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Gesichtslähmung geht zurück

Facialislähmung, Tag 24: betroffene Gesichtshälfte schwächer an Grimasse beteiligt

Kleines Gesundheitsupdate: Die Fazialislähmung lässt nach, die Mimik normalisiert sich allmählich. Ein flüchtiger Betrachter mag schon nichts mehr davon mitbekommen. Aber beim Grimassenschneiden sieht man noch, dass die linke Gesichtshälfte (hier wegen Spiegel ebenfalls links) stärker beteiligt ist als die rechte. Auch die Akustik stimmt noch nicht; Geräusche bestimmter Frequenzen dröhnen und scheppern ungeheuer in meinem rechten Ohr. Und ob nun wegen der (längst beendeten) immunsupprimierenden Prednison-Therapie oder aus anderen Gründen: Die Erkältung, die ich mir außerdem eingefangen habe, ist hartnäckiger und ermüdender als sonst. Dennoch hoffe ich, morgen am Autoimmunbuch weiterschreiben zu können. Lust dazu habe ich jedenfalls.

Gesichtslähmung

Ich dachte eigentlich, ich hätte mein diesjähriges Kontingent an „interessanten“ Erkrankungen bereits ausgeschöpft, aber nein. Seit gestern habe ich eine rechtsseitige Gesichtslähmung, genauer: eine idiopathische periphere Fazialisparese. Die vorangegangenen starken Nackenschmerzen lassen zwar nach, aber da mein rechtes Auge wegen des stark reduzierten Lidschlags leicht austrocknet, kann ich längst nicht mehr so lange am Bildschirm arbeiten oder lesen wie gewohnt. Eine solche Lähmung kann einige Wochen oder einige Monate oder (mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa zehn Prozent) ein Leben lang anhalten.

Versuch, die Stirn zu runzeln (das harmloseste meiner heutigen Gruselbilder)

Es wurmt mich, dass sich dadurch die Arbeit am Autoimmunbuch schon wieder erheblich verzögert. Das tut mir so leid für meine Unterstützer, die nun noch länger auf das Buch warten müssen. Ich tue alles, was in meiner Macht steht, um die Regeneration zu unterstützen. Dazu gehört momentan eine massive Medikation mit Prednison, einem Glucocorticoid, das stark immunsupprimierend wirkt und daher auch – in viel niedrigeren Dosen – bei einigen Autoimmunerkrankungen verschrieben wird. Dazu gehört aber auch, dass ich mein rechtes Auge wirklich schone, denn das linke ist ja schon seit der Netzhautablösung am Anfang dieses Jahres nicht mehr so doll. :-/ Ich kann nur an eure Geduld appellieren – und an meine eigene.

Tödliche Immun-Überreaktionen bei Pflanzen: eine Globalisierungsfolge

Weitere Skizzen für Teil III des Buches (Evolution des Immunsystems): In den letzten Jahren hat man bei Pflanzen Mutationen entdeckt, die offenbar die Pathogen-Abwehr verrücktspielen lassen. Selbst ohne Pathogen-Angriff werden Signalketten in Gang gesetzt, die zum Absterben von Gewebeteilen führen – was eigentlich die Ausbreitung von Pathogenen verhindern soll.

Andere Pflanzen können auch ohne Mutation überreagieren, wenn sich ihre Umwelt verändert: Gehölze, die die Invasion eines Borkenkäfers und eines mit ihm in Symbiose lebenden Pilzes spüren, versperren ihre Wassertransportwege (das Xylem) durch Callose, Lignin und ähnliche Substanzen, um die Ausbreitung des Pilzmyzels zu stoppen. Wenn exotische Käfer und Pilze zum Beispiel mit Holzpaletten in Frachtschiffen oder -flugzeugen auf einen neuen Kontinent gelangen, kann es einer aktuellen Hypothese zufolge zu fatalen „olfaktorischen Missverständnissen“ kommen:

Die Käfer, die in ihrer Heimat nur an toten oder bereits sterbenden Bäume interessiert sind, befallen lebende Bäume, weil diese so ähnlich riechen wie daheim das tote Holz. Die Pilze tricksen die pflanzliche Abwehr zunächst so weit aus, dass sie große Teile des Xylems befallen können. Wenn der Baum diese Transportwege daraufhin verstopft, erwürgt er sich gewissermaßen selbst: Er vertrocknet, weil das Wasser aus dem Boden nicht mehr in die Krone gelangt. Das scheint z. B. bei dem Pilz  Raffaelea lauricola und dem Käfer Xyleborus glabratus der Fall zu sein, die gemeinsam aus Asien nach Nordamerika gelangt sind und dort zum Beispiel ganze Avocado-Plantagen absterben lassen.

(Lit.: Jiri Hulcr & Robert R. Dunn, 2011, und andere Arbeiten auf dieser Literaturliste)

DNA-Schleifen und Steuerungssequenzen mit Fernwirkung

Neue Skizzen fürs Buch; Erläuterungen folgen dort:

Stand der Dinge beim Autoimmunbuch

Wie immer geht es mir nicht schnell genug voran, und ich hoffe nur, dass meine Unterstützer mehr Geduld mit mir haben. 😉

Vor einer Woche bin ich aus dem Urlaub zurückgekehrt, gestern habe ich die letzte Buchübersetzung für lange Zeit abgeschlossen, und morgen trete ich eine halbe feste Stelle im Kommunikationsressort des IQWiG in Köln an. Von diesen Schritt erhoffe mich mir, dass ich mich in der „anderen Hälfte“ meines Lebens voll auf das Autoimmunbuch und ein weiteres, aber dem gegenüber eindeutig untergeordnetes Projekt, nämlich die Kraut Publishers, konzentrieren kann. Die Unsicherheiten und Belastungen des selbständigen Übersetzerdaseins (Akquise, Deadlines, Wochenend- und Nachtarbeit …) lasse ich für zwei Jahre hinter mir.

Vor, im und nach dem Urlaub habe ich weiter Fachliteratur gelesen, die ich in den nächsten Tagen und Wochen zum Teil hier verbloggen werde. Vor allem das ENCODE-Projekt hat neue Erkenntnisse erbracht, die das Verständnis der genetischen Veranlagung zu Autoimmunerkrankungen revolutionieren.

Ansonsten werde ich mit meinen Skizzen da weitermachen, wo ich vorm Urlaub aufgehört habe, und testen, ob die Autoren-Software Scrivener mir hilft, den Überblick über mein ausuferndes Material zu behalten.

Das Pflanzen-Immunsystem verwendet flüchtige Warnstoffe

Skizze für Teil III des Buches (Evolution des Immunsystems):

Pflanzen enthalten keine frei beweglichen Immunzellen, sondern müssen die Abwehr von Pathogenen und Fressfeinden lokal organisieren. Bei einem lokalen Angriff steht zu erwarten, dass als nächstes ein Blatt ganz in der Nähe des bereits befallenen oder angenagten Gewebes angegriffen wird. Botenstoffe, die über die Leitbündel transportiert würden, wären u. U. sehr lange unterwegs und würden zu stark verdünnt. Daher setzen Pflanzen auf flüchtige Warnstoffe, die über den kürzeren Luftweg ans Ziel gelangen und dort prophylaktisch die Abwehr ankurbeln (Priming).

(Weitere Erläuterungen folgen im Buch.)

Menschwerdung durch Habitatwechsel und Pathogenverlust

Und noch eine Skizze für Teil 3 des Buches, diesmal für ein späteres Kapitel:

Wie in der Kurzrezension von Nathan Wolfes Buch „Virus“ erwähnt, verließen unsere Urahnen irgendwann den Urwald, in dem sie einem hohen Konkurrenzdruck durch andere Menschenaffen und einem hohen Pathogendruck ausgesetzt waren: Die verschiedenen Hominiden tauschten oft Viren und Bakterien untereinander aus, und die noch nicht richtig angepassten Pathogene richteten in ihren neuen Wirten verheerende Schäden an. Indem er in die verhältnismäßig karge Savanne auswich, was seine Populationsgröße zwischenzeitlich stark verringerte, konnte unser Urahn sowohl seine Konkurrenten zurücklassen als auch viele seiner Pathogene loswerden. Gerade die Gene des Immunsystems durchliefen während dieser Phase der Evolution große Veränderungen. Gene, die bis dahin der Abwehr bestimmter Erreger gedient hatten, verloren ihre Funktion und wurden eliminiert oder umfunktioniert.