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Abb. 158: Korezeptoren wie CD4 stabilisieren die Antigen-Bindung

Oben: Eine Bindung zwischen einem T-Zell-Rezeptor (oben) und einem Komplex aus MHC-Molekül und Antigen-Peptid (unten) alleine ist instabil.

Unten: Korezeptoren wie CD4, die seitlich an das MHC-Molekül binden, stabilisieren die Bindung.

Sie dürfen diese Zeichnung gerne in Folien etc. übernehmen, sofern Sie die Quelle angeben: Dr. Andrea Kamphuis, https://autoimmunbuch.de

 

Die Milch macht’s – zumindest bei Mäusen

Dass Muttermilch Antikörper enthält, die das Neugeborene in den ersten Monaten vor Infektionen schützen, ist schon länger bekannt. Aber Milch leistet noch mehr für das Immunsystem des Nachwuchses, wie zwei neuere Arbeiten zeigen:

M. K. Ghosh et al. (2016): Maternal Milk T Cells Drive Development of Transgenerational Th1 Immunity in Offspring Thymus (Open Access); dazu auch die Pressemitteilung der Universität: Vaccinating Babies Without Vaccinating Babies

In der Vorläuferstudie hatten die Forscher herausgefunden, dass Mäuse ihrem Nachwuchs beim Säugen nicht nur durch Antikörper, sondern auch durch Immunzellen eine Immunität gegen Pathogene vermitteln, mit denen ihr eigenes Immunsystem kürzlich konfrontiert wurde. Seltsamerweise ist diese Immunität noch beim erwachsenen Nachwuchs nachzuweisen, obwohl dieser keinerlei mütterliche Immunzellen mehr enthält. Die Natur und die Entstehung der Zellen, die diese Immunität vermitteln, sollte hier untersucht werden. Um eine Übertragung im Mutterleib auszuschließen, ließ man die gegen das Bakterium Mycobacterium tuberculosis oder gegen den Pilz Candida albicans immunisierten Mäuseweibchen fremden Nachwuchs aufziehen.

Die Immunität wird offenbar von Gedächtnis-T-Zellen übertragen, die über CD4+-Marker und MHC-Klasse-II-Komplexe verfügen – eine kuriose Kombination, denn normalerweise empfangen CD4+-T-Zellen Signale von antigenpräsentierenden Zellen wie etwa dendritischen Zellen, die Antigene auf MHC-Klasse-II-Komplexen präsentieren. Dendritische Zellen sind aber viel zu kurzlebig, um die hier beobachteten Effekte zu erklären; es waren eindeutig antigenpräsentierende CD4+-T-Zellen, die die Immunität übertrugen – vielleicht, weil nur T-Zellen gezielt in den Thymus wandern können. Wie diese Zellen an die MHC-Klasse-II-Komplexe gelangt sind, ist unklar. Die Autoren vermuten Trogozytose: die Übergabe von Membranflößen einschließlich MHC-Komplex und Kostimulatoren an einer immunologischen Synapse, also einer Bindungsstelle zwischen der (primären) antigenpräsentierenden Zelle und einer T-Zelle, deren T-Zell-Rezeptor spezifisch an den Komplex bindet. Diesen Mechanismus habe ich hier bereits vorgestellt.

Nach der Aufnahme über die Muttermilch wandern diese ungewöhnlichen mütterlichen Gedächtnis-T-Zellen gezielt in den Thymus und die Milz der Mäusebabies. Um an den Grenzen – also am Brustdrüsen-, Darm- und Thymusepithel – nicht von anderen Immunzellen aufgehalten zu werden, „verschlucken“ sie vermutlich ihre MHC-Klasse-II-Komplexe samt Antigenen in Vesikeln und befördern sie erst am Ziel wieder an die Zelloberfläche. Im Thymus werden die MHC-Klasse-II-Komplexe einschließlich der Antigene womöglich durch eine weitere Trogozytose an „ordentliche“ antigenpräsentierende Zellen übergeben, oder die CD4+-T-Zellen werfen die Antigene ab, und antigenpräsentierende Zellen nehmen sie auf.

Jedenfalls werden die Antigene aus den Pathogenen, mit denen die Mütter infiziert waren, nun den unreifen Mäusebaby-Thymozyten präsentiert, die daraufhin zu CD8+-T-Zellen mit einer Spezifität für diese Antigene heranreifen. Diese Immunitätsübertragung nennen die Autoren „maternal educational immunity“, um sie von der passiven Immunität zu unterscheiden, die vor allem durch mütterliche Antikörper in der Milch übertragen wird und sich rasch verliert, da diese Antikörper im Jungtier nicht nachproduziert werden können.

In der Pressemitteilung der Universität finden sich interessante Spekulationen über eine mögliche Nutzung dieses Mechanismus zur „indirekten Impfung“ von Säuglingen (nämlich durch Impfung der Mütter während der Schwangerschaft) und über die hohe historische Überlebensrate von Kleinkindern aus Adelsfamilien, die häufig von Ammen aus der Unterschicht gestillt wurden und so vielleicht eine besonders gute „Immunsystem-Erziehung“ genossen. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass die Reifung des Immunsystems bei jungen Mäusen anders verläuft als bei Menschenkindern.

M. A. Koch et al. (2016): Maternal IgG and IgA Antibodies Dampen Mucosal T Helper Cell Responses in Early Life (Bezahlschranke, nur Abstract und eine Abbildung); dazu auch Meldung „Breast Milk Primes Gut for Microbes“ in The Scientist

Mütterliche, über die Milch übertragene Antikörper der Typen IgG und IgA dienen vor allem dazu, Pathogene im Darm junger Mäuse zu bekämpfen, solange deren Immunsystem dazu noch nicht imstande ist – so glaubte man bisher. Jetzt zeigt sich, dass insbesondere IgG auch Immunreaktionen hemmt, und zwar solche gegen nützliche Bakterien, die nach der Geburt den Darm von Mäusebabies besiedeln. Fehlen die mütterlichen Antikörper, reagiert das Lymphgewebe am Darm heftig auf die neue Darmflora: Es entstehen viel mehr T-Helferzellen, die wiederum B-Zellen zur Produktion von Antikörpern gegen die gutartigen Darmbakterien anregen.

Allerdings scheinen die Mäuse, denen das mütterliche IgG vorenthalten wurde, keine langfristigen Gesundheitsschäden davonzutragen. Der Begleitartikel in The Scientist stellt dennoch Spekulationen über langfristige Folgen einer gestörten Mikrobiom-Entwicklung an, etwa Morbus Crohn und Colitis ulcerosa – nur um dann abzuwiegeln und auf die Unterschiede zwischen Mensch und Maus hinzuweisen. Zum Beispiel darauf, dass menschliche Muttermilch viel weniger IgG enthält als die von Mäusen. Es ist zum Mäusemelken.

Bildergalerie

Da ich im Moment nicht zum ausführlichen Bloggen komme, stelle ich hier einfach die neuesten Abbildungen fürs Buch vor: unkommentiert – und damit wohl auch unverständlich. Aber das eine oder andere Element spricht vielleicht doch für sich selbst:

P1200120_IFN_und_AIE_1000

P1200095_U-Form_1_Grundtonus_nach_Casadevall_650

P1200100_U-From_2_entzündungshemmend_nach_Casadevall_650

P1200105_U-Form_3_entzündungsfördernd_nach_Casadevall_650

P1190917_Wahren-Herlenius_Autoimmunität_Risiken_650

Wahren-Herlenius_Rückkopplung_angeb_erw_Abwehr_AIE_650

  Primär_Sekundärantwort_IgM_IgG_650

Zeitverlauf_klonale_Expansion_Kontraktion_CD4_CD8_650n

Und jetzt weiter im Text – oder vielmehr im Bild: Die nächste Zeichnung dreht sich um die circadiane Rhythmik des Immunsystems, also die Schwankungen von Zell- und Stoffkonzentrationen sowie -funktionen im Tagesverlauf.

MHC-Moleküle, Antigenbindung und Superantigenbindung

Weitere Grundlagen-Zeichnungen; Erläuterungen folgen im Buch.

P1170277_Aufbau_MHC_I_MHC_II_650

MHC-Klasse-II-Komplex mit Antigen wird von passendem T-Zell-Rezeptor erkannt:

P1170282_immunologische_Synapse_MHC_Antigen_TCR_ohne_CD4_s_500

CD4 dockt außen an MHC-II-β-Kette an und stabilisiert die Verbindung:

P1170282_immunologische_Synapse_MHC_Antigen_TCR_CD4_s_500

Superantigene binden sowohl an MHC-Klasse-II-Moleküle als auch an T-Zell-Rezeptoren außerhalb der Antigenbindungsstelle. So lösen sie starke Immunreaktionen in allen möglichen T-Zellen aus:

P1170282_immunologische_Synapse_MHC_Peptid_TCR_CD4_Superantigen_weniger_Beschriftung_500

 (Quelle für Anordnung Superantigen-Bindung: http://course1.winona.edu/kbates/Immunology/images/figure_11_08.jpg)

DNA-Schleifen und Steuerungssequenzen mit Fernwirkung

Neue Skizzen fürs Buch; Erläuterungen folgen dort:

Würmer im Darm regen IL-10-Ausschüttung an und verhindern so bei Mäusen Typ-1-Diabetes

P. K. Mishra et al.: Prevention of type 1 diabetes through infection with an intestinal nematode parasite requires IL-10 in the absence of a Th2-type response. Mucosal Immunology, 18. Juli 2012, doi: 10.1038/mi.2012.7

Notizen noch nicht allgemeinverständlich zusammengefasst

Abstract: Wurminfektionen können Typ-1-Diabetes verhindert; Mechanismen noch unklar. Hier wurden NOD-Mäuse (Tiermodell für Typ-1-Diabetes), die kein Interleukin 4 produzieren können (IL-4-/-), im Alter von 5-7 Wochen mit dem Darmparasiten Heligmosomoides polygyrus infiziert und anschließend entwurmt. Im Unterschied zu den nicht infizierten Tieren entwickelten die meisten von ihnen bis zur 40. Lebenswoche keinerlei Anzeichen für Typ-1-Diabetes oder eine Schädigung der Betazellen in der Bauchspeicheldrüse. Die CD4+-STAT6-Phosphorylierung (also der IL-4/IL-13-Signalweg) war unterbunden, die CD4+-STAT1-Phosphorylierung (also die IFN-γ-Produktion) nicht. In FoxP3-CD4+-T-Zellen war die IL-10-Produktion stark erhöht.

Blockierte man die IL-10-Signalgebung in den NOD-IL-4-/--Mäusen, so wurden die Betazellen zerstört, und die Tiere bekamen Typ-1-Diabetes. NOD-Mäuse, die IL-4 herstellen konnten, blieben dagegen auch bei einer IL-10-Signalblockade gesund. Ein Transfer jener CD4+-T-Zellen aus infizierten NOD-IL-4-/--Mäusen, die offenbar primär für die erhöhte IL-10-Produktion verantwortlich sind, in nicht infizierte NOD-IL-4-/--Mäuse verhinderte deren Erkrankung. Diese Zellen sind keine klassischen regulatorischen T-Zellen oder Tregs (kaum FoxP3).  Weiterlesen

Morphea (zirkumskripte Sklerodermie) ist eine Autoimmunstörung

Den Hautärzten sei es ins Gebetbuch geschrieben. Immer muss man alles selbst herausfinden … 🙁 Auf  – eigene oder fremde – Abbildungen verzichte ich bei diesem Thema. (Vorsicht, nicht beim Frühstück danach googeln!)

Zusammenfassung von vier Arbeiten zum Thema, von alt nach neu; noch nicht allgemein verständlich aufbereitet:

Hyun-Jeong Lee et al.: Two cases of Morphea Associated with Hashimoto’s Thyroiditis. Acta Derm Venerol 2002 82, 2002, 58-59, doi:10.1080/000155502753600920

Bericht über zwei Fälle: (1) 27-j. Frau, hat seit 5 Jahren Morphea-Plaque an einem Unterarm; TSH erhöht, Anti-Tgo-Antikörpertiter erhöht, (2) 42-j. Frau, seit 3 Monaten sklerotische Plaque an einem Unterarm, vor 8 Jahren Diagnose Hashimoto-Thyreoiditis erhalten. In beide Biopsien zeigten sich unregelmäßig angeordnete, verdickte und hyaline Kollagenbündel in der Netzschicht (Stratum reticulare) der Lederhaut (Dermis) und ein fleckiges Entzündungsinfiltrat, vor allem Lymphozyten, gemischt mit Plasmazellen, in der Dermis und der Unterhautfettschicht. Die Kollagenvermehrung und das Entzündungsinfiltrat verdicken die Scheidewände oder Septen in der Unterhaut und verschieben die ekkrinen Schweißdrüsen in die mittlere Dermis.   Weiterlesen

L-Thyroxin hemmt die zerstörerische Entzündung der Schilddrüse bei Hashimoto-Thyreoiditis

Interleukin-2, Bändermodell

Eine bereits ältere und sicher nicht weltbewegende Studie, die dennoch eine Zusammenfassung verdient, weil sie zeigt, dass die Standardtherapie bei Hashimoto-Thyreoiditis (Gaben des Schilddrüsenhormons L-Thyroxin) nicht nur die Symptome des Schilddrüsenhormonmangels bekämpft, sondern den Zerfall der Schilddrüse durch Angriffe von Immunzellen verlangsamt:

Feyzullah Guclu et al (2009): Down-regulation of the auto-aggressive processes in patients with hypothyroid Hashimoto’s thyroiditis following substitutive treatment with L-thyroxine. Eur. Cytokine Netw., Vol. 20 n° 1, March 2009, 27-32. doi: 10.1684/ecn.2009.0147

Abstract: Etwa zwei Prozent der Bevölkerung entwickeln eine Hashimoto-Thyreoiditis. Ziel der Studie: die Rolle von Zytokinen (Interleukine IL-2, IL-4, IL-12 und Interferon IFN-γ) in der Pathogenese und die Veränderung der Zytokinkonzentrationen durch die Behandlung mit L-Thyroxin ermitteln. Methode: Analyse des Blutes von 65 Frauen (18-73 Jahre alt), die mit Hashimoto-Thyreoiditis in eine Klinik eingewiesen wurden, vor Behandlungsbeginn sowie nach 10-12 Wochen L-Thyroxin-Gabe, nach der die Patientinnen wieder euthyroid waren (d. h. TSH zwischen 1 und 2 µIU/mL). [Das kommt mir sehr kurz vor; bei mir hat die Einstellung über ein Jahr gedauert. In einer Klinik kann man sicherlich etwas energischer vorgehen als bei einer Betreuung durch den Hausarzt/die Hausärztin, aber dass zwischen den beiden Blutanalysen maximal 12 Wochen lagen, könnte m. E. ein Grund für die Nichtsignifikanz einer Zytokinspiegeländerung sein; s. u.] Ergebnisse: Nach der Behandlung waren der TSH-Spiegel im Serum signifikant verringert und der FT4-Spiegel (freies Thyroxin) signifikant erhöht; die Konzentration der Anti-Tg- und der Anti-TPO-Antikörper sowie des Zytokins IL-12 waren signifikant gesunken. Die Verringerung des IFN-γ-Spiegels war dagegen nicht signifikant. Bei IL-2 und IL-4 wurden keine Veränderungen festgestellt. Schluss: Die Veränderungen könnten darauf hindeuten, dass die Behandlung mit L-Thyroxin einen von T-Helferzellen des Typs 1 (Th1) dominierten Entzündungsvorgang verlangsamt oder stoppt.   Weiterlesen