Low-Level-Lasertherapie bei Hashimoto-Thyreoiditis

Ich bin kein Fan der sogenannten Komplementär- oder Alternativmedizin, der die Low-Level-Lasertherapie (LLLT) bislang offenbar zugerechnet wird. Dennoch bespreche ich hier zwei Arbeiten, die aus der ersten klinischen Studie zur Behandlung von Hashimoto-Thyreoiditis mit LLLT hervorgegangen sind. Es bleibt abzuwarten, ob weitere klinische Studien anderer Forschergruppen – auch bei anderen Indikationen und mit längeren Nachbeobachtungszeiträumen – die Wirksamkeit bestätigen.

Der Bedarf an wirksamen ergänzenden Therapien neben der Gabe von L-Thyroxin und ggf. Selen ist bei Hashimoto-Thyreoiditis jedenfalls groß, denn vielen Patientinnen und Patienten geht es trotz sauber eingestellter Hormongaben nicht gut.

Beide Arbeiten stammen von einer Forschergruppe in São Paulo, Brasilien:

Danilo B. Höfling et al.: Clinical Study: Assessment of the Effects of Low-Level Laser Therapy on the Thyroid Vascularization of Patients with Autoimmune Hypothyroidism by Color Doppler Ultrasound. ISRN Endocrinology (2012), 9 Seiten (Open Access)

Danilo B. Höfling et al.: Low-level laser in the treatment of patients with hypothyroidism induced by chronic autoimmune thyroiditis: a randomized, placebo-controlled clinical trial. Lasers Med Sci (2013) 28:743-753 (Paywall)

Die Autoren nennen die Hashimoto-Thyreoiditis durchgängig „chronic autoimmune thyroiditis“ oder CAT. Gemeint ist, wie Definition und Diagnosekriterien zeigen, dasselbe.

Der mutmaßliche Wirkmechanismus hinter der LLLT: Das Laserlicht soll auf Photoakzeptoren in der Atmungskette der Zellen einwirken, wahrscheinlich auf die Cytochrom-c-Oxidase. Dadurch soll die Produktion von ATP, reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) und Stickstoffmonoxid (NO) angeregt werden und der innerzelluläre Kalziumspiegel steigen. Daraufhin sollen die Zellen mehr Wachstumsfaktoren und Zytokine produzieren, die die Gewebsreparatur fördern. Rotlicht- oder Nahinfrarot-Laser scheinen in vitro die Serumkonzentration proinflammatorischer Zytokine zu senken, darunter TNF-α, IFN-γ, IL-1β, IL-2, Il-6 und IL-8. Zugleich steigern LLL offenbar die Produktion von entzündungshemmenden, regulatorischen Zytokinen.

In der klinischen Studie wurden 43 Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis, die hormonell gut eingestellt waren, randomisiert einer Laserbehandlungsgruppe (23 Personen) und einer Placebogruppe (20 Personen) zugeordnet. Unter den 43 Personen, die den Einschlusskriterien genügten (u. a. TSH, T3 und T4 im Normbereich, kein zusätzlicher M. Basedow, keine andere schwere Erkrankung) und an der Studie teilnehmen konnten, war nur ein Mann. Die Behandlung bestand aus 10 Bestrahlungssitzungen innerhalb von 5 Wochen.   Weiterlesen

Hitliste der mit Hashimoto-Thyreoiditis assoziierten Autoimmunerkrankungen und Allergien

Dagdelen I, Agbaht K, Soykan I & Gullu S: Autoimmune and allergic diseases associated with autoimmune thyroid diseases. Endocrine Abstracts (2012) 29 P1710

(Ich fasse nur das Abstact zusammen, da ich die volle Arbeit – wohl ein Konferenzvortrag – nicht kenne. Weitere Literaturzusammenfassungen zum selben Thema hier, hier, hier und hier.)

Motiv: Etlichen Hashimoto-Thyreoiditis- oder Morbus-Basedow-Patienten geht es trotz gut eingesteller Schilddrüsenhormonwerte nicht gut. Die Autoren wollten herausfinden, ob das an weiteren Autoimmunerkrankungen oder allergischen Erkrankungen liegen kann.

Methode: 274 Hashimoto- und 53 Morbus-Basedow-Patienten in einem Uni-Krankenhaus auf weitere Erkrankungen untersucht.

Ergebnisse: Knapp 24 % der Hashimoto-Patienten und gut 13 % der Basedow-Patienten hatten mindestens eine weitere Autoimmunerkrankung oder Allergie. Am häufigsten waren bei den Hashimoto-Patienten*

  • Erkrankungen des Verdauungstrakts mit gut 10 % (Typ-A-Gastritis, Zöliakie, Autoimmun-Pankreatitis, Colitis ulcerosa, primär-biliäre Zirrhose)
  • Allergien mit knapp 7 % (Asthma, chronische Nesselsucht, Rhinosinusitis)
  • rheumatische Erkrankungen mit gut 4 % (rheumatoide Arthritis, SLE, Sjögren-Syndrom, Morbus Behçet, Morbus Bechterew usw.).

(Die Auflistung geht noch weiter, aber Werte um oder unter 1 % finde ich – solange die Prävalenzen in der Normalbevölkerung nicht dazu genannt werden – nicht gerade aussagekräftig.)

Außerdem wurde bei gut 18 % der Hashimoto-Patienten eine Vitamin-B12-Mangel-Anämie und bei gut 10 % eine kombinierte Vitamin-B12- und Eisenmangel-Anämie festgestellt.

Schlussfolgerung: Die häufigen Zusatzerkrankungen des Verdauungstrakts könnten einige Hashimoto-Symptome durch eine Anämie verstärken.

Mein Eindruck: Da es offenbar keine Kontrollgruppe gab und zumindest im Abstract Angaben zu den Prävalenzen in der Normalbevölkerung fehlen, lässt sich aus den Daten nicht viel schließen. Außerdem hätte ich gern gewusst, ob die Diagnose mindestens einer weiteren Erkrankung mit dem vorab erfragten Befinden korreliert und ob Vitamin-B12- und/oder Eisen-Gaben dieses Befinden verbessern.

* Diese Angabe (Hashimoto) fehlt im Abstract; aus dem Kontext geschlossen, da anschließend die – insgesamt niedrigeren – Zahlen für M. Basedow genannt werden.

„Kleine graue Wolke“ beim Virenschleuder-Preis

Ich muss zugeben: Online-Votings, bei denen letzten Endes diejenigen das Rennen machen, die ohnehin schon den größten Fankreis haben und diesen irgendwie (und sei es durch Nerverei) zum Klicken bewegen, üben auf mich keinen Reiz aus. So geht es mir mittlerweile auch mit dem Virenschleuder-Preis, bei dem zwar eine Jury die Sieger in den drei Kategorien kürt, die Shortlists aber zuvor durch ein Voting ermittelt werden.

Außerdem verstehe ich nicht, wozu dieses 1-bis-10-Sterne-System gut sein soll: Wenn ich ein Projekt mit „nur“ einem Stern bewerte, schade ich ihm dann? Oder ist ein Stern allemal besser als gar keine Stimme? Na, egal: Ich habe meine Wahl getroffen. Und da es eben nicht nur um „Beliebtheit“ gehen sollte, habe ich für Projekte gestimmt, die ich gesellschaftlich wichtig bzw. sinnvoll finde. Dazu zählt auf jeden Fall der Dokumentarfilm „Kleine graue Wolke“, den Sabine Volgmann dreht: Es geht um Multiple Sklerose und darum, was diese Diagnose mit ihr gemacht hat.

Mich persönlich spricht der Film – offen gestanden – nicht besonders an. Ich gehöre irgendwie nicht zur Zielgruppe: Ich packe das Thema Autoimmunerkrankungen lieber nüchtern-naturwissenschaftlich an; das tut mir gut; dabei lerne ich was. Aber das tut der Unterstützungswürdigkeit des Projekts natürlich keinen Abbruch! Mir ist schon klar, dass ich mit meinem Ansatz zu einer schrulligen Minderheit gehöre. 😉

Wenn ich das richtig verstanden habe, kann man noch bis morgen (25.09.) abstimmen. Vielleicht auch noch länger, denn die Deadline 25.09. gilt eigentlich für die Einreichungen.* Also: Hier geht es zur „Kleinen grauen Wolke„.

* Update: Initiator Leander Wattig bestätigt auf Facebook, dass das Voting noch länger läuft. Trotzdem: besser gleich abstimmen, bevor man es vergisst.

 

Dendritische Zellen und Mikrogliazellen

Die letzte Skizze für heute:

P1150754_DC_und_Mikroglia_650Dendritische Zellen nehmen im Gewebe Antigene auf, verarbeiten sie weiter und präsentieren sie nach ihrer Wanderung in einen Lymphknoten auf ihren MHC-Klasse-II-Molekülen (Tablett) den T-Zellen. Hier ein Frühstadium; das spätere Stadium als antigenpräsentierende Zelle (APC) habe ich schon letztes Jahr skizziert.

Mikrogliazellen übernehmen im Gehirn ähnliche Aufgaben wie Makrophagen oder dendritische Zellen: Zwischen den Nervenzellen sitzend, tasten sie mit ihren zahlreichen Ausläufern ständig ihre Umgebung ab, um den Zustand der Synapsen zu überprüfen, gegebenenfalls Nervenverbindungen zu reparieren oder abzubauen und bei Infektionen Erreger zu verschlingen sowie Alarmsignale auszusenden. Das Kuriose: Sie stammen nicht aus dem Knochenmark und auch nicht aus den embryonalen blutbildenden Organen wie der Embryo-Leber, sondern aus dem Dottersack!

Da ich die Makrophagen bereits vor einigen Monaten gezeichnet habe, ist die Skizzenserie zu den Zellen der angeborenen Immunabwehr damit abgeschlossen.

Eosinophiler Granulozyt

Zum Glück lassen sich Granulozyten unterschiedlich einfärben, sonst wären sie kaum auseinanderzuhalten: Eosinophilen-Granula nehmen den Farbstoff Eosin Y an.

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Die Granula enthalten zahlreiche Gifte, darunter kationische (also positiv geladene) Proteine, die nach ihrer Freisetzung die Zellmembranen von Krankheitserregern durchlöchern. Wie bei Pestiziden in der Landwirtschaft schadet eine übermäßige Anwendung dem Anwender selbst. Überaktive Eosinophile sind vermutlich an den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn und Colitis ulcerosa) und an einigen Autoimmunerkrankungen beteiligt.

Basophiler Granulozyt

Nächste Skizze: ein Basophiler mit seinem charakteristisch in zwei Lappen unterteilten Zellkern und vielen, vielen Granula (Bläschen, die mit chemischen Waffen angefüllt sind).

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Die Funktion dieser seltenen, eng mit den Mastzellen verwandten Immunzellen ist noch nicht ganz geklärt. Vielleicht sind sie Spezialisten für die Bekämpfung wiederholter Zeckeninfektionen.

„Der Japaner“

Zeit für ein Geständnis: Ich lese zwar passiv in einigen Foren von PatientInnen mit Hashimoto-Thyreoiditis mit und bin auch froh, dass es solche Foren gibt. Aber mit dem dort vorherrschenden Diskussionsstil, den ich als unsachlich und unstrukturiert empfinde, und mit dem teils unreflektierten, teils auch geschäftsmäßigen Anpreisen fragwürdiger alternativer Therapien bin ich nie warm geworden.

Was mich dabei mindestens ebenso abstößt wie Verniedlichungsformen („Hallöchen, liebe Hashis!“), ist die Bezeichnung unserer Erkrankung als „der Japaner“: „Der Japaner in meinem Hals macht mich gerade wieder fertig“ und so weiter. Der Pathologe Hakaru Hashimoto hat die Erkrankung 1912 in einem wissenschaftlichen Aufsatz erstmals korrekt beschrieben. Seien wir ihm doch bitte dankbar dafür.

Neutrophiler Granulozyt

Noch eine Skizze für das Kapitel, in dem ich die Zellen des Immunsystems vorstelle:

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Ein Neutrophiler wirft sein DNA- und Enzym-Netz (NET = neutrophil extracellular net) aus, um einen Krankheitserreger zu fixieren und auszuschalten. Obwohl sich die Zelle dabei selbst entkernt, lebt sie oft noch eine Weile weiter und bleibt aktiv – gewissermaßen als Zombie.

Mastzelle

Heute wegen allgemeiner Wahlaufregung nur eine kleine Skizze: eine Mastzelle.

P1150743_Mastzelle_500Die Pausbäckchen sind ein bisschen unfair, denn dem Namen zum Trotz mästen sich Mastzellen gar nicht: Das hat ihr Entdecker Paul Ehrlich falsch interpretiert. Mit ihrer IgE-Zwille schießt die Zelle auf einen Gegner. Die Sommersprossen sind die Granula, in denen sie ihre chemischen Waffen speichert – unter anderem Histamin. Mastzellen sind an schnellen Reaktionen auf Insektenstiche, aber auch an Allergien beteiligt.