Archiv der Kategorie: Aus der Fachliteratur

Lymphozyten in Schilddrüsen von Hashimoto- und Basedow-Patienten

Zusammenfassung noch nicht allgemeinverständlich aufbereitet:

Bingbing Zha et al, Distribution of Lymphocyte Subpopulations in Thyroid Glands of Human Autoimmune Thyroid Disease, J. Clin. Lab. Anal. 00:1-6 (2014)

Das Aufkommen der verschiedenen Lymphozyten-Typen in der Schilddrüse von Menschen mit Schilddrüsen-Autoimmunerkrankungen ist bislang schlecht untersucht; meist werden nur Bluttests durchgeführt. Die Autoren haben Gewebe von 18 Morbus-Basedow- und 17 Hashimoto-Thyreoiditis-Patienten sowie 17 Patienten ohne diese beiden Erkankungen untersucht, das bei Schilddrüsen- bzw. Nebenschilddrüsenoperationen entnommen worden war.   Weiterlesen

Verlierer im ewigen Wettlauf: Warum Siglecs verloren gehen

Neulich fragte ein Leser meiner alten Blogartikel zu den Sialinsäuren und Siglecs, warum der Mensch vor 2-3 Millionen Jahren das Primaten-Siglec verloren hat, das die Sialinsäure N-Glycolylneuraminsäure (Neu5Gc) erkennt. Auf der Basis eine neuen Artikels von Vered Padler-Karavani et al. (Rapid evolution of binding specificities and expression patterns of inhibitory CD33-related Siglecs in primates, The FASEB Journal, 05.12.2013) möchte ich das so erklären:

Die grundsätzliche Funktion von Siglecs, nämlich die Erkennung von säugetierzelltypischen Sialinsäuren zwecks Blockade überzogener Immunreaktionen, habe ich im vorigen Beitrag dargestellt. Damit diese Blockade gelingt, muss zum einen die körpereigene Zelle (hier eine Darmschleimhautzelle, links) ihre Sialinsäuren vorzeigen (Peace-Zeichen). Zum anderen muss die Immunzelle (rechts) diese Sialinsäuren erkennen und von anderen Sialinsäuren unterscheiden können, die zum Beispiel zu einem Pathogen gehören. Das Siglec ist also ein Rezeptor, der genau zum Signal passt:

Siglec-Evolution_01_Darmzelle_Immunzelle_650Jedes derartige Erkennungssystem ist von zwei Seiten angreifbar. Zum einen können Pathogene die Sialinsäuren der Körperzellen als Anker verwenden, um an die Zellen anzudocken und dann in sie einzudringen. Ein bekanntes Beispiel sind die Influenza-Viren, die mit den Hämagglutininen auf ihren Hüllen an die Sialinsäure N-Acetylneuraminsäure (Neu5Ac) binden. Aber auch Bakterien können mit dem passenden Rezeptor an die Sialinsäuren von Schleimhautzellen o. ä. andocken:

Siglec-Evolution_02_Darmzelle_Pathogen_650Andere Pathogene bedecken sich mit Sialinsäuren, um an die Siglecs der Immunzellen zu binden, in diese einzudringen und sich in ihnen zu vermehren. Sie fälschen gewissermaßen die Peace-Zeichen, um sich als Säugetierzellen zu tarnen (molekulare Mimikry):

Siglec-Evolution_03_Pathogen_Immunzelle_650Die Pathogene und ihre Wirte können auf diese Weise in ein doppeltes evolutionäres Wettrüsten geraten:

Mit Sialinsäuren überzogene Krankheitserreger zwingen die Säugetier-Immunzellen, ihre Siglecs so zu modifizieren, dass sie nicht mehr auf die gefälschten Friedenszeichen hereinfallen. Die Veränderung der Siglecs zieht dann Modifikationen der molekularen Mimikry der Pathogene nach sich, und so weiter (oberer Teufelskreis im nächsten Bild).

Krankheitserreger mit Siglec-artigen Rezeptoren zwingen die Säugetierzellen dagegen, ihre Sialinsäure-Signatur zu verändern, um nicht mehr infiziert zu werden. Diese Signaturänderung wiederum zwingt die Pathogene, ihre Siglec-artigen Rezeptoren zu modifizieren, um weiter an ihre Wirte andocken zu können (unterer Teufelskreis).

Bei all diesen Änderungen darf aber die Passung zwischen der Säugetier-Sialinsäure und dem entsprechenden Immunzellen-Siglec nicht verloren gehen; auch hier üben beide Seiten aufeinander einen Selektionsdruck aus (mittlerer Teufelskreis).

Siglec-Evolution_04_gesamt_mit_Teufelskreisen_650Manchmal lassen sich all diese Selektionsbedingungen für das Säugetier nicht mehr gleichzeitig erfüllen. Das scheint bei unseren Vorfahren vor zwei bis drei Millionen Jahren mit dem Paar Neu5Gc und Siglec-12 geschehen zu sein: Durch wiederholte Angriffe von mehreren Seiten verloren die beiden Gene ihre Funktion. Menschliche Zellen stellen seither kein Neu5Gc her, bauen es aber in ihre Membranen ein, wenn wir es mit der Nahrung aufnehmen. Und unsere Immunzellen erkennen dieses Neu5GC nicht mehr als harmlos, sondern lösen u. U. Immunreaktionen dagegen aus.

Neue Literatur bis einschließlich Dezember 2013, Teil 4

Der Rest, wieder unkommentiert und noch nicht verschlagwortet:

T cells and Transplantation: Drug-resistant immune cells protect patients from graft-versus-host disease after bone marrow transplant. T3

Bile Compound Prevents Diabetes in Mice: A chemical prevalent in the bear gallbladder abates a cellular stress response and stalls the progression of type 1 diabetes in rodents. T3

Matarese G et al. (2013): Hunger-promoting hypothalamic neurons modulate effector and regulatory T-cell responses (Open Access) T3
Dazu auch Neurons Govern Immunity: Hunger-associated molecules in the hypothalamus suppress inflammation.

Yu X et al. (2013): TH17 Cell Differentiation Is Regulated by the Circadian Clock (Abstract; PDF aber an anderer Stelle erhältlich) T3, T4
Dazu auch Time for T cells: Circadian rhythms control the development of inflammatory T cells, while jet lag sends their production into overdrive.

Scher JU et al. (29139: Expansion of intestinal Prevotella copri correlates with enhanced susceptibility to arthritis (Open Access) T4
Dazu auch Gut Microbes May Impact Autoimmunity: Researchers show that the prevalence of one genus of bacteria correlates with the onset of rheumatoid arthritis.

Zhong W et al. (2013): Immune anticipation of mating in Drosophila: Turandot M promotes immunity against sexually transmitted fungal infections (Open Access) T4
Dazu auch Frisky Fruit Flies: Researchers show that Drosophila females upregulate an immune gene for protection against sexually transmitted infections before copulation.

Simmonds MJ et al. (2013): Skewed X chromosome inactivation and female preponderance in autoimmune thyroid disease: an association study and meta-analysis (Abstract) T4

Alexandraki KI et al. (2013): Are patients with autoimmune thyroid disease and autoimmune gastritis at risk of gastric neuroendocrine neoplasms type 1? (Abstract) T3

Leskela S et al. (2013) Plasmacytoid Dendritic Cells in Patients With Autoimmune Thyroid Disease (Abstract) T3

Ioannou M et al. (2013): In Vivo Ablation of Plasmacytoid Dendritic Cells Inhibits Autoimmunity through Expansion of Myeloid-Derived Suppressor Cells (Open Access) T3

Simmonds MJ et al. (2013): GWAS in autoimmune thyroid disease: redefining our understanding of pathogenesis (Abstract) T3

Rege S, Hodgkinson SJ (2013): Immune dysregulation and autoimmunity in bipolar disorder: Synthesis of the evidence and its clinical application (Abstract) T3?

Neue Literatur bis einschließlich Dezember 2013, Teil 3

Und weiter. Erläuterungen s. Teil 1 und 2.

Castillo-Morales A et al. (2013): Increased brain size in mammals is associated with size variations in gene families with cell signalling, chemotaxis and immune-related functions (Open Access) T5

Sachs JL et al. (2013): Evolutionary origins and diversification of proteobacterial mutualists (Abstract) T5

Castro LF et al. (2013): Recurrent gene loss correlates with the evolution of stomach phenotypes in gnathostome history (Abstract) T5

Liu B et al. (2013): Maternal hematopoietic TNF, via milk chemokines, programs hippocampal development and memory (Abstract) T4
Dazu auch: Breast Milk Programs Memory Skills

Palmer C (2013): Ye Old Parasites – Evidence of early-13th-century intestinal worms found in a medieval castle latrine yields clues about the lives and deaths of crusaders. T5

Kretschmer A (2013): Wirtskörper mit Vollpension. Endoparasiten genießen sichere Unterkunft und unbegrenzte Nahrung T3, T5

Vence T (2013): Gut Flora Boost Cancer Therapies. Germ-free or antibiotic-treated mice fare worse than those with rich gut microbiomes during cancer treatment, two studies show. T4

Raghavan M et al. (2013): Upper Palaeolithic Siberian genome reveals dual ancestry of Native Americans (Abstract) T5
Dazu auch: Europäer als Urahnen der Indianer? Genanalyse eines 24.000 Jahre alten sibirischen Kindes wirft Amerikas Vorgeschichte durcheinander. T5

Kokolus KM et al. (2013): Baseline tumor growth and immune control in laboratory mice are significantly influenced by subthermoneutral housing temperature (Open Access) T3
Dazu auch: Temperature-Dependent Immunity. Scientists show that mice housed at room temperature are less able to fight tumors.

Neue Literatur bis einschließlich Dezember 2013, Teil 2

Weiter geht’s mit der Ausbeute der aufgelaufenen Wissenschafts-Newsletter. T1-T5 sind die Buchteile, für die der Artikel jeweils relevant sein könnte (T1 Einführung, T2 Grundlagen Immunsystem, T3 Ablauf [Auto]Immunrekation, T4 Entwicklung Immunsystem von der Zeugung bis ins Alter, T5 Evolution Immunsystem).

How HIV Destroys Immune Cells T3

Dogs, Dust Microbes, and Allergies T4, T5 (Koevolution Immunsystem – Mikrobiom)

Nishikawa H et al. (2013): Sex differences in the protection of host immune systems by a polyembryonic parasitoid (Abstract) T3, T5

Kallio ER et al. (2013): Maternal antibodies contribute to sex-based difference in hantavirus transmission dynamics (Abstact) T4

Bolte S et al. (2913): Specific immune priming in the invasive ctenophore Mnemiopsis leidyi (Abstract) T5

Rosengaus RB et al. (2013): Immune-priming in ant larvae: social immunity does not undermine individual immunity (Abstract) T3, T5

McFall-Ngai M et al. (2913): Animals in a bacterial world, a new imperative for the life sciences (Open Access) T4, T5 (Mikrobiom)

Zuk M, Borrello ME (2103): Parasites and altruism: converging roads (Open Access) T5

Potlukova, Eliska, et al. (2013): Association between Low Levels of Mannan-Binding Lectin and Markers of Autoimmune Thyroid Disease in Pregnancy (Open Access) T3, T4

Choi YM et al. (2013): Low Levels of Serum Vitamin D3 are Associated with Autoimmune Thyroid Disease in Pre-Menopausal Women (Abstract) T3, T4

Miskinyte M et al. (2013): The Genetic Basis of Escherichia coli Pathoadaptation to Macrophages (Open Access) T3, T5
Dazu auch How Bacteria Evade the Immune System

David LA et al. (2013): Diet rapidly and reproducibly alters the human gut microbiome (Abstract) T4, T5
Dazu auch Gut Bacteria Vary with Diet

Probst AJ et al. (2013): Archaea on Human Skin (Open Access) T4, T5
Dazu auch Neue Mitbewohner auf der menschlichen Haut entdeckt

Ristori G et al. (2103): Effects of Bacille Calmette-Guérin after the first demyelinating event in the CNS (Abstract)  T3
Dazu auch TB Vaccine Protects Against MS

Hsiao EY et al. (2013): Microbiota Modulate Behavioral and Physiological Abnormalities Associated with Neurodevelopmental Disorders (Open Access) T4
Dazu auch Gut Microbes and Autism

Joseph CG et al. (2013): Association of the Autoimmune Disease Scleroderma with an Immunologic Response to Cancer (Abstract) T3
Dazu auch A Cancer Culprit in Autoimmunity

Neuere Literatur bis einschließlich Dezember 2013, Teil 1

Ich war noch mal im Urlaub (Teneriffa – einige Fotos auf meiner Facebook-Seite) und habe jetzt die Durchsicht der beiden ersten Buchteile wieder aufgenommen: fehlende Zeichnungen vermerken, vorhandene Zeichnungen an den passenden Stellen einbauen, Bildunterschriften schreiben usw.

Während der letzten Monate ist aber auch wieder einiges an Fachliteratur aufgelaufen. Ich werde die Arbeiten hier nicht besprechen, sondern nur Stichwörter bzw. Kernaussagen notieren – vor allem als Erinnerungsstütze für mich selbst. Längst nicht alles davon wird im Buch landen. Die Zitationen sind schlampig und die Reihenfolge ist willkürlich – so, wie mir die Artikel beim Durchstöbern der E-Mail-Newsletter usw. gerade entgegenkommen. Zunächst vier Arbeiten aus meinen offenen Browser-Tabs:

Kim,  Seoyoung C., et al. (2013): Dipeptidyl Peptidase-4 Inhibitors In Type 2 Diabetes May Reduce The Risk Of Autoimmune Diseases (Abstract) T3
Dazu auch Medication used to control blood sugar in people with type 2 diabetes may also reduce risk of autoimmune diseases
Transmembranprotein DPP4 ist unter anderem Kostimulator in T-Lymphozyten- und Makrophagen-Zellmembran; Aktivität bei vielen Autoimmunerkrankungen verändert; DPP4-Inhibitoren wie Linagliptin, Saxagliptin und Sitagliptin können offenbar Inzidenzen von Autoimmunerkrankungen wie RA, SLE, CED, Psoriasis oder MS bei Typ-2-Diabetes-Patienten senken.

Elahi, Shokrollah, et al. (2013): Immunosuppressive CD71+ erythroid cells compromise neonatal host defence against infection (Abstract) T4
Dazu auch Der wahre Grund: Warum Neugeborene so leicht an Infektionen erkranken
sowie Newborn Immune Systems Suppressed
Bei Neugeborenen fehlen nicht etwa schlagkräftige Immunzellen, weil diese erst in den folgenden Wochen und Monaten heranreifen, sondern ihre Aktivität wird durch Neugeborenen-spezifische CD71+-Zellen – Vorläufern der roten Blutkörperchen – aktiv unterdrückt, um die Besiedlung des Darms mit einer nützlichen Darmflora zu ermöglichen.

Marichal, Thomas, et al. (2013): A Beneficial Role for Immunoglobulin E in Host Defense against Honeybee Venom (Abstract) T2, T3
Mäuse, denen man so viel Bienengift injiziert, wie 1-2 Stiche liefern, bilden daraufhin IgE, das sie vor der potenziell tödlichen Wirkung einer zweiten Injektion einer erheblich höheren Giftdosis schützt. Diese Resistenz gegen Insektengifte könnte erklären, warum IgE – das heute überwiegend bei Allergien produziert wird – evolutionär konserviert wurde.

De la Herrán-Arita, Alberto K. ,  et al. (2013): CD4+ T Cell Autoimmunity to Hypocretin/Orexin and Cross-Reactivity to a 2009 H1N1 Influenza A Epitope in Narcolepsy (Abstract) T3
Dazu auch Narcolepsy confirmed as autoimmune disease
Studie, die die Hypothese bestätigt, dass Narkolepsie eine Autoimmunerkrankung ist, was die Zunahme von Narkolepsie-Fällen nach den Schweinegrippe-Impfungen mit Pandemrix erklären kann (molekulare Mimikry). Bei Narkolepsie gehen die Neuronen verloren, die das „Wachheitshormon“ Hypocretin herstellen. Bestimmte CD4+-T-Zellen, die Hypcretin angreifen, können nur bei Narkoleptikern nachgewiesen werden.

Low-Level-Lasertherapie bei Hashimoto-Thyreoiditis

Ich bin kein Fan der sogenannten Komplementär- oder Alternativmedizin, der die Low-Level-Lasertherapie (LLLT) bislang offenbar zugerechnet wird. Dennoch bespreche ich hier zwei Arbeiten, die aus der ersten klinischen Studie zur Behandlung von Hashimoto-Thyreoiditis mit LLLT hervorgegangen sind. Es bleibt abzuwarten, ob weitere klinische Studien anderer Forschergruppen – auch bei anderen Indikationen und mit längeren Nachbeobachtungszeiträumen – die Wirksamkeit bestätigen.

Der Bedarf an wirksamen ergänzenden Therapien neben der Gabe von L-Thyroxin und ggf. Selen ist bei Hashimoto-Thyreoiditis jedenfalls groß, denn vielen Patientinnen und Patienten geht es trotz sauber eingestellter Hormongaben nicht gut.

Beide Arbeiten stammen von einer Forschergruppe in São Paulo, Brasilien:

Danilo B. Höfling et al.: Clinical Study: Assessment of the Effects of Low-Level Laser Therapy on the Thyroid Vascularization of Patients with Autoimmune Hypothyroidism by Color Doppler Ultrasound. ISRN Endocrinology (2012), 9 Seiten (Open Access)

Danilo B. Höfling et al.: Low-level laser in the treatment of patients with hypothyroidism induced by chronic autoimmune thyroiditis: a randomized, placebo-controlled clinical trial. Lasers Med Sci (2013) 28:743-753 (Paywall)

Die Autoren nennen die Hashimoto-Thyreoiditis durchgängig „chronic autoimmune thyroiditis“ oder CAT. Gemeint ist, wie Definition und Diagnosekriterien zeigen, dasselbe.

Der mutmaßliche Wirkmechanismus hinter der LLLT: Das Laserlicht soll auf Photoakzeptoren in der Atmungskette der Zellen einwirken, wahrscheinlich auf die Cytochrom-c-Oxidase. Dadurch soll die Produktion von ATP, reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) und Stickstoffmonoxid (NO) angeregt werden und der innerzelluläre Kalziumspiegel steigen. Daraufhin sollen die Zellen mehr Wachstumsfaktoren und Zytokine produzieren, die die Gewebsreparatur fördern. Rotlicht- oder Nahinfrarot-Laser scheinen in vitro die Serumkonzentration proinflammatorischer Zytokine zu senken, darunter TNF-α, IFN-γ, IL-1β, IL-2, Il-6 und IL-8. Zugleich steigern LLL offenbar die Produktion von entzündungshemmenden, regulatorischen Zytokinen.

In der klinischen Studie wurden 43 Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis, die hormonell gut eingestellt waren, randomisiert einer Laserbehandlungsgruppe (23 Personen) und einer Placebogruppe (20 Personen) zugeordnet. Unter den 43 Personen, die den Einschlusskriterien genügten (u. a. TSH, T3 und T4 im Normbereich, kein zusätzlicher M. Basedow, keine andere schwere Erkrankung) und an der Studie teilnehmen konnten, war nur ein Mann. Die Behandlung bestand aus 10 Bestrahlungssitzungen innerhalb von 5 Wochen.   Weiterlesen

Hitliste der mit Hashimoto-Thyreoiditis assoziierten Autoimmunerkrankungen und Allergien

Dagdelen I, Agbaht K, Soykan I & Gullu S: Autoimmune and allergic diseases associated with autoimmune thyroid diseases. Endocrine Abstracts (2012) 29 P1710

(Ich fasse nur das Abstact zusammen, da ich die volle Arbeit – wohl ein Konferenzvortrag – nicht kenne. Weitere Literaturzusammenfassungen zum selben Thema hier, hier, hier und hier.)

Motiv: Etlichen Hashimoto-Thyreoiditis- oder Morbus-Basedow-Patienten geht es trotz gut eingesteller Schilddrüsenhormonwerte nicht gut. Die Autoren wollten herausfinden, ob das an weiteren Autoimmunerkrankungen oder allergischen Erkrankungen liegen kann.

Methode: 274 Hashimoto- und 53 Morbus-Basedow-Patienten in einem Uni-Krankenhaus auf weitere Erkrankungen untersucht.

Ergebnisse: Knapp 24 % der Hashimoto-Patienten und gut 13 % der Basedow-Patienten hatten mindestens eine weitere Autoimmunerkrankung oder Allergie. Am häufigsten waren bei den Hashimoto-Patienten*

  • Erkrankungen des Verdauungstrakts mit gut 10 % (Typ-A-Gastritis, Zöliakie, Autoimmun-Pankreatitis, Colitis ulcerosa, primär-biliäre Zirrhose)
  • Allergien mit knapp 7 % (Asthma, chronische Nesselsucht, Rhinosinusitis)
  • rheumatische Erkrankungen mit gut 4 % (rheumatoide Arthritis, SLE, Sjögren-Syndrom, Morbus Behçet, Morbus Bechterew usw.).

(Die Auflistung geht noch weiter, aber Werte um oder unter 1 % finde ich – solange die Prävalenzen in der Normalbevölkerung nicht dazu genannt werden – nicht gerade aussagekräftig.)

Außerdem wurde bei gut 18 % der Hashimoto-Patienten eine Vitamin-B12-Mangel-Anämie und bei gut 10 % eine kombinierte Vitamin-B12- und Eisenmangel-Anämie festgestellt.

Schlussfolgerung: Die häufigen Zusatzerkrankungen des Verdauungstrakts könnten einige Hashimoto-Symptome durch eine Anämie verstärken.

Mein Eindruck: Da es offenbar keine Kontrollgruppe gab und zumindest im Abstract Angaben zu den Prävalenzen in der Normalbevölkerung fehlen, lässt sich aus den Daten nicht viel schließen. Außerdem hätte ich gern gewusst, ob die Diagnose mindestens einer weiteren Erkrankung mit dem vorab erfragten Befinden korreliert und ob Vitamin-B12- und/oder Eisen-Gaben dieses Befinden verbessern.

* Diese Angabe (Hashimoto) fehlt im Abstract; aus dem Kontext geschlossen, da anschließend die – insgesamt niedrigeren – Zahlen für M. Basedow genannt werden.

Reformierter Immunzellstammbaum, Teil 1

Eigentlich wollte ich nahtlos an die Lektüre und die Schreiberei vor dem Urlaub anschließen und „eben schnell“ den sogenannten hämatopoetischen Stammbaum skizzieren, also die Entwicklungwege der verschiedenen Blutzellen, die alle aus demselben Typ von Stammzellen hervorgehen (HSZ = hämatopoietische Stammzelle) . Doch alle Abbildungsvorlagen in meinen Lehrbüchern und in der Wikipedia erweisen sich als veraltet oder grob unvollständig.

P1150525_hämatopoietischer_Stammbaum_myeloischer_Zweig_650

Nach umfangreichen Recherchen hier schon mal Teil 1 – noch ohne die Lymphozyten und ihre Verwandten, die aus dem mit einem Sternchen gekennzeichneten multilineage progenitor (MLP) hervorgehen.

Relativ neu ist die Erkenntnis, dass die neutrophilen Granulozyten (NG) nicht näher mit den eosinophilen Granulozyten (EoG) und den basophilen Granulozyten (BG) verwandt sind, also nicht auf dem rechten, erythro-myeloiden Ast, sondern auf dem linken, dem lympho-myeloiden Ast des Baums angesiedelt sind.

Interessant auch, dass die basophilen Granulozyten den Mastzellen (MZ) näherstehen als den eosinophilen Granulozyten. Die alte Klassifikation anhand des mikroskopischen Erscheinungsbilds (alle drei Granulozyten enthalten zahlreiche kleine Vesikel oder „Körnchen“, die granula) führt also etwas in die Irre.

Fortsetzung folgt – und dann wird es richtig kompliziert, denn einige der neu entdeckten lymphoiden Zelltypen haben noch nicht einmal eingedeutschte Namen, von klaren Familienverhältnissen ganz zu schweigen!

(v. l. n. r., außer den 4 oben genannten Zelltypen: DZ = dendritische Zellen, Mo = Monozyten, MΦ = Makrophagen, E = Erythrozyten, M = Megakaryozyten; P steht jeweils für Progenitor = Vorläuferzelle)

Entwurmung kann andere Mäuse-Parasiten stärken und die Überlebensrate senken

In den letzten Tagen habe ich zwei Artikel gelesen, in denen aufgrund von Versuchen an wilden Nagetieren mit vermeintlichen Gewissheiten aufgeräumt wird. Hier eine kurze Zusammenfassung der ersten Arbeit von Pedersen und Antonovics, Anthelmintic treatment alters the parasite community in a wild mouse host (2013):

Die Autoren haben in einem Eichenwaldgebiet in Virginia Weißfuß- und Hirschmäuse gefangen und sie randomisiert zwei Gruppen zugeordnet. Die erste Gruppe erhielt eine einmalige Injektion des Anti-Nematoden-Mittels Ivermectin und die zweite stattdessen eine Wasserinjektion. Außer Nematoden hatten die Mäuse auch Kokzidien (parasitische Protisten) und Bandwürmer. Erwartet wurde eine höhere Überlebensrate und damit Wiederfangquote in der Gruppe, die mit Ivermectin behandelt worden war: Dass Wurmbefall den Organismus belastet und die Eliminierung der Würmer die Tiere stärkt, ist schließlich die Grundannahme hinter allen Wurmbehandlungen. Tatsächlich wurden aber von den nicht behandelten Tieren ein etwas höherer Anteil wieder gefangen; unter ihnen hatten offenbar mehr Tiere überlebt.

Unter den wiedergefangenen Ivermectin-behandelten Mäusen war die Nematoden-Prävalenz um 28% zurückgegangen, in der Kontrollgruppe dagegen nur um 8% (signifikanter Unterschied). Bei den Ivermectin-behandelten Mäusen war die Kokzidien- und Bandwürmer-Prävalenz gegenüber dem Erstfang signifikant angestiegen, während sie in der Kontrollgruppe gesunken bzw. gleich geblieben war. Im Unterschied zur Prävalenz wurde die Intensität des Wurmbefalls durch die Behandlung nicht beeinflusst, was darauf hindeutet, dass das Mittel nicht die Vermehrung, sondern die Etablierung der Parasiten im Wirt stört.

Offenbar bilden die unterschiedlichen Darmparasiten der wilden Mäuse ein Ökosystem, in dem die einzelnen Arten miteinander um Raum und Ressourcen konkurrieren und einander womöglich auch durch die Auslösung von Immunreaktionen bekämpfen. Durch die Bekämpfung der Nematoden verbessern sich die Lebensbedingungen für die Kokzidien, die mit Gewichtsabnahme und geringeren Winter-Überlebensraten assoziiert werden. Solche unintendierten Auswirkungen sollten bei Eingriffen stets mit bedacht und überprüft werden.

Für mich in Zusammenhang mit der Hygiene-Hypothese vor allem interessant: ein weiterer Hinweis auf die Beeinflussung des Immunsystems durch Würmer, die anderen Krankheitserregern das Leben schwer machen. So werden die Saumzellen des Dünndarmepithels bei einem Wurmbefall schneller erneuert, wodurch zum Beispiel Kokzidien, die in solchen Zellen leben, Ressourcen entzogen werden.