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Zwischenstand beim Buch

Kurz innehalten und innerlich jubeln: Heute habe ich den ersten Entwurf von „Teil 0“ des Autoimmunbuchs abgeschlossen. Na ja, es fehlen noch etliche Bildlegenden und Zeichnungen, aber der Haupttext, zahlreiche Zeichnungen und einige Infokästen liegen in einer ersten Fassung vor:

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Dieser Teil des Manuskripts enthält bereits gut 400.000 Anschläge; meine ersten Entwürfe sind immer viel zu lang. Ich werde diesen „Teil 0“, der ursprünglich nur eine Einleitung sein sollte, splitten und in Teil I und Teil II umbenennen. Es gibt eine schöne Sollbruchstelle: Der Überblick über das Immunsystem (seine Organe, seine Zellen und seine Moleküle), mit dem ich die letzten Monate zugebracht habe, ist gut 200.000 Anschläge lang – genau wie alle anderen schon geschriebenen Kapitel zusammen.

Für die restlichen drei Teile liegen schon etliche Zeichnungen, Gliederungen und Notizen vor. Da ich im Überblick über das Immunsystem (jetzt Teil II) schon vieles vorweggenommen habe, was ursprünglich für den nächsten (nun dritten) Teil vorgesehen war, hoffe ich, dass ich mit diesem flott vorankomme. In Teil III wird zum einen der normale Ablauf einer Immunreaktion geschildert, vom ersten Alarmzeichen bis zum Herunterfahren des Systems am Schluss, und zum anderen dargestellt, an welchen Stationen bei Autoimmunerkrankungen etwas schiefgehen kann.

Im Idealfall werden das auch wieder etwa 200.000 Anschläge, ebenso wie in Teil IV (individuelle Entwicklung des Immunsystems, von der Wiege – genau genommen der Zeugung – bis  zur Bahre) und Teil V (Evolution des Immunsystems, vom Einzeller bis zur modernen Menschheit). Die Kürzungsorgie kommt ganz am Schluss, wenn die Entwürfe aller fünf Teile vorliegen.

Proximate und ultimate Ursachen

Nikolaas_Tinbergen_02_250Noch eine Skizze fürs Buch. Der niederländische Verhaltensforscher Nikolaas Tinbergen (1907-1988) vertrat den Standpunkt, eine biologische Erklärung müsse vier Fragen beantworten, um vollständig zu sein:

  • Welcher Mechanismus steckt hinter dem Phänomen?
  • Wie entwickelt sich das Phänomen ontogenetisch, also im Lauf eines  Lebens?
  • Welchen Anpassungsvorteil hat es mit sich gebracht?
    • Wie ist es phylogenetisch, also im Lauf der Stammesgeschichte entstanden?

Schwerter zu Pflugscharen

Das Darmepithel, der Schleim mit seinen antibakteriellen Substanzen und die darmnahen Lymphozyten sollen unser Gewebe nicht nur vor Pathogenen (oben rechts) schützen, sondern auch vor Angehörigen der normalen Darmflora, die aus dem Darmlumen (links) ausgebüxt sind und im Gewebe Unheil anrichten (Mitte). Solche Symbionten werden aus dem Verkehr gezogen, ohne einen Großalarm auszulösen: Entzündungshemmende Zytokine und regulatorische T-Zellen (Tregs) begrenzen den Schaden, den eine Entzündung stets für den eigenen Organismus mit sich bringt. Gefährliche Keime lösen dagegen eine Entzündungsreaktion aus, die bei extrazellulären Pathogenen Th2- und Th17-dominiert und bei intrazellulären Pathogenen Th1-dominiert ist.  Weiterlesen

Die ökologische Perspektive: Auch unsere Plagegeister haben Plagegeister

Gestern war kein so produktiver Tag, was das Autoimmunbuch angeht. Abends sind dann doch noch zwei Skizzen fürs Einführungskapitel entstanden.

Nicht genug damit, dass unser Immunsystem ein furchtbar kompliziertes Netzwerk ist – die Wechselwirkungen enden auch nicht an unserer Haut. Vielmehr gehören wir Ökosystemen an, in denen zum Beispiel auch Krankheitserreger untereinander in Wechselwirkung treten. So kann es sein, dass ein Wurm, der sich in uns eingenistet hat, seinerseits von Parasiten befallen ist, in denen sich Bakterien tummeln, in denen Viren leben. Und sie alle haben im Lauf der Evolution Mechanismen hervorgebracht, um einerseits ihre Plagegeister unter Kontrolle zu halten und andererseits die Schutzmaßnahmen ihrer Wirte abzumildern:

Auch auf einer Hierarchiestufe dieser Babuschka-Netzwerke herrscht keineswegs Eintracht. Erreger unterschiedlicher Art (oder auch derselben Art, aber aus unterschiedlichen Stämmen oder in verschiedenen Entwicklungsstadien) machen sich beim Kampf um Ressourcen, also zum Beispiel um Lebensraum auf unserer Haut oder in unserem Verdauungstrakt, gegenseitig Konkurrenz:

Wie wir noch sehen werden, paktieren einige Erreger sogar mit dem Feind (in Gestalt unseres Immunsystems), um lästige Neuankömmlinge auszuschalten, die sich auch noch einen Claim abstecken wollen. Wenn wir im Zuge verbesserter Hygienemaßnahmen, Wurmkuren usw. diese vermeintlichen Gegner ausschalten, die tatsächlich im Lauf der Evolution zu Verbündeten geworden sind, kann unser Immunsystem aus dem Lot geraten und körpereigenes Gewebe angreifen.

Im Leben ist nichts zu fürchten


 

 

 

 

Im Leben ist nichts zu fürchten,
alles ist zu verstehen.

Marie Curie (1867–1934) zugeschrieben

 

Nichts in der Biologie hat einen Sinn außer im Lichte der Evolution … Ohne dieses Licht wird sie zu einem Haufen unzusammen- hängender Fakten, die zum Teil interessant oder merkwürdig sein mögen, aber kein sinnvolles Gesamtbild ergeben.

Theodosius Dobzhansky (1900–1975)

Literaturliste zum Immunsystem der Pflanzen, Teil 8/Schluss: flüchtige organische Verbindungen

Sinn und Anfang der Liste: s. Teil 1.

Atsushi Muroi et al.: The composite effect of transgenic plant volatiles for acquired immunity to herbivory caused by inter-plant communications. PLoS ONE 6/10, 2011, doi: 10.1371/journal.pone.0024594
Limabohne, Mais, transgene Pflanzen, Tabak, Spinnmilben, Raubmilben, Larven, parasitische Wespen, Herbivoren, direkte Abwehr, indirekte Abwehr, Priming, 3er-Kette (Pflanze1 -> Pflanze 2 -> Pflanze 3), Dikotyledonen, Monokotyledonen.

Marcel Dicke, Ian Baldwin: The evolutionary context for herbivore-induced plant volatiles: beyond the ‚cry for help‘. Trends in Plant Science 15/3, 2010, 167-175, doi: 10.1016/j.tplants.2009.12.002
Herbivoren, herbivore-induced plant volatiles = HIPVs, Terpenoide, Fettsäurederivate, Phenylpropanoide, Benzenoide, Raubinsekten, parasitische Nematoden, insektenfressende Vögel, Nachbarpflanzen, Lichtintensität, Düngung, Feuchtigkeit, Raupen, Blattläuse, Käfer, Falter, green leaf volatiles = GLV, Speichel, MAPKs, Salicylsäure-induzierte Proteinkinase = SIPK, wundinduzierte Proteinkinase = WIPK, Transkriptionsfaktoren, WRKY, Phytohormone, natürliche Auslese.

Martin Heil, Richard Karban: Explaining evolution of plant communication by airborne signals. Trends in Ecology & Evolution 25/3, 2010, 137–144, doi: 10.1016/j.tree.2009.09.010
„Talking trees“,VOCs; vier mögliche Funktionen: direkte Abwehr, innerpflanzliche Signale, synergistische Interaktion mit anderen Abwehrmaßnahmen, Warnung von Verwandten; Kommunikation vs. „Belauschen“; Pathogene, Herbivoren, Nachbarpflanzen, Gefäße, sRNAs, Silencing, Verhinderung von Selbstinduktion/runaway processes, Signale, Herbivoren, systemische erworbene Abwehr = SAR, Tabak, Tomaten, Beifuß, Keimungshemmung, Parasiten, Sender, Empfänger, Zweige, Verzweigung, Blätter, Limabohne, Raupen, Kin selection, tritrophische Interaktionen, kleiner Wirkungsradius.

P. Saraí Girón-Calva et al.: Volatile dose and exposure time impact perception in neighboring plants. J Chem Ecol 38, 226-228, 2012, doi: 10.1007/s10886-012-0072-3
Limabohnen, Nonanal, Methylsalicylat (MeSA), Pathogen, Pseudomonas syringae, Konzentrationen, VOC, Expositionsdauer, Akkumulation im Empfänger, Distanz, Ozon, rascher Abbau, direkte antimikrobielle Effekte und/oder gesteigerte Signalwahrnehmung und -weiterleitung, Bakterien, Bacillus cereus, Listaria monocytogenes, Pilz, Colletotrichum lindemuthianum, Birke, Salicylsäure. Nonanal bewirkte bereits nach 6 h eine Resistenz; nach 24 h kaum ein Unterschied. MeSA wirkte nach 6 h umso stärker, je höher die Konzentration; nach 24 h bei allen drei Konzentrationen gleich stark -> Akkumulation.

Literaturliste zum Immunsystem der Pflanzen, Teil 7: Zelltod

Sinn und Anfang der Liste: s. Teil 1.

Andrew P. Hayward, S. P. Dinesh-Kumar: What can plant autophagy do for an innate immune response? Annual Review of Phytopathology 49, 2011, 557-576, doi: 10.1146/annurev-phyto-072910-095333
[nur Abstract gelesen] Autophagie, programmierter Zelltod, PCD, Immunabwehr der Säugetiere.

J.-L. Cacas: Devil inside: does plant programmed cell death involve the endomembrane system? Plant, Cell & Environment 33, 2010, 1453-1574, doi: 10.1111/j.1365-3040.2010.02117.x
[nur Abstract gelesen] endoplasmatisches Reticulum, Golgi-Apparat, Vakuole, programmierter Zelltod, Endomembransystem.

Kirsten Bomblies: What Can Plant Autophagy Do for an Innate Immune Response? Annual Review of Phytopathology 49, 2009, 557-576, doi: 10.1146/annurev-phyto-072910-095333
[nur Abstract gelesen] Hybridnekrose, Inkompatibilität, Autoimmunität, programmierter Zelltod, Abwehr, Artbildung, Evolution.   Weiterlesen

Literaturliste zum Immunsystem der Pflanzen, Teil 6: Autoimmunität

Sinn und Anfang der Liste: s. Teil 1.

Kirsten Bomblies et al.: Autoimmune Response as a Mechanism for a Dobzhansky-Muller-Type Incompatibility Syndrome in Plants. PLoS Biology 5/9, 2007, 1962-1972. doi: 10.1371/journal.pbio.0050236
Nekrose, Hybridnekrose, inner- und zwischenartliche Pflanzenhybriden, Arabidopsis thaliana, Ähnlichkeit mit Autoimmunerkrankungen bei Tieren/Menschen, NB-LRR, Selektionsdruck, Evolution, Epistasis, Heterostasis, Hybridsterilität, Hybridlethalität, Dobzhansky-Muller-Modell, genetische Inkompatibilität, Wirts-Pathogen-Konflikt, oxidativer Stress, Loci: QTM, DM1, DM2, Polymorphismus, permissive Temperatur, Zwergwuchs, Blattanomalien, Läsionen, hypersensitive Reaktion, HR, Oomyzet, Hyaloperonospora parasitica, Autonekrose, Wächterhypothese, ausgleichende Selektion, Wettrüsten.

Kristoffer Palma et al.: Autoimmunity in Arabidopsis acd11 Is Mediated by Epigenetic Regulation of an Immune Receptor. PLoS Pathogens 6/19, 2010, doi: 10.1371/journal.ppat.1001137 Weiterlesen

Literaturliste zum Immunsystem der Pflanzen, Teil 5

Sinn und Anfang der Liste: s. Teil 1.

Robert Fluhr: Sentinels of Disease. Plant Resistance Genes. Plant Physiology 127, 2001, 1367-1374.
[Achtung, ziemlich alt!] Angeborene Immunabwehr, Mustererkennungsgene, erworbene Immunabwehr, Wächter, Resistenz, R-Gene, LRR, CC, TIR, NBD, CARD, Evolution, Amonisäureaustausch, positiove Selektion, Ka/Ks, Tiere, konservierte Sequenzen, N-Gen, gemeinsamer einzelliger Urahn, Prokaryoten, Metazoen, Gymnospermen, Angiospermen, Genkonversion, Clustering, Selektionsdruck, Getreide.

Glen L. Wheeler et al.: Genome Analysis of the Unicellular Green Alga Chlamydomonas reinhardtii Indicates an Ancient Evolutionary Origin for Key Pattern Recognition and Cell-Signaling Protein Families. Genetics 179/1, 2008, 193-197, doi: 10.1534/genetics.107.085936
Evolution, Signale, Adhäsion, Mehrzelligkeit, Metazoen, Algen, SRCR, CTLD, Volvox, angeborenes Immunsystem der Tiere, Opisthokonta (Tiere und Pilze), Choanoflagellaten, Chlorophyten, Landpflanzen, gemeinsamer Vorfahr, PAMPs, Chemotaxis, Chemorezeption, Einzeller, Parasiten, Viren, tyrosinkinasen, TKs, Arabidopsis, Reis, Tyrosinphosphoryliserung, Proteintyrosinphosphatase, PTPs.   Weiterlesen

Literaturliste zum Immunsystem der Pflanzen, Teil 4

Sinn und Anfang der Liste: s. Teil 1.

Saskia A. Hogenhout et al.: Emerging Concepts in Effector Biology of Plant-Associated Organsims. MPMI 22/2, 2009, 115–122, doi: 10.1094/MPMI-22-2-0115
Definitionen und Konzepte; molekulare Mimikry, insbesondere Hormon-Mimikry: Jasmonin/Isoleucin vs. Coronatin, AtPub14 vs. AvrptoB; Effektoren = „Parasitengene, die sich im Wirtskörper und -verhalten phänotypisch niederschlagen“ (Dawkins); gramnegative Bakterien: TTSS = T3SS = Typ-III-Sekretionssystem; Resistenz, R-Gene, R-Proteine; Avirulenz als älteres konzept i.Vgl. zu Effektoren; extended phenotype, PAMPs, Toxine, Abbauenzyme; Biotrophe; Haustorien; Effektoren im Apoplast; ein Effektor – viele Ziele im Wirt; Hemmung der Abwehr über drei Zielprozesse: Protein-Turnover, RNA-Homöostase, Phosphorylierung; Oomyceten; Effektoren können nicht nur das Immunsystem hemmen, sondern auch Pflanzenverhalten und -entwicklung beeinflussen; Pseudomonas syringae, Xanthomonas citri, Gibberella fujikuroi, Cladosporium fulvum: Öffnung der Stomata, Hypertrophie, Nekrose, Geschwulste, übermäßiges „Schießen“; Agrobacterium; Weiterlesen