Schlagwort-Archive: Autoimmunerkrankungen

Mensch, Maus, Tomate: verblüffende Unterschiede und Parallelen in der Regulierung von Entzündungen

Interleukin-1 (IL-1) ist ein proinflammatorisches Cytokin, also ein Botenstoff, der Entzündungsreaktionen auslöst oder fördert. Er wird in allen möglichen Zellen unseres Körpers produziert und liegt zunächst als inaktive Vorform im Zytoplasma, also im Zellinneren vor. Erst wenn die Zelle ein Alarmsignal an ihre Umgebung aussenden will, etwa weil sie eine Verletzung oder Infektion spürt, die eine Immunreaktion erfordert, bearbeitet sie das Protein so, dass es aus der Zelle austreten kann. Im Zwischenzellraum kann IL-1 dann an einen IL-1-Rezeptor auf der Außenseite einer anderen Zelle binden, etwa einer Immunzelle, die dadurch aktiviert wird und eine Signalkette auslöst, die zu Entzündungsreaktionen beiträgt. So können zum Beispiel weitere proinflammatorische Interleukin-Gene im Zellkern der Immunzelle abgelesen werden, oder die Immunzelle schüttet bereits produzierte Substanzen aus, die zur Anschwellung und Erwärmung des Gewebes, Gefäßweitung, Anlockung weiterer Immunzellen usw. führen.

Das darf natürlich nicht ständig passieren, sonst würde jede kleine Störung und jeder Irrtum der ersten Zelle in dieser Reaktionskette zu Entzündungen führen, die dann womöglich einen Teufelskreis auslösen, wie es bei autoinflammatorischen Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen der Fall ist. Daher gibt es einen Antagonisten: einen Botenstoff, der dem Interleukin-1 ähnelt und ebenfalls an den IL-1-Rezeptor binden kann, dort aber keine Signalkette auslöst, sondern den Rezeptor blockiert. Dieser IL-1-Rezeptorantagonist (IL-1RA) gehört ebenfalls zur Grundausstattung fast aller unserer Zellen und legt im Normalfall den Großteil der Rezeptoren lahm. Erst wenn wirklich viel IL-1 im Zellzwischenraum unterwegs ist, weil zum Beispiel gleich mehrere Zellen in der Umgebung kräftig Alarm geben und IL-1 ausschütten, verdrängt das proinflammatorische IL-1 den antiinflammatorischen Antagonisten IL-1RA von den Rezeptor-Bindungsstellen.

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Hashimoto-Thyreoiditis: Wenn das Immunsystem ein lebenswichtiges Organ angreift

Ich habe kürzlich einen Vortrag gehalten, auf dessen Folien neben Zeichnungen aus Band 1 und für Band 2 auch einige neue Zeichnungen vorkommen. Der Vortrag dauert etwa 45-60 Minuten, ist also für eine 90-minütige Veranstaltung geeignet, etwa bei Selbsthilfegruppen oder in Bildungseinrichtungen oder Kliniken. (Anfragen bitte an die im Impressum genannte Mailadresse!)


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Abb. 252: Gestörte Einlasskontrolle

Bei Autoimmunerkrankungen werden die falschen Zellen in das tertiäre Lymphgewebe eingelassen: CD8+-T-Zellen, die auf die Eliminierung von Viren spezialisiert sind, werden ausgesperrt. Autoreaktive B-Zellen dürfen dagegen passieren und richten infolge ihrer Vermehrung und Affinitätsreifung viel Unheil an.

Sie dürfen diese Zeichnung gerne in Folien etc. übernehmen, sofern Sie die Quelle angeben: Dr. Andrea Kamphuis, https://autoimmunbuch.de

Abb. 241: Infektionen und Autoimmunerkrankungen

Viele Autoimmunerkrankungen wurden mit Infektionen in Verbindung gebracht, die zum Teil ganz andere Organe oder Körperregionen (hier links) betreffen.

Oben: Multiple Sklerose schädigt Nervenzellen und soll mit dem Epstein-Barr-Virus assoziiert sein, das ausgerechnet B-Zellen, also Akteure des Immunsystems befällt. Das Guillain-Barré-Sydrom, bei dem ebenfalls die Nerven angegriffen werden, soll durch einen Befall mit dem korkenzieherförmigen Bakterium Campylobacter jejuni ausgelöst werden können.

Mitte: Rheumatoide Arthritis greift unsere Gelenke an und wurde unter anderem mit dem Bakterium Proteus mirabilis in Verbindung gebracht, das (meist unbemerkt) den Harntrakt infiziert.

Unten: Bei Menschen mit der Schilddrüsenerkrankung Morbus Basedow wurde der Magenkeim Helicobacter pylori überdurchschnittlich häufig nachgewiesen.

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Abb. 237: Warum eine „Abwehrstärkung“ nicht für jeden gut ist

Zahlreiche Erbanlagen tragen zur individuellen Reaktionsbereitschaft des Immunsystems bei. Die Punkte stehen für drei Individuen mit Prädispositionen zu schwachen (weiß), mittelstarken (schraffiert) und sehr starken (schwarz) Abwehrreaktionen. An beiden Enden des breiten natürlichen Spektrums ist das Erkrankungsrisiko erhöht: Links droht Immunschwäche, rechts kann es zu Autoimmunerkrankungen und chronische Entzündungen kommen. Umwelteinflüsse können das Immunsystem leichter aktivierbar oder träger machen und damit das individuelle Erkrankungsrisiko über die kritische Schwelle heben.

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Abb. 233: Weit verstreute Anlagen

Die bekannten Prädispositionen für Autoimmunerkrankungen sind fast über das ganze Genom verteilt und fallen in mehrere Klassen: bindungsunfähige oder allzu bindungsfreudige MHC-Klasse-II-Moleküle (Tabletts), überaktive T-Zell-Rezeptoren (Brille), inaktive Tregs (Schlafmaske), übermäßige Zytokinproduktion (Megafon), mangelhafte Autoantigenpräsentation im Thymus (geschrumpftes AAG), Wundheilungsstörungen (Pflaster) usw.

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Abb. 16: Komplexe Erblichkeit

Komplexe Erblichkeit: Ein Chromosomensatz besteht beim Menschen aus 22 normalen Chromosomen (sogenannten Autosomen) und einem Geschlechtschromosom (X oder Y). Die schwarzen Punkte hinter den Chromosomen markieren wichtige Risikogenorte für
Autoimmunerkrankungen, die Kreise vor den Chromosomen Risikogenorte für Asthma. Auf den Chromosomen 1, 6, 7, 11 und 16 gibt es deutliche Überschneidungen. Auf dem kurzen Arm von Chromosom 6 liegen die Gene des Haupthistokompatibilitätskomplexes (MHC), deren Varianten an vielen Autoimmunerkrankungen beteiligt sind.

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Abb. 14: Das Spektrum der Autoimmun- und autoinflammatorischen Erkrankungen

Das Spektrum der Autoimmunerkrankungen und autoinflammatorischen Erkrankungen mit einigen Beispielen. Oft werden auch Krankheiten im Mittelfeld als Autoimmunerkrankungen aufgefasst, obwohl sie nicht alle Witebsky-Rose-Kriterien erfüllen.

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Abb. 13: Die Witebsky-Rose-Kriterien

Nach den strengen Witebsky-Rose-Kriterien sind nur solche Krankheiten Autoimmunerkrankungen, bei denen

  1. das vom Immunsystem angegriffene Autoantigen genau bekannt ist,
  2. die Autoantikörper oder autoreaktiven T-Zellen bekannt sind, die an das
    Autoantigen binden,
  3. die Krankheit durch aktive Immunisierung hervorgerufen werden kann
    (Injektion des Autoantigens zusammen mit einem reaktionsverstärkenden
    sogenannten Adjuvans) und
  4. eine Übertragung der Autoantikörper gesunde Organismen erkranken
    lässt (passive Immunisierung).

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