Archiv der Kategorie: Neues vom Buch

Schreibklausur

Liebe Blogleserinnen und -leser,

dass es hier im Moment nur selten neue Beiträge gibt, liegt nicht an Untätigkeit. Vielmehr stecke ich mitten in meiner Jahreswechsel-Schreibklausur, um das Autoimmunbuch voranzubringen, das eigentlich schon 2012 fertig hätte werden sollen.

Viele Grüße, danke für eure Geduld und eure Kommentare, und möge 2013 ein gutes und ruhiges Jahr werden – vor allem, was die Gesundheit angeht.

Was passiert bei Immunneuropathien?

Ich habe meine Fazialislähmung zum Anlass genommen, für das Buch zu skizzieren, wie eine Immunneuropathie abläuft. Zu den Immunneuropathien zählen Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose, das Guillain-Barré-Syndrom, chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) oder vaskulitische Neuropathie. Bei einigen ist das periphere, bei anderen das zentrale Nervensystem betroffen. Oft beschränkt sich die Störung (wie bei der Fazialislähmung) auf einen einzelnen Nerv.

Am Anfang steht vermutlich immer die Reaktivierung eines latenten Virus (z. B. Herpes) oder eine oftmals unbemerkte, da symptomfreie (sogenannte stumme oder maskierte) Infektion, hier durch ein maskiertes Bakterium dargestellt. Eine in der Blutbahn oder im Gewebe patrouillierende Immunzelle – hier eine dendritische Zelle (DC) – entdeckt den Eindringling:

Die dendritische Zelle nimmt Teile des Erregers auf und verarbeitet sie zu einem präsentablen Antigen weiter. Sie verwandelt sich in eine antigenpräsentierende Zelle (APC), die einer T-Helferzelle das Antigen auf ihrem MHC-Klasse-II-Rezeptor (hier: Tablett) präsentiert. Damit es nicht zu Fehlalarmen kommt, gibt es einen Sicherheitsmechanismus: T-Helferzellen reagieren nur dann auf ein Antigen, wenn ihnen gleichzeitig auf einem anderen Rezeptor ein sogenanntes kostimulierendes Signal präsentiert wird, das anzeigt, dass wirklich eine Infektion oder eine andere Gefahr vorliegt, die bekämpft werden muss (hier: Kerze). Auf der Oberfläche der T-Zelle gibt es für beide Signale spezifische Rezeptoren (hier: Augen/Blickkontakt):

Die T-Helferzellen reichen die Information über das Vorliegen eines Gefahr (Kerze) und über die genaue Art der Gefahrenquelle, also das Antigen (Augenbinde des Bakteriums), über Rezeptoren und Signalstoffe (Sprechblase) an B-Zellen weiter und regen diese so zur Produktion spezifischer Antikörper an:

Die B-Zellen schütten massenhaft Antikörper aus (Eimer), die spezifisch an „ihr“ Antigen binden und die Gefahrenquellen so zum Teil direkt schachmatt setzen, zum Teil zur anschließenden Zerstörung und Entsorgung markieren:

Diese normale Immunreaktion spielt sich in der Blutbahn, im Lymphgewebe und lokal im infizierten Gewebe ab. Aber manchmal läuft etwas schief: Aktivierte T-Zellen können die Blut-Nerven-Schranke durchdringen und von der Blutbahn (im nächsten Bild links) in einen Nerv (rechts) überwechseln. Das sollte eigentlich nicht passieren, da Nerven zu den sogenannten immunprivilegierten Orten im Körper gehören: Da Entzündungsreaktionen hier viel Schaden anrichten können, sind diese Orte für die meisten Immunzellen tabu. Weiterlesen

Gesichtslähmung geht zurück

Facialislähmung, Tag 24: betroffene Gesichtshälfte schwächer an Grimasse beteiligt

Kleines Gesundheitsupdate: Die Fazialislähmung lässt nach, die Mimik normalisiert sich allmählich. Ein flüchtiger Betrachter mag schon nichts mehr davon mitbekommen. Aber beim Grimassenschneiden sieht man noch, dass die linke Gesichtshälfte (hier wegen Spiegel ebenfalls links) stärker beteiligt ist als die rechte. Auch die Akustik stimmt noch nicht; Geräusche bestimmter Frequenzen dröhnen und scheppern ungeheuer in meinem rechten Ohr. Und ob nun wegen der (längst beendeten) immunsupprimierenden Prednison-Therapie oder aus anderen Gründen: Die Erkältung, die ich mir außerdem eingefangen habe, ist hartnäckiger und ermüdender als sonst. Dennoch hoffe ich, morgen am Autoimmunbuch weiterschreiben zu können. Lust dazu habe ich jedenfalls.

Gesichtslähmung

Ich dachte eigentlich, ich hätte mein diesjähriges Kontingent an „interessanten“ Erkrankungen bereits ausgeschöpft, aber nein. Seit gestern habe ich eine rechtsseitige Gesichtslähmung, genauer: eine idiopathische periphere Fazialisparese. Die vorangegangenen starken Nackenschmerzen lassen zwar nach, aber da mein rechtes Auge wegen des stark reduzierten Lidschlags leicht austrocknet, kann ich längst nicht mehr so lange am Bildschirm arbeiten oder lesen wie gewohnt. Eine solche Lähmung kann einige Wochen oder einige Monate oder (mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa zehn Prozent) ein Leben lang anhalten.

Versuch, die Stirn zu runzeln (das harmloseste meiner heutigen Gruselbilder)

Es wurmt mich, dass sich dadurch die Arbeit am Autoimmunbuch schon wieder erheblich verzögert. Das tut mir so leid für meine Unterstützer, die nun noch länger auf das Buch warten müssen. Ich tue alles, was in meiner Macht steht, um die Regeneration zu unterstützen. Dazu gehört momentan eine massive Medikation mit Prednison, einem Glucocorticoid, das stark immunsupprimierend wirkt und daher auch – in viel niedrigeren Dosen – bei einigen Autoimmunerkrankungen verschrieben wird. Dazu gehört aber auch, dass ich mein rechtes Auge wirklich schone, denn das linke ist ja schon seit der Netzhautablösung am Anfang dieses Jahres nicht mehr so doll. :-/ Ich kann nur an eure Geduld appellieren – und an meine eigene.

Tödliche Immun-Überreaktionen bei Pflanzen: eine Globalisierungsfolge

Weitere Skizzen für Teil III des Buches (Evolution des Immunsystems): In den letzten Jahren hat man bei Pflanzen Mutationen entdeckt, die offenbar die Pathogen-Abwehr verrücktspielen lassen. Selbst ohne Pathogen-Angriff werden Signalketten in Gang gesetzt, die zum Absterben von Gewebeteilen führen – was eigentlich die Ausbreitung von Pathogenen verhindern soll.

Andere Pflanzen können auch ohne Mutation überreagieren, wenn sich ihre Umwelt verändert: Gehölze, die die Invasion eines Borkenkäfers und eines mit ihm in Symbiose lebenden Pilzes spüren, versperren ihre Wassertransportwege (das Xylem) durch Callose, Lignin und ähnliche Substanzen, um die Ausbreitung des Pilzmyzels zu stoppen. Wenn exotische Käfer und Pilze zum Beispiel mit Holzpaletten in Frachtschiffen oder -flugzeugen auf einen neuen Kontinent gelangen, kann es einer aktuellen Hypothese zufolge zu fatalen „olfaktorischen Missverständnissen“ kommen:

Die Käfer, die in ihrer Heimat nur an toten oder bereits sterbenden Bäume interessiert sind, befallen lebende Bäume, weil diese so ähnlich riechen wie daheim das tote Holz. Die Pilze tricksen die pflanzliche Abwehr zunächst so weit aus, dass sie große Teile des Xylems befallen können. Wenn der Baum diese Transportwege daraufhin verstopft, erwürgt er sich gewissermaßen selbst: Er vertrocknet, weil das Wasser aus dem Boden nicht mehr in die Krone gelangt. Das scheint z. B. bei dem Pilz  Raffaelea lauricola und dem Käfer Xyleborus glabratus der Fall zu sein, die gemeinsam aus Asien nach Nordamerika gelangt sind und dort zum Beispiel ganze Avocado-Plantagen absterben lassen.

(Lit.: Jiri Hulcr & Robert R. Dunn, 2011, und andere Arbeiten auf dieser Literaturliste)

DNA-Schleifen und Steuerungssequenzen mit Fernwirkung

Neue Skizzen fürs Buch; Erläuterungen folgen dort:

Stand der Dinge beim Autoimmunbuch

Wie immer geht es mir nicht schnell genug voran, und ich hoffe nur, dass meine Unterstützer mehr Geduld mit mir haben. 😉

Vor einer Woche bin ich aus dem Urlaub zurückgekehrt, gestern habe ich die letzte Buchübersetzung für lange Zeit abgeschlossen, und morgen trete ich eine halbe feste Stelle im Kommunikationsressort des IQWiG in Köln an. Von diesen Schritt erhoffe mich mir, dass ich mich in der „anderen Hälfte“ meines Lebens voll auf das Autoimmunbuch und ein weiteres, aber dem gegenüber eindeutig untergeordnetes Projekt, nämlich die Kraut Publishers, konzentrieren kann. Die Unsicherheiten und Belastungen des selbständigen Übersetzerdaseins (Akquise, Deadlines, Wochenend- und Nachtarbeit …) lasse ich für zwei Jahre hinter mir.

Vor, im und nach dem Urlaub habe ich weiter Fachliteratur gelesen, die ich in den nächsten Tagen und Wochen zum Teil hier verbloggen werde. Vor allem das ENCODE-Projekt hat neue Erkenntnisse erbracht, die das Verständnis der genetischen Veranlagung zu Autoimmunerkrankungen revolutionieren.

Ansonsten werde ich mit meinen Skizzen da weitermachen, wo ich vorm Urlaub aufgehört habe, und testen, ob die Autoren-Software Scrivener mir hilft, den Überblick über mein ausuferndes Material zu behalten.