Jahres 2026 soll die Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) für Geflüchtete in der ehemaligen Oberfinanzdirektion in Köln bezogen werden, direkt gegenüber der Katholischen Hochschule in der Wörthstraße und in Sichtweite des Gerichtspalasts am Reichenspergerplatz. Seit längerer Zeit – und erst recht jetzt im Kommunalwahlkampf – dominieren nach meiner Wahrnehmung abwertende, teils bedenklich populistische Positionen zu dieser Einrichtung die Stimmung in unseren Vierteln und darüber hinaus.

Diesen Unkenrufen möchte ich etwas entgegensetzen. Da ich bislang keine Willkommensinititative o. ä. finden konnte, möchte ich eine solche anstoßen. Diese Initiative sollte bis zum Erstbezug über die Pläne aufklären, um den Menschen die geschürten Ängste zu nehmen, und nach dem Erstbezug in Abstimmung mit dem Umfeldmanagement der EAE ehrenamtliche Aufgaben übernehmen bzw. koordinieren, etwa Führungen durch das Viertel, Picknicks oder Hilfe beim spielerischen Spracherwerb. (Da die meisten Menschen nur wenige Wochen in der EAE bleiben werden, sind langfristige, strukturierte Lernprogramme hier vermutlich fehl am Platze.)

Noch stehe ich am Anfang meiner Überlegungen. Die Anwohner-Kontaktadresse für die EAE bei der Bezirksregierung Köln, die Katho und ihre Studierendenvertretung sowie einige wenige Personen und Gruppen hier in der Nachbarschaft habe ich schon angeschrieben. Aber ich bin nicht besonders gut vernetzt im Viertel und freue mich über Unterstützung, in welcher Form und welchem Umfang auch immer.

Bitte meldet euch / melden Sie sich unter kontakt@ak-text.de. Merci!

Zum Weiterlesen: Informationen der Bezirksregierung Köln (PDF, Stand 6.8.2025)

Mensch, Maus, Tomate: verblüffende Unterschiede und Parallelen in der Regulierung von Entzündungen

Interleukin-1 (IL-1) ist ein proinflammatorisches Cytokin, also ein Botenstoff, der Entzündungsreaktionen auslöst oder fördert. Er wird in allen möglichen Zellen unseres Körpers produziert und liegt zunächst als inaktive Vorform im Zytoplasma, also im Zellinneren vor. Erst wenn die Zelle ein Alarmsignal an ihre Umgebung aussenden will, etwa weil sie eine Verletzung oder Infektion spürt, die eine Immunreaktion erfordert, bearbeitet sie das Protein so, dass es aus der Zelle austreten kann. Im Zwischenzellraum kann IL-1 dann an einen IL-1-Rezeptor auf der Außenseite einer anderen Zelle binden, etwa einer Immunzelle, die dadurch aktiviert wird und eine Signalkette auslöst, die zu Entzündungsreaktionen beiträgt. So können zum Beispiel weitere proinflammatorische Interleukin-Gene im Zellkern der Immunzelle abgelesen werden, oder die Immunzelle schüttet bereits produzierte Substanzen aus, die zur Anschwellung und Erwärmung des Gewebes, Gefäßweitung, Anlockung weiterer Immunzellen usw. führen.

Das darf natürlich nicht ständig passieren, sonst würde jede kleine Störung und jeder Irrtum der ersten Zelle in dieser Reaktionskette zu Entzündungen führen, die dann womöglich einen Teufelskreis auslösen, wie es bei autoinflammatorischen Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen der Fall ist. Daher gibt es einen Antagonisten: einen Botenstoff, der dem Interleukin-1 ähnelt und ebenfalls an den IL-1-Rezeptor binden kann, dort aber keine Signalkette auslöst, sondern den Rezeptor blockiert. Dieser IL-1-Rezeptorantagonist (IL-1RA) gehört ebenfalls zur Grundausstattung fast aller unserer Zellen und legt im Normalfall den Großteil der Rezeptoren lahm. Erst wenn wirklich viel IL-1 im Zellzwischenraum unterwegs ist, weil zum Beispiel gleich mehrere Zellen in der Umgebung kräftig Alarm geben und IL-1 ausschütten, verdrängt das proinflammatorische IL-1 den antiinflammatorischen Antagonisten IL-1RA von den Rezeptor-Bindungsstellen.

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Viren, die menschliche Proteine imitieren, sind häufiger als gedacht – und können Autoimmunerkrankungen auslösen

Nach langer Pause fange ich wieder an mit kleinen Hinweisen auf von Fachartikeln oder Sekundärliteratur rund um Autoimmunerkrankungen, Evolution des immunsystems usw. Dabei bleibe ich an der Oberfläche, denn diese Beiträge sollen so schnell entstehen, dass sie das Weiterschreiben an Band 2 nicht beeinträchtigen.

Von diesen Zusammenfassungen erhoffe ich mir, dass neu entdeckte Fachliteratur, die nicht direkt zu dem Buchkapitel passt, an dem ich gerade schreibe, mir so besser im Gedächtnis bleibt. Und dem Blog tun neue Inhalte sicher auch ganz gut – obwohl die Zugriffszahlen in den letzten Jahren, in denen hier wenig passiert ist, mich immer wieder positiv überraschen. (Es sind derzeit über 40.000 Zugriffe im Monat.) Los geht’s!

Im März 2025 hat Shelby Bradford in The Scientist eine Arbeit des Teams um Esther Melamed an der Universität von Texas zusammengefasst, die ein Thema aufgreift, das auch hier im Blog schon öfter Thema war: molekulare Mimikry. Viren können Aminosäuresequenzen oder die dreidimensionale Gestalt von Proteinen ihrer Wirte nachahmen, um von deren Immunsystem nicht als fremd erkannt und bekämpft zu werden. Manchmal schlägt unser Immunsystem aber doch Alarm. Und das kann Autoimmunstörungen auslösen, weil dann nicht nur die fremden Eindringlinge bekämpft werden, sondern auch unsere eigenen Zellen, die ja die nachgeahmten Vorbild-Proteine enthalten. Das Prinzip ist lang bekannt, aber es gab nur wenige eindeutige Belege – im Grunde nur die Korrelation von bestimmten Herpesviren (EBV) mit Multipler Sklerose.

In der Zeit der Corona-Maßnahmen war an Forschung in Präsenz, etwa im Labor, phasenweise nicht zu denken – also hat sich das Team auf die Remote-Auswertung von Datenbanken gestürzt. Die Grundidee: Während man früher vor allem die dreidimensionale Gestalt von Proteinen aus Viren und ihren Wirten verglichen hat, weil Antikörper nun mal an räumliche Strukturen binden, lohnt sich auch die Suche nach linearen Sequenzen von 8 bis 18 Aminosäuren Länge. Denn T-Zellen erkennen solche linearen Proteinschnipsel – und können, wenn sie autoreaktiv sind, ebenso Autoimmunstörungen auslösen wie autoreaktive B-Zellen.

Das Resultat: Viele Viren, die Menschen chronisch infizieren, vor allem aus den Familien Herpesviridae und Poxviridae, enthalten solche Mimikry-Sequenzen. Die nachgeahmten Proteine sind in unseren Zellen vor allem für Zellteilung und für Entzündungsreaktionen zuständig, und ihre Gene liegen auf allen möglichen Chromosomen – aber nur selten auf dem Y-Chromosom. Offenbar gab es einen Selektionsdruck auf die Viren, Proteine nachzuahmen, die in möglichst vielen Zelltypen vorkommen, und zwar bei allen Menschen, nicht nur bei Männern.

Das Team hat diese Mimikry-Sequenzen auch mit den menschlichen Genen verglichen, die in unseren Thymuszellen exprimiert werden, um dort autoreaktive T-Zellen auszusortieren. Die Überlappung ist groß, sodass T-Zellen, deren Rezeptoren auf die Erkennung dieser körpereigenen und zugleich von Viren nachgeahmten Sequenzen spezialisiert sind, eigentlich eliminiert werden sollten. Allerdings verläuft der Sortierprozess bekanntlich unvollkommen, sodass zahlreiche potenziell autoreaktive T-Zellen übrig bleiben. Bei einer Infektion mit einem Virus, das diese Sequenzen enthält, können sie aktiviert werden und Autoimmunerkrankungen auslösen.

(Die Originalarbeit habe ich nicht gelesen; mir reicht vorerst die Darstellung in The Scientist.)

 

Cartoon von 1931: Ein Mann lässt sich von einerm Automaten den Mund abwischen

Die Evolution ist ein Bastler, und manchmal baut sie Rube-Goldberg-Maschinen

Im Manuskript für den 2. Band stelle ich gerade dar, wie das Leben schwimmen lernte. LUCA, der letzte gemeinsame Urahn aller Lebensformen, hatte zwar vermutlich schon die Komplexität heutiger Bakterien und verfügte über ein ausgefeiltes Immunsystem (sogar mit einer erworbenen Abwehr, also einem Gedächtnis für frühere Infektionen). Aber er konnte sich wohl noch nicht fortbewegen und war daher an jenen hydrothermalen Schlot am Meeresgrund oder einen ähnlichen Ort gebunden, an dem er aus präbiotischen Makromolekülen entstanden war.

Sowohl Archaeen als auch Bakterien, die beiden Hauptäste des Stammbaums allen Lebens, können sich mit rotierenden Zellanhängen durchs Wasser schrauben, aber kurioserweise sind diese ähnlich funktionierenden Anhänge komplett unterschiedlich konstruiert, was auf eine Entstehung erst nach der ersten Aufspaltung des Lebensbaums hinweist. Beide Apparaturen, die Flagellen der Bakterien und die Archaellen der Archaeen, sind zudem unglaublich kompliziert aufgebaut, und sie scheinen vom Himmel gefallen zu sein: Man kennt keine einfacheren Vorformen.

Solche Fälle von „irreduzibler Komplexität“ werden von Kreationisten gerne als Belege für intelligent design angeführt, also für das zielgerichtete, planmäßige Wirken eines Schöpfers. Aber das ist Unsinn. Vielmehr geht eine solche irreduzible Komplexität auf ein Grundprinzip der darwinistischen Evolution zurück: die Exaptation, die „Zweckentfremdung“ bestehender Eigenschaften von Lebewesen.

Dieses Prinzip hat der Molekularbiologe François Jacob bereits in den frühen 1980ern in seinem Essay „Die Bastelei der Evolution“ dargestellt: „Die Evolution schafft ihre Neuheiten, anders als der Ingenieur, nicht aus dem Nichts. Sie arbeitet mit dem, was bereits vorhanden ist, sei es, daß sie ein älteres System abändert und ihm eine neue Funktion zuweist, sei es, daß sie mehrere Systeme zu einem komplexeren zusammenfaßt. […] kurz, wie ein Bastler, der das, was er um sich herum findet, benutzt, um daraus einen brauchbaren Gegenstand zu machen. […] Wenn aus einem Teil der Speiseröhre eine Lunge wird, dann ist das etwas ganz Ähnliches, wie wenn aus Omas Gardine ein Rock wird.“

Diese Wiederverwendung alter Strukturen in neuen Zusammenhängen führt zwangläufig dazu, dass die so entstandenen Organe oder Zellstrukturen teils unlogisch wirken und teils irreduzibel komplex: Sie tragen ihre gesamte Entstehungsgeschichte mit sich herum, ihre Anpassung an die ehemalige Funktion. Ihre weitere Entwicklung verläuft in vorgebahnten, tief ausgewaschenen Tälern der Evolutionslandschaft. Sie haben wilde Steampunk-Schnörkel und arbeiten mit zehn Zahnrädern, wo ein Ingenieur sich auf zwei beschränken würde.

In einem Einführungsartikel zu einer Forschungsarbeit hat Morgan Beeby die Archaellen und mit ihnen verwandte fädige Zellanhänge bei den Archaeen und Bakterien 2019 mit den allseits beliebten Rube-Goldberg-Maschinen verglichen: Die Proteingruppe, zu der sie gehören, die sogenannte TFF-Superfamilie, wurde im Lauf der Evolution zu einem abenteuerlichen Maschinenpark, in dem wir Injektionspumpen, Saugroboter, Enterhaken, rotierende Peitschen und allerlei andere Geräte finden. Alle gehen sie vermutlich auf einen ein- und ausfahrbaren Stab zurück, mit dem unser Urahn LUCA DNA aus seiner Umgebung eingesammelt hat.

Dieses Gefühl, eine unnötig komplizierte Maschinerie vor sich zu haben, kennen vermutlich alle, die sich mit dem menschlichen Immunsystem auseinandersetzen. Auch das lässt sich nur durch die Bastelei der Evolution erklären, die im ewigen Pingpong der Angriffe von Parasiten und der Abwehr seitens ihrer Wirte zu allem gegriffen hat, was sie finden konnte. Aus Streichhölzern und Gummibändern hat sie in gut vier Milliarden Jahren trojanische Pferde gebaut, die in trojanischen Pferden stecken, die in trojanischen Pferden stecken.

 

Literatur:

François Jacob: „Le jeu des possibles. Essai sur la diversité du vivant“, Fayard 1981. Zitat aus der deutschen Übersetzung von Friedrich Griese, Taschenbuch-Ausgabe 1984 unter dem Titel „Das Spiel der Möglichkeiten“ bei Piper; dort auf S. 50ff.

Morgan Beeby (2019): Evolution of a family of molecular Rube Goldberg contraptions

Mehr bloggen, mehr Blogs lesen, mehr kommentieren.

Am Dienstag habe ich am ersten Blogtastisch! – Meetup für die Bloggosphäre teilgenommen, das Thomas Riedel a. k. a. @droid-boy organisiert. Und es war wirklich blogtastisch: ein Klassentreffen, wie wir es früher über die re:publica sagten. Auf der re:publica habe ich das bei meinen letzten Besuchen allerdings nicht mehr gespürt: zu groß, zu glatt, zu Promi-orientiert für meinen Geschmack. Aber jetzt online einige altvertraute Gesichter wiederzusehen und zugleich neue Leute kennen zu lernen, die gerade erst mit dem Bloggen anfangen, eine neue Generation: einfach blogtastisch.

Und so fange ich auch wieder an zu bloggen. Den ersten Anstoß gab ein Blogpost von Thomas, der mir sehr gefallen und vor allem überzogene Erwartungen an mich selbst abgeräumt hat: Ein Blog darf. Stimmt eigentlich: Das ist hier meins, ich darf hier alles tun und lassen, wonach mir der Sinn steht. Verrmutlich probiere ich in der nächsten Zeit eine wilde Mischung aus Formaten und Themen aus, darunter Blog- und Buch-Lektüretipps – hoffentlich ohne den Kern aus dem Blick zu verlieren: „Friendly Fire“ begleitet ja meine Arbeit am Autoimmunbuch, jetzt an Band 2.

Wie ich diese Arbeit am Buch hier dokumentiere, um Lesenden einen Mehrwert zu bieten, ohne mir allzu viel Zusatzarbeit zu machen, ist mir noch nicht ganz klar. Ich könnte einfach Fragmente aus dem Manuskript posten, aber dazu fehlen mir noch die allermeisten Zeichnungen. Und gerade das Zusammenspiel der Comiczeichnungen mit den Texten machte ja bislang den Charme des Autoimmunbuchs aus.

Eines ist aber schon klar: Das Ganze ist und bleibt KI-Bildchen-frei. Diese Illustrationen kann ich nämlich nicht ab, auf so vielen Ebenen. Bis bald!

Wie es weitergeht

Seit über einem Jahr habe ich keinen neuen Artikel veröffentlicht. Habe ich das Projekt aufgegeben? Habe ich Band 2 des Autoimmunbuchs in aller Stille beerdigt?

Nein. Das Leben kam dazwischen, und ich habe mich ablenken lassen. Schon die Pandemiejahre haben mich aus dem Tritt gebracht und den Plan vereitelt, nach der Veröffentlichung von Band 1 (2018, du meine Güte, vor sechs Jahren!) zügig an Band 2 weiterzuarbeiten.

Hinzu kamen ein phasenweise ziemlich dominierendes Engagement in Sachen Klimakrise (etwa bei den Scientists for Future) und berufliche Belastungen – und das trotz meiner Teilzeitstelle. Nach wie vor glaube ich, dass die Bekämpfung der Klima- und Biodiversitätskrise und die Aktivierung der politischen Entscheider*innen – leider – viel, viel wichtiger sind als ein Buch über die Biologie der Autoimmunstörungen oder meine Tätigkeit in der Kommunikationsabteilung eines wissenschaftlichen Instituts im Gesundheitswesen.

Aber ich muss ernüchtert feststellen, dass man auch in der Klimabewegung viel Energie verbraten kann, ohne dass sich Erfolge einstellen. Aufwand und Nutzen meines Engagements habe ich daher in den letzten Monaten neu bewertet – und mich entschieden, wieder mehr Kraft in das Autoimmunbuch-Projekt zu stecken. Auch beruflich konnte ich dem Burnout durch die ernsthafte Suche nach alternativen Wirkungsstätten, klärende Gespräche im Institut und eine Reduktion der Arbeitszeit auf die ursprünglich vereinbarten 50% noch einmal von der Schippe springen.

Und so geht es nun wieder voran – in diesem Blog und mit dem Manuskript von Band 2. Sicher wird es weitere Rückschläge und Stagnationen geben. Aber: Das Projekt lebt. Ich danke euch für eure unendliche Geduld.

Jahreszeitliche Schwankungen der Schilddrüsenhormonwerte

Was für ein Zufall: Vorgestern habe ich beim Hausarzt endlich den TSH-Wert erfragt, der im Januar erhoben worden war. Ich hatte das bisher nicht getan, da ich mich im Winter und auch seither gut eingestellt fühlte. Das ist nur in einem recht schmalen TSH-Werte-Korridor der Fall – viel schmaler jedenfalls als das Spektrum normaler Werte bei Gesunden, das bei „meinem“ Labor von 0,55 bis 4,80 mIU/L reicht.

Als Faustregel habe ich mir gemerkt, dass der Wert bei mir nicht unter 0,8, aber auch nicht über 1,5 mIU/L liegen sollte. Darunter werde ich extrem hibbelig und fahrig, darüber werde ich nicht richtig wach. Daher wunderte es mich, dass die TSH-Konzentration in meinem Serum im Januar bei 1,68 mIU/L lag, obwohl ich nicht total schlapp, verfröstelt und langsam war.

Zack: Gestern gab es bei DocCheck eine mögliche Erklärung. Die mittleren Konzentrationen des Thyroxins (insbesondere FT3) und des Thyreoidea-stimulierenden Hormons schwanken einer neuen japanischen Studie zufolge bei Gesunden im Jahresverlauf erheblich. Während der mediane TSH-Wert der 7000 Probandinnen und Probanden im Mai nur 1,16 betrug, waren es im Januar 1,61 – also fast genauso viel wie bei mir.

Zwar lassen sich die jahreszeitlichen Schwankungen bei Gesunden nicht eins zu eins auf Menschen mit Hashimoto-Thyreoiditis übertragen, die – wie ich – rund ums Jahr dieselbe Thyroxin-Menge einnehmen. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass der Thyroxin-Bedarf des Körpers auch bei mir im Jahresverlauf ein wenig schwankt, was wiederum systematische Änderungen des TSH-Werts nach sich zieht, der ja den aktuellen Thyroxin-Bedarf des Körpers signalisiert. Zum Beispiel wiege ich im Winter meist etwas mehr; es muss also schlicht mehr Gewebe versorgt werden; außerdem greift gerade Fettgewebe in die Hormonkreisläufe ein. Auch muss der Körper im Winter mehr heizen, und die Körpertemepratur wird ebenfalls über Thyroxin reguliert.

Der Mehrbedarf war aber offenbar nicht groß genug, um sich auf mein Wohlbefinden auszuwirken. Daher bleibe ich bis auf weiteres bei dem übers Jahr konstanten Einnahmeschema. Ich verstehe aber jetzt besser, warum manche Menschen mit Hashimoto-Thyreoiditis berichten, dass sie im Urlaub weniger Thyroxin brauchen und daher die Einnahmemenge reduzieren – vorausgesetzt, sie reden vom Sommerurlaub!

Cartoon eines Mitochondriums als Fabrik, die vor allem Energieträger erzeugt

Die Rolle der Mitochondrien in systemischen Autoimmunerkrankungen

Mein Text über T-Zellen mit Stoffwechselproblemen ist gut sieben Jahre alt. Höchste Zeit für ein Update: Welche Rolle spielt der Zellstoffwechsel bei der Entstehung und der Bekämpfung von systemischen Autoimmunerkrankungen wie Rheuma oder Lupus (SLE)? Was geschieht mit den Zellen und Regelkreisläufen des Immunsystems, wenn unsere Mitochodrien nicht so funktionieren, wie sie es sollten? Der aktuellen Kenntnisstand dazu ist in einem Review nachzulesen (Open Access):

Blanco LP, Kaplan MJ (2023): Metabolic alterations of the immune system in the pathogenesis of autoimmune diseases. PLoS Biol 21(4): e3002084. https://doi.org/10.1371/journal.pbio.3002084

Der Artikel enthält ein Glossar mit den wichtigsten Grundbegriffen und einige mittelprächtige Abbildungen. Viele Aussagen sind – wie so oft in narrativen Reviews – recht vage, nach dem Schema: X könnte Y bewirken. Und man verliert sich leicht in den zahlreichen Details der dargestellten Signalketten und Stoffwechselwege, die ich im Folgenden weglasse.

Bevor ich die Arbeit zusammenfasse: ein Wort zur sogenannten Mitochondrien-Medizin. Ich reagiere etwas allergisch auf den Ausdruck, da mir dieser alternativmedizinische Ansatz arg esoterisch erscheint, wie ein Glaubenssystem, dessen Anhänger ab und zu auch mich zu bekehren versucht haben oder in mir eine Verbündete zu sehen meinten. Insofern passt es, dass dieser Text nach dem über die Just-so-Stories erscheint: Die Hypothese, auf der Mitochondrien-Medizin fußt, klingt furchtbar einleuchtend, aber das Ganze ist nicht gerade evidenzbasiert. Dysfunktionale Mitochondrien sind tatsächlich an (zumindest einigen) Autoimmunerkrankungen beteiligt. Aber die Zusammenhänge sind komplex und vermutlich nicht bei allen Autoimmunerkrankungen gleich, und die entsprechenden Therapieansätze sind so unausgereift, dass gegenüber schlichten Ernährungsregeln oder anderen Formen der Selbsttherapie zur Mitochondrien-„Heilung“ vorerst gehörige Skepsis angebracht ist. Jetzt aber zu Blanco und Kaplan:

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