Schlagwort-Archive: Mikrobiom

Aufräumaktion, Teil 2

Weitere [fast] unkommentierte Links aus den angesammelten Wissenschafts-Newslettern der letzten Wochen:

Mikrobiom:

Yandell (2016): Chimps Share Microbes When Socializing

Kinder: Antibiotika fördern Asthma und Übergewicht. Makrolid-Antibiotika verändern die schützende Darmflora bei Kindern nachhaltig (2016) – zu Korpela et al. (2016): Intestinal microbiome is related to lifetime antibiotic use in Finnish pre-school children (Open Access)

Offord (2016): Restoring C-Section Babies’ Microbiota. A small pilot study suggests exposure to maternal vaginal fluids could restore infant microbiota following Cesarean-section delivery.
[Ich hielt es naiverweise für selbstverständlich, dass das seit Jahren so gehandhabt wird. Eigentlich sträflicher Leichtsinn, erst jetzt damit anzufangen.]

Offord (2016): Antiperspirants Affect Armpit Ecosystems. Wearing antiperspirant can substantially alter a person’s armpit microbiome, scientists show.

Offord (2016): Hibernation Helpers. Gut microbes may help regulate the metabolic changes a bear experiences before and during hibernation, scientists show.

Azvolinsky (2016): Breast Milk Sugars Support Infant Gut Health. Oligosaccharides found in breast milk stimulate the activity of gut bacteria, promoting growth in two animal models of infant malnutrition.

Ghannoum (2016): The Mycobiome. The largely overlooked resident fungal community plays a critical role in human health and disease.

Pflanzliches Immunsystem:

Keener (2016): Plant Immunity. How plants fight off pathogens.

Aberli (2016): Fighting Back. Plants can’t run away from attackers, so they’ve evolved unique immune defenses to protect themselves.

Akst (2016): Premature Assault? Plants may trick bacteria into attacking before the microbial population reaches a critical size, allowing the plants to successfully defend the weak invasion.

Akst (2016): Widespread Plant Immune Tactics. A survey of plant genomes reveals how different species trick pathogens into triggering their immune defenses.

Zusi (2016): Fungal Security Force. In yew trees, Taxol-producing fungi function as an immune system to ward off pathogens.

Sonstige Themen:

Peng et al. (2016): Seminal fluid of honeybees contains multiple mechanisms to combat infections of the sexually transmitted pathogen Nosema apis (Paywall)

Elternschaft verändert Immunsystem mehr als eine Infektion. Elternschaft und Alter erweisen sich als größte Einflussfaktoren für die individuelle Immunabwehr (2016)

Offord (2016): Humans Meet Neanderthals: The Prequel. The earliest interbreeding between humans and Neanderthals took place at least 100,000 years ago—millennia earlier than previously thought.

Williams (2016): Neanderthals’ Genetic Legacy. Ancient DNA in the genomes of modern humans influences a range of physiological traits.

Neue Literatur, ungesichtet

Zum Wiedereinstieg nach erneut viel zu langer Pause verlinke ich hier einige neuer Artikel zum Immunsystem und angrenzenden Themen, die ich noch genauer sichten muss. Der Beitrag über Autoimmunerkrankungen als Folge einer erfolgreichen körpereigenen Krebs-Abwehr, der seit Wochen in der Blog-Pipeline hängt, folgt hoffentlich bald.

Kuhlwilm et al. (2016): Ancient gene flow from early modern humans into Eastern Neanderthals (Paywall)

Cornwall (2015): Study may explain mysterious cancer–day care connection – zu Swaminathan et al (2015): Mechanisms of clonal evolution in childhood acute lymphoblastic leukemia (Paywall)

Opas Essen macht unsere Darmflora arm Die Ernährung unserer Großeltern und Eltern beeinflusst auch unser Mikrobiom (2016) – zu Sonnenburg et al. (2015): Diet-induced extinctions in the gut microbiota compound over generations (Paywall)

Keener (2016): Cord Blood Cells Foretell Food Allergy. Scientists link an immune phenotype present at birth to the development of food allergies a year later – zu Zhang et al. (2016): Cord blood monocyte–derived inflammatory cytokines suppress IL-2 and induce nonclassic “TH2-type” immunity associated with development of food allergy (Paywall)

Taylor (2015): Absent Friends: How the Hygiene Hypothesis Explains Allergies and Autoimmune Diseases. Auszug aus dem Buch „Body by Darwin: How Evolution Shapes Our Health and Transforms Medicine“

Azvolinsky (2015): Long-Lived Immune Memories. Two types of memory T cells can preserve immunological memories for more than a decade, a study shows – zu Oliveira et al. (2015): Tracking genetically engineered lymphocytes long-term reveals the dynamics of T cell immunological memory (Paywall)

Sind Viren doch Lebewesen? Proteinvergleiche sprechen für zelluläre Vorläufer der modernen Viren (2015) – zu Nasir & Caetano-Anollés (2015): A phylogenomic data-driven exploration of viral origins and evolution (Open Access)

Azvolinsky (2015): B Cells Can Drive Inflammation in MS. Researchers identify a subset of proinflammatory cytokine-producing B cells that may spark multiple sclerosis-related inflammation – zu Li et al. (2015): Proinflammatory GM-CSF–producing B cells in multiple sclerosis and B cell depletion therapy (Paywall)

Yandell (20150: Fanning the Flames. Obesity triggers a fatty acid synthesis pathway, which in turn helps drive T cell differentiation and inflammation – zu Endo et al. (2015): Obesity Drives Th17 Cell Differentiation by Inducing the Lipid Metabolic Kinase, ACC1 (Open Access)

Scientists identify factor that may trigger type 1 diabetes (2016) – zu Delong et al. (2016): Pathogenic CD4 T cells in type 1 diabetes recognize epitopes formed by peptide fusion (Paywall)

Heilung bakterieller Hautinfektionen vermutlich von der Hautflora beeinflusst

Nicht nur im Darm, auch auf der Haut beeinflussen unsere bereits etablierten Mitbewohner, ob sich ein Neuankömmling – etwa ein Krankheitserreger – ansiedeln kann oder nicht. Die Zusammensetzung des Mikrobioms wiederum wird vom Wirt und seinem Immunsystem beeinflusst – und wirkt auf dieses Immunsystem zurück.

Anders als bei der Darmflora lassen sich im Bakterienartenmix auf trockener, gesunder Haut keine „Leuchtturm-Arten“ ausmachen, die die Gemeinschaft dominieren. Auf dem Oberarm leben stattdessen sehr viele Arten in relativ ausgeglichener Verteilung. Zugleich schwankt die Zusammensetzung mit der Zeit.

In der hier vorgestellten Studie haben sich acht tapfere Freiwillige an mehreren Stellen an ihren Oberarmen mit dem Bakterium Haemophilus ducreyi haben infizieren lassen. H. ducreyi ist der Erreger der Geschlechtskrankheit Weicher Schanker (Ulcus molle), kann aber auch auf der normalen Haut zu Pusteln führen, die bei Kindern in Afrika oft zu chronischen Abszessen werden. Mit Antibiotika behandelt, heilen diese lokalen Infektionen vollständig ab, ohne die Gesundheit weiter zu beeinträchtigen.

Bei etwa 30 Prozent aller Betroffenen heilen die Hautinfektionen auch ohne Intervention ab. In der kleinen Studie verschwanden die Vorformen der Pusteln bei vier Teilnehmern, also der Hälfte, ohne Behandlung rasch wieder. Die Autoren haben untersucht, ob sich die Hautflora dieser Selbstheiler vom Mikrobiom der Teilnehmer unterscheidet, deren Immunsystem ohne Unterstützung nicht mit H. ducreyi fertig wird. Ihre aus der Ökologie abgeleitete Hypothese, dass die lokale Hautflora der Selbstheiler eine größere Vielfalt und damit eine höhere Resilienz aufweist, bestätigte sich nicht – was aber auch an der sehr kleinen Teilnehmerzahl liegen kann.

Dennoch gab es markante Unterschiede: Die Mikrobiome der vier Selbstheiler ähnelten sich zu Beginn des Versuchs untereinander viel stärker als den vier Mikrobiomen der Pustel-Entwickler, die auch untereinander recht verschieden waren. Auf der gesunden Oberarmhaut der künftigen Selbstheiler leben deutlich mehr Actinobacteria, Firmicutes und Bacteroidetes und dafür deutlich weniger Proteobacteria als in der Hautflora der künftigen Pustel-Entwickler. Entweder wirkt sich die Zusammensetzung des Selbstheiler-Mikrobioms günstig auf die Bekämpfung des Pathogens aus, oder Eigenschaften des Wirts – etwa das Aktivitätsniveau bestimmter Immunzellen – prägen sowohl das Mikrobiom als auch die Selbstheilungschancen.

Nach einigen Tagen hatte sich das Bild umgekehrt: Nun waren sich die Mikrobiome der Pustel-Entwickler ziemlich ähnlich. In den Pusteln hatten sich neben H. ducreyi auch Proteobacteria, Bacteroidetes, Micrococcus, Corynebacterium, Paracoccus und Staphylococcus vermehrt – vermutlich aufgrund der vergeblichen Versuche des Immunsystems, H. ducreyi zu bekämpfen (sog. Hyperinflammation). Bei dieser versagenden Abwehr gelingt es den Zellen des angeborenen Immunsystems nicht, die Pathogene rasch durch Verschlingen (Phagozytose) unschädlich zu machen. Entsprechend werden in den Pusteln über längere Zeit viele entzündungsfördernde Zytokine, Sauerstoff- und Stickstoff-Radikale, antimikrobielle Peptide usw. ausgeschüttet, und die Temperatur und die Feuchtigkeit steigen. Davon profitieren einige Bakterien, während andere in dieser veränderten Umwelt nicht mehr gedeihen.

Eine Abheilung von Pusteln ging dagegen mit einer Vermehrung von Actinobacteria und Propionibacterium einher. Vielleicht hindern diese Bakterien H. ducreyi aktiv an der Vermehrung, oder sie konkurrieren mit dem Pathogen erfolgreich um Ressourcen, oder sie versetzen das Immunsystem ihres Wirts in die Lage, die Keime zu bekämpfen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass ihre Präsenz einfach einen Zustand des angeborenen Immunsystems anzeigt, der für die Bekämpfung von H. ducreyi besonders geeignet ist.

Literatur:

J. J. van Rensburg et al. (2015): The Human Skin Microbiome Associates with the Outcome of and Is Influenced by Bacterial InfectionmBio vol. 6 no. 5 e01315-15, doi: 10.1128/mBio.01315-15 (Open Access)

Dazu auch A. Azvolinsky (2015): Skin Microbes Help Clear Infection

Etablierung der Hautflora nach der Geburt: Ohne Tregs keine Toleranz

Eine aktuelle Arbeit, die genau zu dem Teil des Buches passt, den ich gerade schreibe, nämlich zur Entwicklung des Immunsystems rund um die Geburt:

T. C. Scharschmidt et al.: A Wave of Regulatory T Cells into Neonatal Skin
Mediates Tolerance to Commensal Microbes. Immunity 43, 1011–1021, November 17, 2015, doi: 10.1016/j.immuni.2015.10.016

Dazu auch Anna Azvolinsky: Birth of the Skin Microbiome

Unsere Haut ist eine der wichtigsten Barrieren zwischen der Außenwelt und unserem Körper und zugleich ein wichtiges Immunorgan. Ein Quadratzentimeter enthält über eine Million Lymphozyten und ist mit etwa einer Million Bakterien besiedelt. Das Mikrobiom der Haut unterscheidet sich grundlegend von der Flora etwa in unserem Darm oder in den Atemwegen, und die Ausbildung der Hautflora ist viel schlechter untersucht als die Etablierung der Darmflora. Unsere Haut ist vielschichtig und enthält zahlreiche Strukturen wie Haarfollikel oder schweiß- und Talgdrüsen, und sie wird im täglichen Leben häufig verletzt, wobei auch Bakterien in die tieferen Schichten eindringen – ohne dort normalerweise Entzündungen auszulösen.

Das kalifornische Forscherteam hat nun an Mäusen untersucht, wann und wie sich die Toleranz des Immunsystems gegenüber dem Bakterium Staphylococcus epidermis ausbildet, einem Kommensalen, der bei Mensch und Maus vorkommt. Bringt man die Bakterien auf die intakte Haut junger, aber ausgewachsener Mäuse auf, so kommt es zu einer gewissen T-Zell-Reaktion, aber nicht zu einer merklichen Entzündung. Kratzt man die Mäuse einige Wochen später und trägt erneut Bakterien auf die nunmehr verletzte Haut auf, so entzündet sie sich, es wandern viele Neutrophile (Zellen der angeborenen Abwehr) in die Haut ein, und die T-Zellen (Zellen der erworbenen Abwehr) reagieren stark auf die Eindringlinge. Das Immunsystem hat also durch den Erstkontakt keine Toleranz ausgebildet.

Anders, wenn man das Experiment mit eine Woche alten Mäusen beginnt, die vier Wochen später gekratzt und erneut mit den Bakterien konfrontiert werden: Bei ihnen werden dann nur wenige T-Zellen aktiv, und die Entzündung fällt sehr schwach aus. Der Organismus ist offenbar gegen Staphylococcus epidermis tolerant geworden. Dafür sind offenbar spezifische regulatorische T-Zellen oder Tregs vonnöten, die vor allem während der zweiten Lebenswoche der Mäuse recht abrupt in die Haut einwandern. Tregs aus dem Thymus sind auch in der Darmschleimhaut notwendig, um das Immunsystem gegen die Darmflora milde zu stimmen. Anders als im Darm beeinflusst die Zahl der Keime auf der Haut aber nicht die Zahl der Tregs.

Über 80 Prozent der CD4+-T-Zellen in der Haut von 1-2 Wochen alten Mäusen sind Tregs, während es bei erwachsenen Mäusen etwa 50 Prozent sind. Ihre Dichte in der Haut ist bei den Baby-Mäusen doppelt so hoch wie bei den ausgewachsenen Tieren, und sie sind hochgradig aktiviert – wiederum im Unterschied zu den Haut-Tregs erwachsener Mäuse. In tiefer liegenden Gewebeschichten kommt es nach der Geburt nicht zu einer Treg-Akkumulation; diese ist also hautspezifisch.

Behandelt man die neugeborenen Mäuse kurz vor dem ersten Auftragen von Staphylococcus epidermis mit einem Rezeptorantagonisten, der spezifisch die Auswanderung von Tregs aus dem Thymus unterbindet, so werden die Mäuse nicht tolerant gegen den Keim: nach dem Aufkratzen der Haut und dem zweiten Kontakt mit den Bakterien reagieren sie mit einer starken Entzündungsreaktion – anders als die Kontrollgruppe, in der die Wanderung der Tregs aus dem Thymus in die Haut nicht unterbunden wurde.

Außerdem enthält die Haut der Tiere mehr für Staphylococcus-Antigene spezifische Effektor-T-Zellen und weiterhin nur wenige für Staphylococcus-Antigene spezifische Tregs, obwohl die migrationshemmende Wirkung des vier Wochen zuvor verabreichten Rezeptorantagoisten längst abgeklungen ist und andere Tregs durchaus in der Haut vorkommen. Die Antigen-spezifischen Tregs müssen also im richtigen Zeitfenster – ein bis zwei Wochen nach der Geburt der Mäuse – aus dem Thymus in die Haut gelangen, um eine Toleranz gegen Kommensalen aus der Hautflora aufzubauen.

Anders als im Darm, in dem sowohl angeborene, direkt aus dem Thymus stammende Tregs (nTregs oder tTregs) als auch in der Peripherie durch Antigen-Präsentation induzierte Tregs (iTregs) an der peripheren Toleranz beteiligt sind, scheinen iTregs in der Haut nicht an der Etablierung der Toleranz gegen Kommensalen beteiligt zu sein – zumindest nicht in diesem frühen Zeitfenster. Auch die Mechanismen, über die Tregs andere Immunzellen tolerant stimmen, unterscheiden sich offenbar: Im Darm spielt das von den Tregs ausgeschüttete, entzündungshemmende Zytokin IL-10 eine große Rolle, während ein IL-10-Mangel das Gleichgewicht in der Haut nicht weiter zu stören scheint.

Auch die abrupte, massive Einwanderung hoch aktiver Tregs und während der zweiten Lebenswoche der Mäuse scheint hautspezifisch zu sein: Im Darm kommt es gar nicht zu einer solchen Welle, und in der Lunge ist sie erstens viel schwächer (Tregs stellen dort höchstens 15 Prozent der CD4+-T-Zellen statt über 80 Prozent) und zweitens offenbar nicht für die Ausbildung der Toleranz gegen Atemwegs-Kommensalen zuständig.

Auffällig ist, dass die Haarfollikel in der Haut der jungen Mäuse genau zur Zeit der Treg-Einwanderung entstehen. Tregs halten sich in der Haut von Mäusen wie Menschen bevorzugt an den Haarfollikeln auf. Vielleicht sondern die entstehenden Follikel ein Chemokin ab, das die Tregs anzieht. Da sich an den Haarwurzeln besonders viele Kommensalen ansiedeln, wäre es evolutionär von Vorteil, wenn auch die periphere Toleranzausbildung vor allem dort stattfände.

Da die Barrierefunktion der Haut nicht nur lokale, sondern (etwa bei der Entstehung von Asthma) auch systemische Auswirkungen hat, sollte man mit allem, was die Ausbildung einer normalen Hautflora und einer Toleranz des Immunsystems gegen diese Kommensalen beeinträchtigen könnte, sehr aufpassen – etwa mit Antibiotika-Behandlungen bei Neugeborenen.

Hunde, Vieh und Darmbakterien schützen vor Asthma

Die Durchsicht der seit Mitte September aufgelaufenen Wissenschafts-Newsletter hat ergeben: ausnahmsweise keine grundstürzenden Neuigkeiten auf dem Gebiet der Immunologie, insbesondere der Autoimmunerkrankungen. Zwei Arbeiten zum Asthma-Risiko haben Aufmerksamkeit erregt, obwohl sie nur bestätigen, was sich schon in den letzten Jahren abgezeichnet hat.

Bereits 2012 hatte ich hier kurz von einer finnischen Untersuchung berichtet, der zufolge Hun­de­hal­tung im länd­li­chen Raum für ein gesün­de­res ers­tes Lebens­jahr von Klein­kin­dern sorgt: weni­ger Ohr­ent­zün­dun­gen und Schnup­fen, weni­ger Anti­bio­ti­ka­be­hand­lun­gen. Wichtig war, dass die Haustiere genug Zeit an der frischen Luft verbrachten, um mit den nötigen Keimen in Berührung zu kommen.

Vermittelt wird die Schutzwirkung vermutlich – zumindest teilweise – über das Enzym A20 in unseren Schleimhäuten, dessen Aktivität durch Endotoxine (Lipopolysaccharide aus Bakterienzellwänden) angeregt wird.

Nun hat ein schwedisches Forscherteam in einer landesweiten Kohortenstudie über 600.000 zwischen 2001 und 2010 in Schweden geborene Kinder auf Zusammenhänge zwischen Asthma und Kontakt zu Hunden oder Vieh untersucht. Dabei zeigte sich: Kinder, die im ersten Lebensjahr Kontakt zu einem Hund hatten, hatten im Kindergarten- und Grundschulalter ein verringertes Asthma-Risiko. Kontakt zu Bauernhoftieren verringerte das Risiko, später an Asthma zu erkranken, noch stärker als Hundekontakt.

Doch nicht nur Bakterien aus der Tierhaltung, sondern auch solche aus unsere eigenen Darmflora können vor Asthma schützen. Kanadische Wissenschaftler haben die Bakterien im Kot von drei Monate alten Kindern analysiert und in den nächsten drei Jahren verfolgt, ob die Kinder Ekzeme oder Atemgeräusche entwickelten, die als erste Anzeichen von Asthma gelten. In der Darmflora von Säuglingen, die später diese Anzeichen zeigten, waren die Bakteriengattungen Faecalibacterium, Lachnospira, Veillonella und Rothia signifikant schwächer vertreten als bei den anderen Säuglingen, und ihr Kot enthielt weniger Acetat als normal – eine der kurzkettigen Fettsäuren (SCFA), von denen hier schon öfter die Rede war: Stoffwechselprodukte, mit denen bestimmte Darmbakterien unser Immunsystem beeinflussen. Diese Dysbiose war transient; später normalisierte sich die Zusammensetzung der Darmflora.

Im Tierversuch ließ sich das Asthma-Risiko durch Animpfen keimfrei geborener Mäuse mit Darmbakterien aus asthmatischen Artgenossen erhöhen, durch Übertragung der vier genannten Bakteriengattungen dagegen verringern. Ob das auch bei Menschen funktioniert, muss sich noch erweisen. Weiter untersucht werden sollte auch, ob neben dem Asthma-Risiko auch das Risiko von Autoimmunerkrankungen durch eine vorübergehende Dysbiose kurz nach der Geburt erhöht wird.

Literatur:

T. Fall et al.: Early Exposure to Dogs and Farm Animals and the Risk of Childhood AsthmaJAMA Pediatr. 2015;169(11):e153219. doi:10.1001/jamapediatrics.2015.3219 (nur Abstract frei);

dazu auch: Hunde senken Asthmarisiko. Früher Kontakt mit Hunden schützt Kinder gegen die Überreaktion des Immunsystems

M.-C. Arrieta et al.: Early infancy microbial and metabolic alterations affect risk of childhood asthmaScience Translational Medicine 30 Sep 2015: Vol. 7, Issue 307, pp. 307ra152, DOI: 10.1126/scitranslmed.aab2271 (nur Abstract frei);

dazu auch: Jef Akst: Gut Bacteria Linked to Asthma Risk. Four types of gut bacteria found in babies’ stool may help researchers predict the future development of asthma und Mit vier Bakterien gegen Asthma. Darmflora bei Säuglingen liefert vielversprechenden Ansatz für eine vorbeugende Therapie

Aus dem Bauch heraus: Mikrobiom beeinflusst Immunzellen im Gehirn

Unser Gehirn ist ein immunologisch privilegiertes Organ, in dem Immunreaktionen besonders strikt reguliert werden, um Kollateralschäden zu vermeiden. Dennoch enthält es Immunzellen, vor allem solche der angeborenen Abwehr – insbesondere Mikroglia.

Zu deren Aufgaben gehört das Pruning: das Wegschneiden überflüssiger Verbindungen (Synapsen) zwischen Nervenzellen, vor allem während der Kindheit und Adoleszenz. Mikroglia sind gewissermaßen die Gärtner des Gehirns, die die Sträucher regelmäßig zurückschneiden, bevor sie zu einem undurchdringlichen, dysfunktionalen Gestrüpp zusammenwuchern. Krankhaft überaktive Mikroglia übertreiben das Stutzen; sie zerstören auch Verbindungen zwischen Neuronen, die für die Gehirnfunktion notwendig sind. Andererseits sind auch erschöpfte, nicht hinreichend aktive Mikroglia schädlich, denn sie kommen mit dem Aufräumen, dem Entsorgen von Krankheitskeimen oder toten oder erkrankten Nervenbestandteilen nicht mehr hinterher. Abnorme Mikroglia werden unter anderem mit Multipler Sklerose, aber auch mit Alzheimer-Demenz und Schizophrenie in Verbindung gebracht.

Offenbar wird ihre Aktivität unter anderem von unserer Darmflora reguliert. Vermittelt wird diese Fernwirkung vermutlich über sogenannte kurzkettige Fettsäuren (short-chained fetty acids = SCFA), also Gärungsprodukte wie Essig-, Propion- und Buttersäure, die die Darmbakterien aus unserer Nahrung gewinnen. Diese durchdringen das Darmepithel und gelangen dann entweder selbst über das Blut ins Gehirn, oder sie regen in unserem Darmgewebe Zellen zur Ausschüttung von Botenstoffen an, die dann ihrerseits über die Adern ins Gehirn kommen.

Im Gehirn von Menschen, die ein hohes Schizophrenie-Risiko haben oder sich bereits in der Frühphase der Erkrankung befinden, ist die Konzentration von Zytokinen erhöht; ihre graue Materie geht zurück, und ihre Mikroglia sind überaktiv: Anzeichen für eine Entzündung. Je stärker ihre Mikroglia aktiviert sind, desto stärker sind die Schizophrenie-Symptome, wenn die Erkrankung schließlich ausbricht. Die zeitliche Abfolge lässt vermuten, dass die Mikroglia-Aktivierung nicht lediglich eine Folge einer bereits eingetretenen Störung im Gehirn ist, sondern diese mit verursacht. Dazu passt auch das Lebensalter, in dem Schizophrenie und weitere psychische Erkrankungen besonders häufig ausbrechen: während oder kurz nach der Adoleszenz – genau dann, wenn die Mikroglia im Frontalkortex viel Pruning betreiben.

Literatur:

D. Erny et al.: Host microbiota constantly control maturation and function of microglia in the CNSNature Neuroscience 18, 965–977 (2015), doi:10.1038/nn.4030 (nur Abstract frei)

Dazu auch Katrin Zöfel: Bakterien für ein gesundes Gehirn (09.10.2015)

P. S. Bloomfield et al.: Microglial Activity in People at Ultra High Risk of Psychosis and in Schizophrenia: An [11C]PBR28 PET Brain Imaging StudyAmerican Journal of Psychiatry, http://dx.doi.org/10.1176/appi.ajp.2015.14101358 (nur Abstract frei)

Dazu auch Mo Costandi: Brain’s immune cells hyperactive in schizophrenia (16.10.2015)

Knut und der ganze Rest: Urlaubsnachlese

Knut hat es postum noch ein vermutlich letztes Mal geschafft, das Sommerloch zu füllen: Während meines Urlaubs ging die Nachricht um, dass der Eisbär an einer Autoimmunerkrankung zugrunde gegangen ist, nämlich an einer Anti-NMDA-Rezeptor-Encephalitis. Hier der entsprechende Forschungsartikel von H. Prüss et al.: Anti-NMDA Receptor Encephalitis in the Polar Bear (Ursus maritimus) Knut.

Weitere Immunsystem-Meldungen und -Fachartikel der letzten Wochen; über einige davon werde ich demnächst noch bloggen:

Mikrobiom

Antibiotics and the Gut Microbiome
Antibiotics given to infant mice may have long-term effects on the animals’ metabolism and gut microbiota.

The Sum of Our Parts
Putting the microbiome front and center in health care, in preventive strategies, and in health-risk assessments could stem the epidemic of noncommunicable diseases.

How Fats Influence the Microbiome
Mice fed a diet high in saturated fat show shifts in their gut microbes and develop obesity-related inflammation.

Skin Microbes Help Clear Infection
In a small study, researchers find a link between an individual’s skin microbiome and the ability to clear a bacterial infection.
Die Studie (Open Access): The Human Skin Microbiome Associates with the Outcome of and Is Influenced by Bacterial Infection

Genetics, Immunity, and the Microbiome
The makeup of an individual’s microbiome correlates with genetic variation in immunity-related pathways, a study shows.
Die Studie (Open Access): Host genetic variation impacts microbiome composition across human body sites

Thymus

Nur 160 Plätze für T-Vorläuferzellen im Thymus frei
Abstract (Rest hinter Paywall): Multicongenic fate mapping quantification of dynamics of thymus colonization.

Lymphgewebe

Rethinking Lymphatic Development
Four studies identify alternative origins for cells of the developing lymphatic system, challenging the long-standing view that they all come from veins.

Brain Drain
The brain contains lymphatic vessels similar to those found elsewhere in the body, a mouse study shows.

Krebs und Autoimmunität

Body, Heal Thyself
Reviving a decades-old hypothesis of autoimmunity
Review (Open Access): Cancer-Induced Autoimmunity in the Rheumatic Diseases

Autoimmun-Uveitis

Bacteria to Blame?
T cells activated in the microbe-dense gut can spark an autoimmune eye disease, a study shows.

Multiple Sklerose

Melatonin for MS?
Improvements in multiple sclerosis symptoms correlate with higher levels of the sleep hormone, a study finds.

Taufliegen: Erhöhung der genetischen Vielfalt zur Pathogenabwehr

Fending Off Infection in Future Generations
Female fruit flies challenged with infection during their lifetimes have offspring with greater genetic diversity.

Plazenta

The Prescient Placenta
The maternal-fetal interface plays important roles in the health of both mother and baby, even after birth.

Asthma

Wie Bauernhöfe vor Asthma schützen
Spezifisches Protein senkt Überreaktionen des Immunsystems ab

Selbstmedikation von Affen bei Peitschenwurm-Infektionen

Sickness behaviour associated with non-lethal infections in wild primates (Abstract)

Gender-Mäuschen und Badomics

Was ein „Genom“ ist, lernen wir in der Schule: die Gesamtheit der Träger der Erbinformationen eines Lebewesens. Wer sich ein wenig für Biologie oder Medizin interessiert, ist auch mit dem „Proteom“ vertraut, also der Gesamtheit aller Proteine, die in einem Lebewesen vorkommen – hergestellt mithilfe der Bauanleitungen im Genom. Beim „Mikrobiom“ fangen die Schwierigkeiten an: Genau genommen ist das die Gesamtheit aller Genome aller Mikroorganismen, die auf und in einem Wirt leben. Doch von den meisten dieser Bakterien, Viren usw. kennen wir ohnehin nichts als ihre Gensequenzen, da wir sie – noch – nicht kultivieren können. Daher nennen wir oftmals auch die Gesamtheit dieser Mikroorganismen selbst, nicht nur ihrer Genome, „Mikrobiom“. Wer pingelig ist, darf dafür gerne „Mikrobiota“ sagen; ich mache mir die Mühe nicht.

Zu jedem -om gehört eine -omik: die Lehre, die sich mit dem -om beschäftigt, mit je eigener Methodik. Irgendwann in den letzten Jahren lief die Sache aus dem Ruder: Es gibt jetzt ein Transkriptom (Gesamtheit der transkribierten mRNA) und eine Transkriptomik, ein Metabolom (Gesamtheit der Stoffwechselprodukte) und eine Metabolomik, ja sogar ein Interaktom (Gesamtheit der molekularen Wechselwirkungen in einem Lebewesen) und eine Interaktomik; das heißt: Es müssen nicht einmal mehr Objekte sein, die da zusammengefasst werden.

Bereits 2012 hatte der Biologe Jonathan Eisen die Nase voll und schrieb ein Paper mit dem schönen Titel „Badomics words and the power and peril of the ome-meme“. 2013 legte er bei Twitter nach:

Er bezog sich auf die Science-Ausgabe vom selben Tag, in der die Harvard-GastroenterologInnen Magdalena B. Flak, Joana F. Neves und Richard S. Blumberg unter dem Titel „Welcome to the Microgenderome“ eine im selben Heft erschienene Forschungsarbeit von Janet G. M. Markle et al. vorstellten und kommentierten: „Sex Differences in the Gut Microbiome Drive Hormone-Dependent Regulation of Autoimmunity“. Eine zweite Arbeit des Markle-Teams trug 2014 den Titel „Microbiome Manipulation Modifies Sex-specific Risks for Autoimmunity“. Eine andere Forschergruppe (Leonid Yurkovetskiy et al.), die am selben Problem arbeitet, veröffentlichte ihre Ergebnisse 2014 unter der Überschrift „Gender Bias in Autoimmunity Is Influenced by Microbiota“. Damit steht es in der Frage „Sex oder Gender?“ zwei zu zwei.

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Die Paleo-Revolution

Heidrun Schaller hat mir vor einigen Wochen ein Exemplar ihres Buchs „Die Paleo-Revolution“ zukommen lassen. Herzlichen Dank dafür – und für die nette Erwähnung in der Danksagung! Höchste Zeit, das Buch kurz vorzustellen.

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Eines vorab: ich ernähre mich nicht nach Paleo oder irgendeinem anderen Prinzip, sondern bin Ottonormal-Omnivore. Aber die sogenannte Steinzeitkost interessiert mich, weil sie sich an unserem genetischen Erbe orientiert und weil offenbar etliche Menschen mit Autoimmunerkrankungen gute Erfahrungen mit dieser Ernährungsweise gemacht haben, die sich vor allem durch den Verzicht auf Zucker, Getreide und Hülsenfrüchte und eine relativ fett- und proteinreiche Kost auszeichnet.

Ungefähr seit Ausbruch meiner Autoimmunerkrankung habe ich immer wieder mal mit Verdauungsproblemen zu kämpfen, die weit über das normale Maß hinausgehen. Ich weiß nicht, ob da ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Zum Glück berappelt sich mein System bisher immer wieder – aber wenn das noch schlimmer wird und meine Gesundheit und mein Sozial- und Berufsleben ernsthaft beeinträchtigen sollte, werde ich mich vielleicht doch einmal an Paleo heranwagen. Mit Heidruns Buch habe ich dann den idealen Einstieg zur Hand.

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Was mich als Naturwissenschaftlerin gleich begeistert hat, ist die sachliche, stets mit Literaturangaben unterfütterte Darstellung – etwa unseres Verdauungssystems, der Ernährung indigener Völker oder des Mikrobioms. Mir ist auch kein anderer „Ernährungsratgeber“ bekannt, in dem gleich zu Anfang der Unterschied zwischen Korrelationen und Kausalzusammenhängen, die Fallstricke von epidemiologischen Studien oder der Publication Bias so verständlich erklärt werden. Überhaupt liest sich das Buch sehr angenehm, sowohl wegen des guten Stils der Autorin als auch wegen des aufgeräumten Layouts.

Die Skepsis der Autorin gegenüber Ernährungsdogmen macht auch vor Paleo selbst nicht halt: Stets ist von einer „Hypothese“ die Rede – allerdings einer besonders plausiblen, eben aufgrund der Orientierung an der Ernährung und Lebensweise unserer Urahnen, denen wir genetisch noch sehr nahe stehen. Im Kapitel „Was unser Körper mit Essen macht und warum er Paleo mag“ wird unter anderem der chemische Aufbau von Fett, Kohlenhydraten und Proteinen sehr anschaulich erläutert, und es wird deutlich, dass eine kohlenhydratarme Ernährung keineswegs zu Mangelerscheinungen oder zur Verfettung führen muss. In der „Anthropologischen Rundumschau“ stellt Heidrun die traditionelle Ernährung verschiedener indigener Völker vor, die je nach den Umweltbedingungen ganz unterschiedlich ausfiel. Entsprechend viele Spielarten kennt auch die Paleo-Ernährung. Außerdem wird deutlich, dass es bei Paleo nicht darum geht, genau „wie in der Steinzeit“ zu leben: Alle Gemüsesorten, die wir heute essen, sind kultiviert, und nahezu alle Fleischlieferanten sind Zuchttiere. Es geht um praktikable Näherungen – wie etwa die Beschränkung auf Fleisch und Butter von Weiderindern anstelle von sojagefütterten Rindern aus der Massentierhaltung.

Im Kapitel „Das Mikrobiom“ erhalten viele Leserinnen und Leser vermutlich zum ersten Mal einen guten Überblick über unsere „Mitbewohner“, ohne die wir unser Essen nicht aufschließen und Krankheitserreger nicht richtig abwehren könnten. Das dicke Kapitel „Paleo trifft auf Entzündung“, in dem unter anderem Autoimmunerkrankungen und Übergewicht behandelt werden, lese ich im Augenblick. Bereits überflogen habe ich das Kapitel „Wie passt Paleo in unsere Zeit?“, in dem sich Heidrun unter anderem mit den Argumenten von Veganern gegen den Verzehr tierischer Produkte auseinander setzt. So verständlich das angesichts der heftigen und dogmatischen Diskussionen in vielen Foren ist: Mich hat das weniger angesprochen als die übrigen Teile des Buches; einige Passagen klingen sehr nach Rechtfertigung. Richtig und wichtig ist aber die Feststellung, dass jede Ernährungsweise, auch die vegane, mit Beeinträchtigungen für andere Lebewesen einhergeht und ethische Probleme aufwerfen kann.

In die ersten drei Viertel des Buches sind Erfahrungsberichte von Menschen eingestreut, die ihre Ernährung aufgrund ernster Gesundheitsprobleme – etwa Zöliakie, Diabetes oder Asthma – auf Paleo umgestellt haben. Das letzte Viertel des Buches nehmen die Kochtipps ein, die kein Paleo-Kochbuch ersetzen wollen, sondern wirklich Basics vermitteln – etwa die Herstellung von Ghee, Joghurt, Leberwurst oder Sauerkraut. Sogar Bezugsquellen sind angegeben. So, und jetzt habe ich Lust, Leberwurst zu machen! Ob ich mich traue? 🙂

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Mikrobiom-News

Lynn_Margulis_650Bevor die Tab-Leiste des Browsers explodiert und meine Bookmarks wegen Nichtbeachtung Harakiri begehen, notiere ich hier in aller Eile ein paar Stichworte zu aktueller (na ja, fast aktueller) Mikrobiom-Literatur.

Und damit die Männerquote bei den Wissenschaftler-Porträts im Buch nicht weiter bei traurigen 100 Prozent liegt, habe ich Lynn Margulis in die Galerie aufgenommen – jene 2011 verstorbene US-amerikanische Biologin, die für symbiotische Organismen (also z. B. Mensch + Mikrobiom) den Begriff „Holobionten“ geprägt hat.

Ruth Williams (2014): Repurposed Retroviruses: Die T-Zell-unabhängige Aktivierung von B-Zellen durch Polysaccharid-Antigene geht bei Mäusen offenbar mit einer Transkription zahlreicher DNA-Sequenzen aus endogenen Retroviren (ERVs) einher, und die dabei entstehende RNA wird zum Teil vom Enzym Reverse Transkriptase in DNA-Stränge rückübersetzt. Das ist vermutlich keine funktionslose oder gar schädliche Nebenwirkung, sondern Teil des B-Zell-Aktivierungsmechanismus.

Kate Yandell (2015): Commensal Defense: Bacteroidetes in unserer Darmflora entgehen der Vernichtung durch antimikrobielle Peptide, mit denen unser Organismus Pathogene im Verdauungstrakt vernichtet, durch ein Enzym, das die Lipopolysaccharide (LPS) in ihrer Membran verändert. Diese im Resistenzgen IpxF codierte Phosphatase knipst negativ geladene Phosphatgruppen von den LPS ab, wodurch die positiv geladenen antimikrobiellen Peptide schlechter an unsere Symbionten binden als an die Pathogene.   Weiterlesen